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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora
Autoren: Pandora
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Akasha über ihre Kinder brachte, überlebten. Ich wollte dir berichten, dass Wesen über unsere Erde wandern, die zwar aussehen wie wir, aber ebenso wenig unseres Ursprungs sind, wie sie Menschen sind.
    Und ich hatte plötzlich den Wunsch, dich unter meine Fittiche zu nehmen.
    Sicher hast du mich dazu angespornt. Du standest da, ganz der englische Gentleman, und pflegtest die Etikette lässiger und natürlicher, als ich es je bei einem Mann erlebt hatte.
    Ich staunte über deine elegante Kleidung, dass du dir einen schwarzen Umhang aus leichter Schurwolle erlaubt, ja sogar den Luxus eines schimmernd roten Sei-denschals gegönnt hattest – wie anders als damals, da du gerade neu geschaffen worden warst.
    Versteh mich, in jener Nacht war ich mir nicht der Tatsache bewusst, dass Lestat dich zu einem Vampir gemacht hatte. Diesen Umstand konnte ich nicht erfühlen.
    Allerdings hatte unser übernatürliches Universum ein paar Wochen zuvor von der Neuigkeit gesummt, dass ein Sterblicher in den Körper eines anderen Sterblichen geschlüpft war; wir wissen so etwas einfach, als ob die Sterne es uns erzählt hätten. Ein übernatürlicher Verstand greift die kleinen Fäden auf, die sich aus dem scharfen Schnitt im Gewebe des Gewohnten lösen, ein anderer Verstand empfängt das Bild, und so geht es immer weiter.
    David Talbot – der Name war uns allen von dem ehrwürdigen Orden jener parapsychologischen Detektive, der Talamasca, bekannt –, David hatte es geschafft, seine Seele und seinen Astralkörper in den Körper einer anderen Person zu verpflanzen. Von diesem Körper wiederum hatte zuvor ein Körperdieb Besitz ergriffen, den du daraus vertriebst. Und als du dich erst einmal in dem ju-gendlichen Körper verankert hattest, bliebst du mit all deinen Skrupeln, deinen Wertvorstellungen, dem ganzen Wissen deiner vierundsiebzig Jahre in diesen jungen Zel-len.
    David mit der Hochglanz-Schönheit, die er seiner indi-schen, und der prallen Muskelkraft, die er seiner briti-schen Abstammung verdankte, dieser wieder geborene David war es also, den Lestat zum Vampir gemacht hatte, indem er beides, Körper und Seele, herüberbrachte.
    So schuf er eine Mischung aus unserem Dunklen Zauber und einem Wunder und beging wieder einmal eine Sün-de, die seine Altersgenossen und die Uralten gleichermaßen schockieren sollte.
    Und das, das wurde dir von deinem besten Freund angetan! Willkommen in der Finsternis, David. Willkommen im Reich des »unbeständ’gen Mondes«, um mit Shakespeare zu sprechen.
    Tapfer schrittest du mir auf der Brücke entgegen.
    »Verzeih mir, Pandora«, sagtest du ganz ruhig. Makelloser britischer Upperclass-Akzent und der übliche hinreißende britische Tonfall, der so verführerisch ist, dass er auszudrücken scheint: Wir werden die Welt schon retten.
    Du hieltest höflich Distanz, so als wäre ich ein jungfräuliches Mädchen des vergangenen Jahrhunderts und als wolltest du mein Zartgefühl nicht verletzen. Ich lächelte.
    Dann gab ich einem Drang nach. Ich musterte dich gründlich, dich, diesen Zögling, den Lestat – entgegen Marius’ ausdrücklichem Befehl – zu schaffen gewagt hatte. Und ich sah all die einzelnen Komponenten, die dich als Mann ausmachten: eine große menschliche Seele, ohne Furcht, doch ein wenig verliebt in die Verzweiflung, und einen Körper, bei dessen Umwandlung sich Lestat fast umgebracht hätte, weil er ihm so viel Kraft wie möglich übertragen wollte. Er hatte dir deshalb mehr von seinem Blut gegeben, als für ihn gut war. Er war bemüht, dir seine Kühnheit, seine Klugheit, seine Gerissenheit mit-zugeben. Durch das Blut wollte er dir eine Rüstung schaffen.
    Er hatte es gut gemacht: Deine Stärke war vielfältig und nicht zu übersehen. In Lestats Adern floss das Blut unserer Königin Akasha, und auch Marius, mein Geliebter aus längst vergangenen Zeiten, hatte ihm von seinem Blut gegeben. Lestat, ach ja, was sagen sie doch gleich? Sie sagen, dass er möglicherweise sogar vom Blut Christi getrunken hat.
    Das wollte ich als Erstes mit dir besprechen, da ich von Neugier überwältigt war; denn in der Welt nach Erkennt-nissen zu suchen bedeutet häufig, in so viel Unglück zu wühlen, dass ich Abscheu davor empfinde.
    »Sag mir die Wahrheit«, bat ich. »Diese Geschichte von Memnoch dem Teufel. Lestat behauptete, dass er sowohl in den Himmel als auch in die Hölle gegangen sei. Er brachte das Schweißtuch der Veronika von dort mit. Das Antlitz Christi war darauf! Das hat Tausende zum
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