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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora
Autoren: Pandora
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niedergeschrieben hatte, versank er schließlich innerhalb weniger Nächte in diesen Zustand. Seine Augen starren auf einen Punkt, sein Körper ist schlaff. Er und Gabrielle, sie bilden eine merkwürdige Pietà dort in diesem verlassenen Kloster mit seiner Kapelle. Lestats Geist ist verschlossen, oder schlimmer noch – er ist leer.«
    Ich stellte bei mir fest, dass mir deine Art zu sprechen wirklich gefiel. Du hast mir in der Tat meine Vorbehalte genommen. »Ich habe Lestat verlassen, weil ich nicht wusste, wie ich ihm noch hätte helfen können, ich konnte nicht zu ihm durchdringen«, fuhrst du fort. »Und ich muss einfach wissen, ob mir irgendwo einer der Uralten nach dem Leben trachtet; ich muss meine Pilgerfahrten fortsetzen, damit ich die Gefahren dieser Welt, in die man mich eingelassen hat, erkenne.«
    »Du bist so offen. Gar nicht hinterhältig.«
    »Im Gegenteil. Die Ziele, die mir am wichtigsten sind, verberge ich vor dir.« Du zeigtest mir ein kleines, höfliches Lächeln und fügtest hinzu: »Deine Schönheit bringt mich einigermaßen durcheinander. Bist du daran ge-wöhnt?«
    »Ziemlich«, antwortete ich, »und dessen überdrüssig.
    Sieh einfach darüber hinweg. Nur lass dich warnen, es gibt da alte Vampire, die keiner kennt oder erklären kann.
    Es geht das Gerücht, du wärst bei Maharet und Mekare gewesen, die nun die Ältesten sind, die Quelle, der wir alle entstammen. Sie haben sich offensichtlich von uns zurückgezogen, haben der Welt den Rücken gekehrt und leben an einem geheimen Ort; sie finden keinen Geschmack daran, Autorität auszuüben.«
    »Damit hast du Recht«, stimmtest du zu, »und mein Aufenthalt bei ihnen war schön, aber kurz. Sie wollen über niemanden herrschen, Maharet schon gar nicht, solange die Geschichte der Welt währt und ihre eigenen leiblichen Nachfahren in ihr leben – die Tausende menschlicher Abkömmlinge aus uralter Zeit, die so weit zurückliegt, dass es keine Daten dafür gibt. Niemals wird Maharet sich und ihre Schwester töten, womit sie uns ja alle vernichten würde.«
    »Ja«, sagte ich, »daran glaubt sie, an die Große Familie, die Generationen, deren Spur sie seit Tausenden von Jahren verfolgt. Damals, bei unserem großen Treffen, habe ich Maharet gesehen. Sie betrachtet uns nicht als das Böse – dich, mich, Lestat –, sie glaubt, wir wären Naturerscheinungen, wie Vulkane oder wie Feuer, das durch die Wälder rast, oder wie Blitze, die ja auch Menschen töten.«
    »Genau«, sagtest du. »Eine Königin der Verdammten gibt es nicht mehr. Ich fürchte nur einen Unsterblichen, und das ist dein Geliebter, Marius. Denn er war es, der damals, ehe er die anderen verließ, die strikte Regel festsetzte, dass keine weiteren Bluttrinker mehr geschaffen werden sollten. In Marius’ Augen bin ich sozusagen ein illegitimes Kind. Ja, ich denke, wenn er Engländer wäre, würde er es so ausdrücken.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube einfach nicht, dass er dir etwas antun würde. War er denn nicht bei Lestat?
    Wollte er das Schweißtuch nicht mit eigenen Augen sehen?«
    Du verneintest beides.
    »Merke dir diesen Rat: Sobald du seine Gegenwart spürst, sprich ihn an. Sprich ihn an, wie du es mit mir gemacht hast. Beginne ein Gespräch, und er wird nicht so anmaßend sein, es abzubrechen.«
    Du lächeltest abermals und sagtest: »Das hast du wirklich geschickt ausgedrückt.«
    »Aber ich glaube nicht, dass du ihn fürchten musst.
    Wenn er wollte, dass du vom Erdboden verschwindest, wärst du schon längst verschwunden. Was wir fürchten müssen, ist das Gleiche, was auch die Menschen fürchten – dass es innerhalb der eigenen Spezies Wesen gibt, deren Fähigkeiten und Glaubensbekenntnisse sich von unseren grundlegend unterscheiden; und wir können uns niemals sicher sein, wo sie sind und was sie tun. Mehr kann ich dir nicht sagen.«
    »Es ist sehr freundlich von dir, dass du deine Zeit für mich opferst«, sagtest du.
    Ich hätte weinen mögen. »Im Gegenteil. Du weißt nichts von dem Schweigen, der Einsamkeit meiner Streifzüge, und bete, dass du sie nie kennen lernst. Außerdem hast du mir heute Feuer ohne Tod geschenkt, hast mir Nahrung gegeben ohne Blut. Ich bin froh, dass du hier bist.«
    Ich bemerkte, wie du deinen Blick zum Himmel hobst, eine Angewohnheit der Jungen, Neugeschaffenen.
    »Ich weiß, wir müssen uns nun trennen.«
    Jäh wandtest du dich mir zu. »Triff dich morgen Nacht mit mir«, batest du flehend. »Lass uns diesen Gedan-kenaustausch
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