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Anna Marx 9: Feuer bitte

Anna Marx 9: Feuer bitte

Titel: Anna Marx 9: Feuer bitte
Autoren: Christine Grän
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denkt Anna. Einer Reihe von Männern mit guten Manieren und fragwürdigen Eigenschaften, aber sie haben mich nicht umgebracht. Nicht einmal das Prinzip Hoffnung haben sie getötet …
    »Wenn Sie die erste Rate bezahlt haben, lade ich Sie zu einem guten Essen ein«, sagt Liebling. »Es gibt ein paar nette Lokale in Berlin oder Brüssel.«
    Es klingt gleichermaßen drohend und verlockend. Ich werde hungern müssen, um meine Schulden zu bezahlen, denkt Anna. Eine Nulldiät wäre angebracht. Sie sieht über den Glasrand hinweg in seine braunen Augen. »Das wäre nett.«
    »Ich bin nicht nett.« Er blickt zurück, und Anna senkt als Erste die Augen. »Aber ein Heiratsschwindler bin ich nicht – und wenn, würde ich mir keine darbende Detektivin aussuchen, die ein Auto zu Schrott fährt, das sie sich nicht leisten kann.«
    Eine Wolke schluckt die Sonne, und Anna friert plötzlich und greift nach ihrer Jacke. »Ich könnte verstehen, wenn Sie böse auf mich wären.«
    Wovon ich mir nichts kaufen könnte, denkt Martin Liebling. Sie ist anziehend. Nicht mehr jung, nicht stromlinienförmig, doch mit schönen Augen und Zähnen, die sie oft zeigt, weil sie gerne lacht. Ein bisschen verrückt, doch eine wohltuende Abwechslung von den dynamischen jungen Frauen, die Brüssels Büros und Betten säumen. Eine Armee von Glücksritterinnen: Sie wollen entweder Karriere machen oder einen heiraten, der es an ihrer Stelle tut. Gott, er ist ein abgebrühter Hai, der die Goldfische nur noch aus Gewohnheit mitnimmt. Alles gelebt und genossen, das ist eine Lebensformel, die ihm zunehmend aufstößt. »Ich bin nicht böse. Ich wollte mir sowieso einen neuen Wagen kaufen. Und wenn Sie Ihre Schulden abstottern, ist das schon in Ordnung. Das wirklich Komische daran ist, dass ich zu einem Termin unterwegs war, den ich abscheulich fand.«
    »Warum?«, fragt Anna. Ein Marx-Wort von starker Frequenz.
    Martin Liebling sieht in eine Ferne, in die Anna ihm nicht folgen kann. »Ach, ist nicht so wichtig. Ich bin froh, dass ich ihm ausgewichen und Ihnen reingefahren bin. Ehrlich! Und darauf sollten wir noch einen trinken.«
    »Sie sind ziemlich schräg.«
    Er mustert sie auf eine Weise, die sie unverschämt finden könnte. »Sie auch. Was machen wir nun mit diesem angebrochenen Karambolage-Samstag?«
    »Nicht das, was Sie denken«, erwidert Anna. Ihre raue Stimme kann sehr spitz werden. Sie knöpft ihr T-Shirt zu und verhüllt sich in ihrer Jacke. Er grinst, als ob er ihre Bemerkung komisch fände. Seine Augen sind hart in manchen Augenblicken. Sie muss auf der Hut sein: vor sich selbst und anderen. Eine Einstellung, die zu nichts führt außer Einsamkeit in schmerzfreier Zone. Julia Mauz hatte den Sprung ins Leben gewagt und war tödlich enttäuscht worden. Anna versteht sehr gut, warum sie abgehoben hat ohne Netz und Seil. Sie muss nur noch herausfinden, für wen sie es tat. Nicht in Wirtschaften sitzen, Bier trinken und das alte Spiel spielen. Bube sticht Dame, das war schon immer so. »Ich denke, wir sollten uns auf den Weg machen. Die Sonne ist weg.«
    »Metaphorisch gesprochen?«
    Anna schaut in den blassen Himmel. »Nein, tatsächlich. Und ich kann auch kein Bier mehr trinken.«
    Martin Liebling zieht sein Jackett an, es sieht leicht und teuer aus. Er könnte ein Hochstapler sein, denkt Anna, oder ein Mafioso. Kein Mann, den sie jemals kannte, ging mit größeren Summen so sorglos um. »Haben Sie sehr viel Geld?«
    Liebling sieht sie an, als wäre sie ein kleines Mädchen, das lustige Fragen stellt. »Nein, aber genug. Wir könnten auch irgendwo anders hingehen und Champagner trinken.«
    Anna winkt dem Kellner, der sich in den Garten verirrt hat. »Davon kriege ich erst Schluckauf und dann Kopfschmerzen. Ich war nie der Champagnertyp. Womit verdienen Sie Ihr Geld?«
    Während sie bezahlt, zündet sich Liebling noch eine Zigarette an. Er will nicht gehen, sondern mit ihr sitzen bleiben, bis es dunkel wird und so kalt, dass sie einander wärmen müssen. Vielleicht liegt es gar nicht an ihr, sondern daran, dass es Tage gibt, an denen er nicht allein sein kann. In dem Augenblick des Zusammenpralls dachte er, dass er sterben müsse. Dass Engel rothaarig sind und Oldtimer fahren, erschien ihm logisch, und dass Shit sein letztes Wort gewesen wäre, auch. Sie bezahlt mit einem Hunderter, dem einzigen Schein in ihrem Portemonnaie. Und sieht ihn dann fragend an. Womit verdient er sein Geld? Er spricht nicht gern darüber, aber sie würde ohnehin nicht
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