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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt
Autoren: Kai Meyer
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wäre. Keiner war hinter ihnen.
    »In all den Jahren hab ich Fundling nicht öfter als ein- oder zweimal mit einem Buch in der Hand gesehen«, sagte er. »Ich dachte immer, er liest nicht gern. Er hat viel an Autos rumgeschraubt, Dinge repariert … praktische Sachen eben. Ich hab geglaubt, jemand wie er interessiert sich nicht für Bücher.«
    »Und jetzt hast du eine Bibliothek in seinem Zimmer gefunden?«
    Er schüttelte den Kopf. »Da war eine Handvoll Bücher, aber das ist es nicht. Fundling hat Stapel von Katalogen gesammelt. Buchkataloge. Verzeichnisse von Antiquariaten in ganz Italien. Nicht diese Hochglanzprospekte von irgendwelchen Versandhändlern, sondern fotokopierte Preislisten, sogar ein paar handgeschriebene. Er muss Dutzende kleiner Geschäfte angeschrieben haben, damit sie ihm ihre Inventarlisten schicken.«
    »Also hat er irgendwas gesucht. Ein ganz bestimmtes Buch. Oder mehrere.«
    »Sieht so aus.«
    »Weißt du, welches?«
    »Keine Ahnung. Ich hab das meiste von seinem Kram zusammengepackt und mitgebracht. Ich dachte, wir könnten die Sachen in Ruhe zusammen durchgehen. Beim Durchblättern hab ich gesehen, dass er zig Titel angekreuzt hat, manche mehrfach eingekringelt. Vielleicht steckt irgendein System dahinter und wir finden raus, um welche Bücher es ihm besonders ging.«
    »Keine Autobildbände oder so ’n Zeug?«
    »Überhaupt nicht. Die paar Bücher, die rumlagen, hab ich mit eingepackt. Das sind Sachbücher über antike Katastrophen, der Untergang von Pompeji, das Ende von Sodom und Gomorrha.«
    Ihre Blicke kreuzten sich, bevor er in der nächsten Haarnadelkurve wieder nach vorn schauen musste. »Atlantis?«, fragte sie.
    Er zuckte die Achseln. »Ja, auch.«
    »Du hast mir mal erzählt, dass Atlantis ein anderer Name für Arkadien war.«
    »Ich hab gesagt, dass manche Leute das glauben . Beweise gibt es dafür nicht. Atlantis kann alles Mögliche gewesen sein. Keiner weiß wirklich was darüber. Und selbst wenn Arkadien und Atlantis ein und derselbe Ort waren, welche Rolle würde das heute noch spielen? Und warum sollte sich ausgerechnet jemand wie Fundling dafür interessieren? Er war nicht mal Arkadier.«
    Sie war Fundling nur wenige Male begegnet. Sonderbar war er gewesen und sie hätte nicht zu sagen vermocht, warum sie ihn trotzdem anziehend fand. Er hatte nicht schlecht ausgesehen, auf eine dunkle, fast ein wenig orientalische Art; aber das war auf Sizilien mit seinen vielen nordafrikanischen Einwanderern nicht ungewöhnlich. Die Ursache für Fundlings besondere Ausstrahlung war es ganz sicher nicht gewesen.
    Die Straße verlief entlang steiler Hänge, an deren Felsen sich Kastanienbäume und knorrige Steineichen klammerten. In den Tälern unter ihnen wuchsen Wälder aus Ahorn und Buchen. Immer wieder bogen trazzere , staubige Viehwege, von der befestigten Landstraße ab und verschwanden in Schluchten oder führten in Serpentinen zu abgelegenen Gehöften. Keine schöne Vorstellung, dort nach einem Unfall um Hilfe bitten zu müssen. Zu viele schlechte Filme.
    »Du brauchst nicht so schnell zu fahren«, sagte sie, als er wieder einmal eine der engen Kurven schnitt. »Wir können sie ruhig warten lassen, falls sie vor uns dort sind.«
    »Ich will das hinter mich bringen. Und dann nie wieder etwas mit Quattrini zu tun haben. Wenn eine der anderen Familien erfährt, dass wir uns mit ihr getroffen haben, sind wir tot.«
    Natürlich, die omertà . Das Gesetz des Schweigens. Rosa konzentrierte sich auf einen willkürlichen Punkt in der Gebirgslandschaft. »Was soll’s. Sie wären nicht die Ersten, die es darauf anlegen.«
    Er verlangsamte das Tempo auf einer kurzen Geraden. Rechts von ihnen fiel der Hang steil ab. Eine Leitplanke gab es nicht, nur kniehohe Steinblöcke im Abstand von einigen Metern. Weiter unten entdeckte Rosa eine illegale Müllkippe, eine von Tausenden auf ganz Sizilien. Wahrscheinlich entsorgten dort die Bergbauern ihre Abfälle, wenn wieder einmal keine Müllabfuhr in dieser Einöde auftauchte.
    Alessandro brachte den Wagen zum Stehen und wandte sich zu ihr. »Wir bringen das hier gemeinsam zu Ende, okay? Quattrini kann mir gestohlen bleiben, aber wenn du glaubst, dass du mit ihr sprechen musst, dann bin ich bei dir.«
    Sie lächelte. »Um mich davon abzuhalten, Dummheiten zu begehen?«
    »Wenn du etwas tust, das andere für dumm halten, dann hast du wahrscheinlich einen guten Grund dafür.« Er beugte sich zu ihr herüber und küsste sie. Ihre Hand wanderte zu
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