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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wundern, wenn er vergisst, sie zu bestätigen.«
    »Dann boxen Sie ihm einfach auf die Nase«, riet ihm Bast augenzwinkernd.
    »Sie machen sich über mich lustig«, sagte Abberline.
    »Ja«, antwortete Bast. »Was wäre das Leben ohne ein bisschen Spaß, oder?« Sie grinste ihn fröhlich an, aber schon im nächsten Moment konnte sie fühlen, wie ihr Lächeln erlosch und einem Ausdruck unbestimmter Sorge Platz machte. Sie fragte sich, warum sie eigentlich nicht ausstieg und an Bord ging. Die Lady war schon seit einer Stunde bereit zum Auslaufen und wartete nur noch auf sie.
    »Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen?«, fragte Abberline.
    »Wenn Sie nicht unbedingt auf einer Antwort bestehen.«
    »Wie soll ich Sie in Erinnerung behalten«, wollte er wissen, »als Bastet oder als Sachmet?«
    Bast reagierte nicht sofort, sondern sah ihn eine Weile schweigend und noch immer von der gleichen, vagen Trauer erfüllt an. Dann beugte sie sich vor, nahm sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn; zuerst sanft und zärtlich, nicht auf ihre Art, sondern einfach nur als Frau, die einen Mann küsst; dann aber erfüllte sie ihm seinen Wunsch. Natürlich nahm sie nicht viel – gerade genug, um ihn spüren zu lassen, was geschah, und um einen winzigen Teil von ihm in sich zu fühlen und mit sich nehmen zu können.
    »Als Bast, Frederick«, flüsterte sie. »Einfach nur als Bast.«
    Als sie Abberline losließ und aus der gleichen Bewegung heraus die Tür der Kutsche öffnete, sah sie nichts als einen Ausdruck tiefer Verblüffung auf seinem Gesicht.
    »Bast, wir …«, murmelte er. »Aber wir … wir könnten doch …«
    »Vielleicht ein andermal, Frederick«, sagte sie augenzwinkernd. »Vielleicht, wenn es Sie irgendwann doch einmal nach Ägypten verschlagen sollte. Sie wissen ja: von Kairo aus gleich hinter der ersten Düne links.«
    Und damit wandte sie sich mit einem Ruck ab und ging mit schnellen Schritten und ohne noch ein einziges Mal zurückzu-blicken über den Kai und die schmale Planke hinauf. Das nasse Holz vibrierte fühlbar unter ihrem Gewicht, und nun fühlte sie auch das sanfte Schaukeln des Schiffes, das nur noch von einem einzigen Tau gehalten am Pier lag.
    Maistowe, der bisher vollkommen reglos hinter der Reling gestanden und darauf gewartet hatte, dass auch sie endlich an Bord kam, wandte sich mit einem Ruck um und begann seinen Männern Befehle zuzubrüllen, und Bast trat mit zwei schnellen abschließenden Schritten auf das Deck der Lady hinauf, damit die Matrosen die Planke einziehen konnten. Das letzte Tau wurde gekappt, und das Schiff schien unter ihren Füßen zu erzittern wie ein Gepard, dessen Halsband endlich gelöst worden war, sodass er in sein angestammtes Element zurückkehren konnte.
    Als Bast sich herumdrehte, sah sie eine schlanke Gestalt unter Deck verschwinden.
    Faye wich ihr nicht nur aus, sondern floh regelrecht vor ihr, und Bast musste ihr Gesicht nicht sehen, um die Angst in ihren Augen zu spüren. Sie hatte versucht, dem Mädchen die schlimmste Furcht zu nehmen, aber bisher hatten sie ihre sonst so verlässlichen Kräfte im Stich gelassen, und sie hatte nur die Wunden heilen können, die ihr Körper davongetragen hatte, nicht die so viel tiefer gehenden Verletzungen ihrer Seele.
    Immerhin hatte Maistowe ihren Blick registriert und kam auf sie zu, wenn auch zögernd und mit allen Anzeichen des Unbehagens. Auch der Ausdruck in seinen Augen hatte sich verändert. Sie war dankbar, zumindest keine Angst darin zu erkennen, doch an ihrer Stelle war jetzt eine Scheu, die sie auf ihre Art fast genauso schmerzte. Es würde wohl eine sehr einsame Reise werden.
    »Sind Sie so weit?«, fragte er, was eigentlich vollkommen überflüssig war. Das Schiff hatte bereits abgelegt und entfernte sich fast unmerklich von der Kaimauer. Er war befangen und wollte einfach irgendetwas sagen, und auch diese Erkenntnis schmerzte Bast. Seit sie ihn kannte, hatte sie sich gegen seine mehr oder weniger offenen Annäherungsversuche zur Wehr setzen müssen. Jetzt hatte er eine Mauer zwischen ihnen errichtet, die nicht einmal sie niederreißen konnte. Sie war auch nicht sicher, ob sie es überhaupt versuchen sollte.
    Fast so unbeholfen wie er gerade fragte sie: »Bekomme ich meine alte Kabine zurück, oder haben Sie sie Faye gegeben?«
    »Sie bewohnt meine Kajüte«, antwortete Maistowe. »Ich wohne für die Dauer der Überfahrt bei meinen Offizieren. Es ist nicht das erste Mal, keine Sorge. Sie behalten Ihre gewohnte
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