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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt
Autoren: Kai Meyer
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fester. »Da drüben.« Er nickte nach links zu drei Gestalten hinüber, die weitab von allen anderen im Schatten einer Zypresse standen. »Sind die wahnsinnig geworden, hier aufzutauchen?«
    Durch den Steinwald aus Grabkreuzen und Statuen sah Rosa eine kleine Frau, deren kurzes Haar kaum den Kragen ihres hellbraunen Mantels berührte. Auf ihrer Brust blitzte etwas. Rosa erinnerte sich an einen aufklappbaren Anhänger. Sie hatte die Richterin Quattrini nie ohne ihn gesehen.
    Die Frau erwiderte ihren Blick über die Distanz. Ihre beiden Assistenten und Leibwächter, Antonio Festa und Stefania Moranelli, flankierten sie. Unter den offenen Lederjacken der beiden waren die Gurte ihrer Schulterhalfter zu erkennen.
    »Was wollen die hier?« Feine schwarze Härchen wuchsen aus Alessandros Kragen am Hals hinauf.
    »Sie beobachten nur.« Rosa hoffte, dass sie sich nicht irrte. Als sie Alessandro in die Pathologie begleitet hatte, um Fundlings Leichnam zu identifizieren, war es zu einem heftigen Streit zwischen ihm und der Richterin gekommen. Sie wisse doch genau, wie Fundling gestorben sei, hatte er Quattrini angefahren. Welchen Sinn habe es da gehabt, den Toten zu obduzieren? »Ihn zu zerfleddern wie ein gekochtes Huhn«, hatte er gesagt.
    Unter dem Rand des Lakens, mit dem die Rechtsmediziner Fundling bedeckt hatten, war das obere Ende der Wunde zu sehen gewesen. Sie hatten seinen Brustkorb geöffnet und wieder zugenäht. Dabei lag doch auf der Hand, wie er gestorben war. Fundling hatte sich aus der Klinik geschleppt – wie ihm das nach fünfmonatigem Koma gelungen war, wusste niemand so genau – und war in die Felsspalte gestürzt. Dort hatten ihn ausgerechnet Polizisten gefunden.
    Rosa hatte eine Weile dabei zugehört, wie Alessandro und die Richterin sich über den Toten hinweg angeschrien hatten, dann war sie wortlos gegangen. Er hatte sie auf dem Parkplatz eingeholt und war so in Rage gewesen, dass die Streiterei dort draußen weitergegangen war, ohne Quattrini. Rosa und er brüllten einander nicht an, das taten sie nie. Aber beide kannten den Tonfall des anderen gut genug, um zu wissen, wann aus einer Meinungsverschiedenheit ein ernstes Problem zu werden drohte.
    Mittlerweile war die Auseinandersetzung vergessen. Aber dass Quattrini und ihre Assistenten ausgerechnet während Fundlings Trauerfeier auftauchten, schien er nicht hinnehmen zu wollen.
    Als er sich anschickte, zu der Richterin hinüberzugehen, hielt Rosa ihn zurück. »Tu das nicht.«
    »Ich bin der capo der Carnevares. Meine Leute erwarten von mir, dass ich mir das nicht bietenlasse.«
    »Wenn du sie beeindrucken willst, setz von mir aus einen größeren Hut auf als sie. Aber lass dich nicht auf so einen Blödsinn ein.«
    Iole baute sich vor den beiden auf. »Hört auf zu streiten, oder ich tue so, als ob ich in Ohnmacht falle. Vielleicht schreie ich auch ein bisschen.« Dunkle Bahnen aus verlaufener Wimperntusche trockneten auf ihren Wangen.
    Rosa nahm sie in den Arm.
    Alessandro wuschelte Iole mit einem leisen Seufzen durchs Haar, gab Rosa einen Kuss in den Nacken und ergriff wieder ihre Hand. »Machen wir, dass wir hier wegkommen.« Das Pantherfell zog sich wieder unter seine Kleidung zurück.
    Wenig später erreichten sie das Friedhofstor. Mehrere Fahrzeuge parkten auf dem kleinen Vorplatz. Eine staubige Piste führte in Serpentinen den Hügel hinab. Aus dem Tal stieg der zarte Geruch von Lavendel auf.
    Ein wenig abseits stand der Helikopter der Alcantaras; mit ihm war Iole von der Isola Luna eingeflogen worden. Auf dem öden Vulkaneiland im Tyrrhenischen Meer wohnte sie jetzt gemeinsam mit Rosa, ihrer Lehrerin Raffaela Falchi und der Juristin des Clans, Cristina di Santis. Die junge Anwältin hatte mit Elan die Arbeit des ermordeten Avvocato Trevini übernommen. Nach der Zerstörung des Palazzo Alcantara hätte Rosa aus dem gewaltigen Immobilienbesitz ihrer Familie alle möglichen Luxusvillen auswählen können, aber sie mochte die Insel. Außerdem war sie ein Geschenk von Alessandro. Er verbrachte dort viel Zeit mit ihr, sie sahen sich jetzt öfter als zuvor.
    Rosa fasste Iole sanft an den Schultern. »Kommst du klar?«
    Das Mädchen nickte. »Ich werde gar nicht mehr aufhören Sarcasmo zu knuddeln.«
    Rosa gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Morgen bin ich wieder bei euch.«
    Iole nickte, dann ging sie zum Hubschrauber hinüber. Der Pilot legte seine Zeitung beiseite und ließ den Motor an. Mit einem Winken verabschiedete er sich von Rosa.
    Hand
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