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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt
Autoren: Kai Meyer
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seinem Hinterkopf, grub sich in sein Haar. Sie spürte die Schlangenkälte in sich aufsteigen und bekam sie unter Kontrolle. Mittlerweile hatte sie die Metamorphosen gut im Griff. Keine ungewollten Verwandlungen mehr. Meistens jedenfalls.
    Schließlich legte er wieder beide Hände ans Steuer und trat aufs Gas. Gleitend und nahezu lautlos setzte sich der Wagen in Bewegung.
    Sie drückte einen Knopf an der Musikanlage. Das Lied begann von neuem. Adler kreisten um die Gipfel der Monti Nebrodi, auf der Jagd nach Futter für ihre Brut.
    On a bed of spider web
    I think of how to change myself .
    Der Porsche Cayenne bog um eine weitere Kurve. Rosa schloss die Augen.

    »Da drüben«, sagte Alessandro. »Das ist es.«
    Beim Anblick dieser sattgrünen Berge vergaß sie beinahe die ockerfarbene Ödnis der Carnevare-Ländereien. Es war, als wollte Sizilien an diesem Ort beweisen, dass es so fruchtbar und üppig sein konnte wie jede andere Gegend Europas.
    San Leo schmiegte sich an die zerklüfteten Felsen eines beeindruckenden Bergmassivs. Die Rückseiten der äußeren Häuser gingen in eine Steilwand über und verliehen der Ortschaft die Anmutung einer mittelalterlichen Burg.
    Von einem gepflasterten Platz mit Steinbrunnen lenkte Alessandro den Cayenne in eine Gasse zwischen hohen Hauswänden. Kaum ein Mensch war zu sehen. An einigen Türen wehten Vorhänge aus bunten Plastikschnüren im Luftzug des vorüberfahrenden Wagens. Selbst die Holzbank vor der einzigen Bar des Ortes war leer; eigentlich hätten hier die alten Männer des Dorfes versammelt sein müssen.
    Sie durchquerten das schattige Häusergewirr und verließen San Leo wieder. Nach ein paar Hundert Metern entdeckten sie die Kirche, die sich abseits der Ortschaft zwischen schroffen Felsen erhob. Die Zufahrt war gut ausgebaut. Dahinter gab es eine zweite, breitere Straße, die den nächsten Berghang hinabführte.
    Auf dem Vorplatz war eine Tafel befestigt mit Informationen zur Heilwasserquelle, der die Kirche ihren Standort verdankte. Hinter dem Gotteshaus erhob sich eine Art Lagerhalle mit Rolltor.
    Vor der Kirche parkte ein schwarzer BMW mit getönten Scheiben, eines der Dienstfahrzeuge der Richterin. Stefania Moranelli lehnte mit verschränkten Armen an der Karosserie und blickte ihnen entgegen. Sie war eine schmale junge Frau, sicher noch keine dreißig. Das lange schwarze Haar hatte sie an manchen Tagen zum Pferdeschwanz gebunden, heute aber floss es offen über ihre abgewetzte Lederjacke. Sie war auf herbe Weise attraktiv, mit ausgeprägten Wangenknochen und drahtigem Körperbau.
    Die Richterin selbst und ihr zweiter Begleiter waren nirgends zu sehen.
    »Deine Freundin hält sich jedenfalls an kein Tempolimit«, maulte Alessandro, als fühle er sich in seiner Ehre gekränkt, weil Quattrinis Leute ihn abgehängt hatten.
    »Wenn sie sich auf Gesetze beruft, passt es dir nicht«, entgegnete Rosa lächelnd, »aber wenn sie sie bricht, ist es dir auch nicht recht.« Sie streichelte seine Hand und stieg aus. Er folgte ihr, schien es aber kurz darauf zu bereuen, als Stefania Moranelli ihre Waffe zog.
    »Die Hände auf das Wagendach«, forderte sie.
    »Na, toll«, sagte er, folgte aber der Aufforderung und verbrannte sich prompt die Handflächen an dem sonnenerhitzten Metall.
    Rosa war ziemlich sicher, dass der Befehl nicht ihr galt, aber damit Alessandro sich nicht noch schlechter fühlte, streckte auch sie die Arme nach vorn und hielt die Hände über das Dach des Wagens. Die Leibwächterin klopfte Alessandro ab, bemerkte dann den Blick, den Rosa ihr zuwarf, und verstand. Sie kam herüber und unterzog auch Rosa einer flüchtigen Durchsuchung.
    »Okay«, sagte sie schließlich.
    »Danke«, flüsterte Rosa ihr mit halb abgewandtem Kopf zu, so dass Alessandro nicht sehen konnte, wie sich ihre Lippen bewegten.
    Über Stefanias Gesicht huschte ein Lächeln. Sie deutete über den Vorplatz. »Die Richterin erwartet euch an der Quelle hinter der Kirche.«
    Alessandro blickte düster zu den Gebäuden hinüber. »Warum ausgerechnet hier?«
    »Sie kommt her, um zu beten. Einmal die Woche.«
    »Um zu –« Er brach mit einem Kopfschütteln ab. Als er Rosa ansah, zuckte sie die Achseln. Sie hatte nicht gewusst, dass Quattrini so gläubig war. Ging sie ja auch nichts an, fand sie.
    Stefania blieb bei den Fahrzeugen, während Rosa und Alessandro den stillen Vorplatz überquerten. Von den Felsen hinter der Kirche stieg mit einem empörten Kreischen ein Adler auf. Die Bergwinde
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