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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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abermals vor ihr zurück. Aber wie weit noch? »Dann lassen Sie wenigstens Faye gehen«, bat sie. »Sie hat Jacob bis vor einer Stunde noch nicht einmal gekannt!«
    »Ich fürchte, dass das nicht in meine Pläne passt«, antwortete Mrs Walsh. »Aber keine Angst – ich werde es leicht für sie machen.«
    Bast fragte sich, wie lange Mrs Walsh die schwere Waffe noch so ruhig würde halten können. Der Revolver wog mindestens zwei Pfund, aber er blieb unerbittlich weiter auf ihre Stirn gerichtet. »Sterben ist niemals leicht, Gloria.«
    »Wie gesagt – ich werde es ihr leichtmachen, und Ihnen auch, mein Kind; auch wenn Sie es gewiss nicht verdient haben. Keine Sorge, ich kenne mich aus.« Sie ließ erneut ein böses, fast schon irre klingendes Kichern hören und wich um eine weitere, winzige Strecke vor Bast zurück. »Habe ich Ihnen erzählt, dass mein seliger Mann Metzger war?« Sie nickte heftig. »Oh ja, er war ein talentierter Fleischer, aber er hatte auch ein gutes Herz. Nie wollte er den armen Kreaturen, die er töten musste, unnötigen Schmerz zufügen.« Sie wandte sich direkt an Faye, ohne Bast dabei auch nur einen Sekundenbruchteil aus den Augen zu lassen. »Keine Angst, mein Kind. Ich habe gut aufgepasst. Du wirst kaum etwas spüren, das verspreche ich dir, und …«
    Maistowes Hand schoss vor und klammerte sich um ihr Fußgelenk. Er blutete noch immer heftig aus der Platzwunde am Kopf, sein Gesicht war eine einzige, nasse rote Maske, und er war benommen und kraftlos, aber der Ausdruck in seinen Augen machte Bast auch klar, dass er jedes Wort verstanden hatte.
    Sie sprang. Gloria Walsh schrie vor Zorn und Schrecken auf und warf sich zurück, um seinem Griff zu entkommen, aber Jacob hielt sie unerbittlich fest. Das Rasiermesser schrammte an Fayes Hals entlang und hinterließ einen langen, bis auf den Knochen reichenden Schnitt an ihrem Kinn, und Bast packte Glorias Hand und bog sie mit einem so harten Ruck zurück, dass die Knochen ihres Handgelenkes wie Glas zersplitterten. Gloria kreischte, ließ das Rasiermesser fallen und riss sich mit der unwiderstehlichen Kraft einer Wahnsinnigen los, und Bast zerrte Faye hastig von ihr weg und prallte zurück, als Gloria den Revolver auf sie richtete und abdrückte.
    Die Kugel verfehlte sie weit und fuhr harmlos in die Decke, nahezu auf halber Länge des Ganges hinter ihr, aber der enorme Rückstoß der Waffe riss Glorias Arm nach oben und brachte sie endgültig aus dem Gleichgewicht. Sie taumelte zurück, wedelte mit beiden Armen, um ihre Balance zurück zu gewinnen und prallte gegen den toten Drachen.
    Aber der Drache war nicht tot.
    Was immer noch an Leben in ihm war, es reichte, um ihn sich aufbäumen und seine gewaltigen Kiefer um Glorias Oberschenkel zuschnappen zu lassen. Glorias gellender Schrei ging im Grollen der Bestie und dem Geräusch von brechenden Knochen und zerreißendem Fleisch unter.
    So mühelos, als wöge sie rein gar nichts, schleuderte der Drache Gloria in die Höhe, warf sich herum und schüttelte sein schreiendes Opfer wie ein Terrier, der eine Ratte gefangen hatte, bevor sich seine mächtigen Kiefer endgültig schlossen und ihr beinloser Torso zu Boden fiel, schrecklich verstümmelt, aber immer noch am Leben, immer noch schreiend.
    So lange, bis der Drache zum zweiten Mal zuschnappte.
    Bast ließ das Entsetzen, mit dem der furchtbare Anblick sie erfüllen wollte, nicht an sich heran, sondern bückte sich hastig nach der Waffe, die Gloria fallen gelassen hatte, nahm sie an sich und eilte erst dann zu Abberline, um neben ihm auf die Knie zu fallen. Sie erwartete, Abberline tot oder sterbend vorzufinden, aber er lebte, und sie erkannte sofort, dass er ein geradezu unwahrscheinliches Glück gehabt hatte. Sein Bein war gebrochen, und die Kugel hatte sein Herz weit verfehlt und ein hässliches Loch in seine Schulter gestanzt, aber nichts davon würde ihn umbringen.
    Bast wedelte mit der leer geschossenen Waffe. »Haben Sie Munition für das Ding dabei?«
    »In meiner … rechten Tasche«, antwortete Abberline mit zusammengebissenen Zähnen.
    Bast griff in seine Rocktasche, fand eine Handvoll Patronen und verschwendete etliche wertvolle Sekunden damit, die simple Mechanik zu ergründen, mit der sie die Trommel des Revolvers herausklappen konnte, und noch einmal so viel Zeit, um die leeren Patronenhülsen heraus- und neue Munition hineinzunesteln. Erst danach fuhr sie in der Hocke herum und legte auf das Ungeheuer an.
    Aber sie schoss nicht.
    Der
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