Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
in Hand sahen Alessandro und sie zu, wie der Helikopter abhob und zu einem Punkt am wolkenlosen Himmel wurde. Aus dem Friedhofstor traten weitere Trauergäste. Die Richterin war noch nicht zu sehen. War sie mit ihren Assistenten durch einen Seitenausgang verschwunden?
    »Ich hab Fundlings Zimmer durchsucht«, sagte Alessandro unvermittelt.
    Während der Monate, die Fundling im Koma verbracht hatte, hatte Alessandro seine Sachen nicht angerührt. Fundlings Zimmer im Castello Carnevare war bis zuletzt verschlossen geblieben.
    »Da war allerhand komisches Zeug. Ich hab’s dabei, in einem Karton im Kofferraum.« Sie hatten geplant, gleich nach der Beerdigung für einen Tag von der Bildfläche zu verschwinden, fort von allen Clans und Geschäften; vielleicht in ein Strandhotel im Südosten, auf einen gemeinsamen Tauchgang, ein Abendessen im Sonnenuntergang mit Meerblick und der vagen Ahnung von Afrika im Süden.
    Langsam schlenderten sie hinüber zu ihren Wagen. Rosas anthrazitfarbener Maybach glänzte vor dem staubigen Hügelpanorama – den Maserati ihres Vaters rührte sie nicht mehr an, obwohl er wie alle Fahrzeuge der Alcantaras den Brand des Palazzo überstanden hatte.
    Die Scheiben waren herabgelassen, weil niemand dumm genug war, das Auto eines Clanoberhaupts zu stehlen. Und falls jemand ihr mit Hilfe einer Autobombe einen vorzeitigen Abgang verschaffen wollte, würden ihn davon auch keine geschlossenen Fenster abhalten.
    Ihr Blick fiel auf den Fahrersitz. Ein zerknüllter Zettel lag auf dem schwarzen Leder.
    »Ist der von ihr?« Alessandros scharfes Ausatmen klang wie Raubtierfauchen.
    Rosa nahm das Stück Papier aus dem Auto, schloss die Faust darum und ging hinter den Wagen, nutzte ihn als Sichtschutz vor den Menschen auf dem Vorplatz. Die meisten schienen es eilig zu haben, von hier zu verschwinden.
    Sie glättete das Papier und überflog die wenigen Worte.
    »Was will sie?«, fragte er, während sie den Zettel einsteckte.
    »Sich mit uns treffen.«
    »Kommt nicht in Frage.«
    Sie schob herausfordernd das Kinn nach vorn. »Ist das ein Verbot?«
    »Nur gesunder Menschenverstand.«
    »Wenn sie persönlich hier auftaucht, muss es wichtig sein.« Er wollte ihr ins Wort fallen, aber sie legte einen Finger an seine Lippen. »Sie weiß etwas.«
    »Deshalb ist sie Richterin. Sie weiß eine Menge über die Cosa Nostra.«
    »Das meine ich nicht. Auf dem Zettel steht der Name eines Ortes und dass sie uns sprechen will. Und Arkadien . Mit einem Fragezeichen.«
    Er starrte finster an ihr vorbei zum Friedhof.
    »Sie hat das nicht von mir«, sagte Rosa.
    »Das weiß ich.«
    »Oder –« Sie verstummte und biss sich auf die Unterlippe.
    »Was?«
    »Der Hungrige Mann. Als ich bei ihm war, im Gefängnis … Es hieß, er wird nicht überwacht, auf Befehl von ganz oben. Aber vielleicht hat sie sich über die Anweisungen hinweggesetzt. Kann sein, dass sie mit angehört hat, worüber wir gesprochen haben.«
    Alessandro rieb sich den Nasenrücken. Noch bevor er etwas erwidern konnte, fasste sie einen Entschluss:
    »Ich rede mit ihr.«
    »Nicht schon wieder.«
    »Und du auch.«
    Er schnaubte verächtlich.
    »Sie weiß Bescheid«, flüsterte sie heftig. »Über uns, über die Dynastien. Willst du denn nicht hören, was sie zu sagen hat?«
    Er ballte die Faust und schlug damit kurz und heftig auf das Wagendach. Leise stieß er eine eindrucksvolle Reihe von Flüchen aus.
    »San Leo«, sagte sie. »Ist das ein Dorf? Sie will uns an der Kirche treffen.«
    »Es gibt ein San Leo oben in den Monti Nebrodi. Das ist zwei Stunden von hier. Anderthalb, wenn wir uns beeilen.«
    »Wer fährt?«
    »Wer fährt schneller ?«
    Sie gab ihm einen Kuss, beugte sich noch einmal in den Wagen, zog ihren iPod aus der Halterung und schlängelte sich zurück ins Freie.
    »Dein Wagen«, sagte sie. »Aber meine Musik.«

Die Halle der Heiligen
    S ie hatten das Städtchen Cesarò lange hinter sich gelassen und folgten der kurvigen Straße höher hinauf in die Nebrodi-Berge, als Rosa sich wieder an Fundlings Sachen im Kofferraum erinnerte.
    Keep The Streets Empty For Me von Fever Ray wummerte durch das Innere des schwarzen Porsche Cayenne. Die Bässe hätten gar nicht so tief sein müssen, um das sanfte Motorsurren zu übertönen.
    I’m laying down, eating snow
    My fur is hot, my tongue is cold.
    Rosa regulierte die Lautstärke. »Was genau ist in dem Karton?«
    Alessandro sah in den Rückspiegel, länger, als auf dieser einsamen Gebirgsstraße nötig gewesen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher