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Mini-Dame mit Maxi-Schnitt

Mini-Dame mit Maxi-Schnitt

Titel: Mini-Dame mit Maxi-Schnitt
Autoren: Carter Brown
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1
     
    Ich fuhr herum und starrte mit
offenem Mund auf die Vision, die vor mir aufgetaucht war, bis ich schließlich
begriff, daß sie aus Fleisch und Blut war: ein junger Mann, Anfang der Zwanzig,
mit sanft gewelltem dunkelblondem Haar und arglosen blauen Augen, in
scharlachrotem Hemd mit breitem Spitzenjabot, den dazugehörigen
Spitzenmanschetten und hautengen, kanariengelben Hosen. Sein Anblick rief in
mir unwillkürlich Erinnerungen an bestimmte Sonnenuntergänge wach.
    »Mr. Boyd?« Er hatte einen
leichten, etwas unmelodischen Sopran.
    »Stimmt .« Ich nickte. »Mein Name ist Danny Boyd .«
    »Flavian Eldridge.« Er lächelte
mich strahlend an. »Persönlicher Assistent von Mr. Freidel. Ich habe einen
Wagen draußen .«
    »Und ich dachte schon, Sie
wären ganz allein hergeflogen .« Ich betrachtete ihn
erstaunt. »Ich meine, in dieser prachtvollen Paradiesvogelausstattung und so .«
    Er spreizte sich ein bißchen.
»Schick, wie? Soll ich Ihnen was verraten? Dion hat sie selber für mich
entworfen .«
    »Er muß einen ausgesprochenen
Sinn für Humor haben«, meinte ich.
    »Wieso?« Sein Lächeln verriet
nichts. »Hat er irgend etwas Drolliges gesagt, als er Sie anrief ?«
    Wir verließen das
Flughafengebäude und gingen zu dem Wagen hinaus — so ein toller deutscher
Schlitten, ganz in Weiß, mit diesem lustigen Fadenkreuz vorn auf dem Kühler,
welches einem wahrscheinlich die Jagd auf kalifornische Fußgänger erleichtern
soll. Ich stellte meinen Koffer in den Gepäckraum und setzte mich neben
Eldridge. Jetzt, da dieser Alptraum eines Kleiderkünstlers im Wagen verstaut
war, fühlte ich mich schon ein wenig wohler.
    Als wir durch die Innenstadt
fuhren, stellte ich fest, daß sich Santo Bahia nicht viel verändert hatte seit
dem letztenmal , als ich dagewesen war. Es war immer
noch der gleiche, angeberische Badeort mit den typischen Antiquitätenläden —
Antiquitäten, bei deren Anblick Martha Washington bestimmt am liebsten nach
ihres Mannes Axt gegriffen hätte. Etwas später bogen wir von der Küste ab, und
noch fünf Minuten später befanden wir uns auf einem Sandweg, der geradeaus in
einen Wald von Monterey -Pinien zu führen schien.
    »Freidel hat sich also in einer
Baumkrone angesiedelt ?«
    »Nicht direkt, Mr. Boyd.« Die
Vision neben mir lächelte überlegen. »Dion schätzt nur seine Ungestörtheit über
alles. Ohne sie könnte er nicht arbeiten .« Er ließ die
langen Wimpern auf und ab flattern. »Ich komme um vor Neugierde. Warum hat sich
Dion wohl einen bekannten New Yorker Privatdetektiv wie Sie kommen lassen ?«
    »Das ist eine gute Frage«, gab
ich zu. »Mich würde die Antwort auch interessieren .«
    »Oh!« Er verzog gekränkt den
Mund. »Dann ist es wohl ein schrecklich wichtiges Geheimnis, was? Ich dachte,
er hätte Ihnen vielleicht schon etwas gesagt, als er Sie gestern abend anrief .«
    »Nur daß er mich sprechen
wollte. Und sein finanzielles Angebot war hoch genug, um mich das nächste
Flugzeug nehmen zu lassen .«
    »Vielleicht handelt es sich ja
um diese lästigen Störungsversuche, mit denen wir uns in letzter Zeit
rumzuschlagen hatten«, überlegte er. »Ich hab’ ihm schon zigmal gesagt, daß es
eins von unseren drei Hausmannequins sein muß. Drei eifersüchtige Geschöpfe,
und wir wären unseren Ärger sofort los, wenn er sie an die Luft setzen würde .« Sein tiefer Seufzer verriet eine gelinde Verzweiflung. »Manchmal
kann Dion tatsächlich ziemlich halsstarrig sein .«
    Der Wagen durchfuhr eine
scharfe Kurve und hielt nach weiteren hundert Metern vor einem schmiedeeisernen
Tor. Ein uniformierter Wächter trat ans Gitter, begutachtete mich kritisch und
nickte dann dem Fahrer zu.
    »Hallo, wie geht’s ?« flötete Eldridge.
    Der Wächter verzog den Mund.
»Danke, gut«, gab er kurz zurück. »Moment, ich mache das Tor auf .«
    »Eine tolle Figur, dieser
Mann«, sagte Eldridge bewundernd, während er dem sich entfernenden Wächter
nachsah. »Ich weiß nur nicht, warum er so wenig mitteilsam ist. Immer wenn ich
mal anhalte und mich ein bißchen mit ihm unterhalten will, läßt er mich stehen
und geht weg .«
    »Vielleicht hat er das Gefühl,
nicht gegen Ihren Intellekt anzukommen ?«
    »Meinen Sie wirklich ?« Sein Gesicht leuchtete auf. »Auf den Gedanken bin ich
noch gar nicht gekommen. Das nächstemal werde ich mir vorher ein Gesprächsthema
ausdenken, was ihn interessieren könnte .«
    »Wie wär’s denn mit dem Thema
Frauen ?« schlug ich harmlos vor.
    Die kurvenreiche
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