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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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diese Frauen umgebracht?«, fragte Bast noch einmal. Im Grunde sprach sie nur, um Mrs Walsh abzulenken, oder wenigstens irgendwie beschäftigt zu halten. Hinter ihrem zu einer ungläubigen Miene verzogenen Gesicht überschlugen sich ihre Gedanken. Wenn sie richtig gezählt und Abberline nicht nachgeladen hatte, war in Mrs Walshs Waffe nur noch ein einziger Schuss – aber sie stand kaum zwei Schritte vor ihr, eine Distanz, aus der sie sie praktisch gar nicht verfehlten konnte … und da war immer noch Faye.
    Bast bewegte sich unendlich behutsam ein winziges Stückchen auf sie zu, ohne die Füße zu heben, oder auch nur, dass sich eine Falte ihres Gewandes bewegt hätte – und hielt sofort wieder inne, als Mrs Walsh eine winzige, drohende Geste mit der Waffe machte, und Faye zugleich einen zweiten, blutenden Schnitt an der Kehle zufügte. Das Mädchen wimmerte vor Angst.
    »Versuchen Sie keinen Ihrer teuflischen Tricks!«, warnte Mrs Walsh. »Ich weiß, wozu Sie imstande sind, vergessen Sie das nicht!«
    Bast konnte den Geist nahezu jedes normalen Menschen blenden und ihn Dinge sehen lasen, die nicht da waren, oder auch solche, die da waren, nicht mehr sehen lassen. Aber Gloria war nicht normal. Das unselige Flackern in ihren Augen, das sie für Angst gehalten hatte, war die schwarze Flamme des Wahnsinns. Sie hätte es trotzdem versuchen können: in die Schatten zurückweichen oder sich vor Glorias Augen in die Teufelsgestalt verwandeln, für die sie sie anscheinend ohnehin zu halten schien. Aber ganz gleich, was sie auch tat, ebenso gut konnte sie Faye auch gleich selbst die Kehle durchschneiden.
    »Ich werde keine Tricks versuchen«, sagte sie ruhig. »Aber lassen Sie Faye gehen. Das ist eine Sache zwischen uns. Sie hat nichts damit zu tun.«
    Mrs Walsh lachte böse. »Für wie dumm halten Sie mich?«, fragte sie. »Sie wollen mich ablenken, damit sie fliehen kann, um ihr schmutziges Tun in aller Ruhe fortzusetzen? Nein: Sie wird das bekommen, was sie verdient, und ihre Seele wird für alle Ewigkeiten in den Feuern der Hölle brennen!«
    »Sie hat Ihnen nichts getan, Gloria«, sagte Bast sanft.
    »Sie ist verdorben!«, antwortete Mrs Walsh kalt. »Sie ist ein verdorbener Mensch, der den Anspruch auf Gottes Schutz verwirkt hat und nichts anderes tut, als andere zu verderben! Sie wird ihrer gerechten Strafe nicht entgehen, so wie alle anderen vor ihr!«
    »Weil sie für Geld mit Männern schläft?«, fragte Bast. »Wer trägt wohl mehr Schuld daran, Gloria – Frauen wie sie oder die Männer, die sie dafür bezahlen … oder dazu zwingen?«
    »Männer sind nun einmal Männer«, antwortete Mrs Walsh. »Sie sind so, wie Gott sie geschaffen hat, und können nicht anders. Der Teufel hat das Weib erschaffen, um den Mann in Versuchung zu führen, aber eine Frau, die auch nur einen Funken Anstand im Leib hat, wird den Einflüsterungen des Satans widerstehen.«
    »Ich verstehe«, seufzte Bast. Noch behutsamer als gerade glitt sie ein weiteres Stück auf Mrs Walsh zu, kaum mehr als zwei oder drei Zoll, und diesmal tatsächlich, ohne dass Mrs Walsh es bemerkte. Aber sie reagierte ganz unbewusst so, wie Bast es sich erhofft hatte, und wich um dieselbe Distanz vor ihr zurück, ohne es selbst auch nur zu spüren. »Wollen Sie jetzt alle Prostituierten Londons umbringen, oder …« Sie sah auf den bewusstlosen Maistowe hinab, und verstand … auch, wenn ihr der Gedanke im allerersten Moment so monströs vorkam, dass sie ihn am liebsten weit von sich gewiesen hätte.
    »Jacob?«, murmelte sie. »Sie … Sie haben das alles nur … nur seinetwegen getan?«
    Mrs Walsh starrte sie an. Die schwarze Flamme in ihrem Blick loderte höher.
    »Liz. Kate. Marie-Jeanette und Dark Annie«, murmelte Bast. »Waren das alle, die Jacob … gekannt hat?«
    »Oh nein«, antwortete Mrs Walsh lächelnd.
    »Und … Cindy?«, fragte Bast. Sie glitt ein weiteres Stück auf Mrs Walsh zu, und noch eines, und Mrs Walsh wich jedes Mal um dieselbe Distanz vor ihr zurück. Bast wusste selbst noch nicht, welchen Vorteil sie daraus ziehen sollte, aber es war besser als nichts. »Was hat sie getan, Gloria, um den Tod zu verdienen? Jacob war nicht einmal im Land, als sie zu Maude gekommen ist!«
    »Jacob wollte sie mitnehmen!«, ereiferte sich Mrs Walsh. »Er hat behauptet, er wolle sie retten, aber so dumm bin ich nicht. Glauben Sie wirklich, ich nehme die Schlange mit und nähre sie noch an meiner Brust?«
    Ein weiterer, winziger Schritt, und Mrs Walsh wich
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