Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände
Autoren: Alexandra Marinina
Vom Netzwerk:
du’s ihr beichtest. Mach schon, geh.« Korotkow lachte.
    Als sie den Kaffee zur Hälfte ausgetrunken hatten, fragte Selujanow:
    »Was sollte das mit den Zahlen eigentlich? Ich hab das nicht begriffen.«
    »Das hätte niemand begriffen, wenn sie das mit dem Fermatschen Satz nicht gesagt hätte. Da ist Knüppelchen darauf gekommen, Ljoscha Tschistjakow anzurufen. Als er und Nastja noch zusammen zur Schule gingen, war das so eine Übung, die sie gern machten: Die Formel für eine Primzahl zu finden. Das ist so was Ähnliches wie bei uns der Versuch, fünfhundert von fünfhundert Ringen zu schießen. Im Prinzip geht das wahrscheinlich, aber praktisch hat es noch niemand geschafft. Und da hat Nastja vorgeschlagen: Versuchen wir doch erst mal, die Formel für eine ungerade Nichtprimzahl zu finden, und dann gehen wir den umgekehrten Weg. Du, sagt sie, nimmst die neun, ich die fünfzehn. Sie haben gerechnet und gerechnet, dann sind sie ins Kino gegangen, in einen französischen Krimi, und darin war die Situation ähnlich wie in unserem Fall: Der Täter wollte jemandem ein Indiz unterschieben und einen Selbstmord vortäuschen. Auf einmal sagt Nastja: Es reicht, alles klar, der Rest ist nicht mehr spannend, komm, wir gehen, suchen wir lieber weiter nach der Formel für neun und fünfzehn. Das war die Geschichte. Und ich Idiot hab in diesen Zahlen alles Mögliche vermutet: eine Adresse, eine Autonummer, eine Telefonnummer. Übrigens haben wir Ljoscha auch die Szene vor der Kasse auf dem Bahnsteig zu verdanken. Weißt du, wenn Menschen so lange zusammen sind, dann entwickeln sie ihre eigene Sprache, die ein Fremder nicht immer versteht. Kurz gesagt, diese Worte vor der Kasse sollten bedeuten: Renn keine offene Tür ein. Nastja ist ja ein schlaues Mädchen, sie hat sie richtig übersetzt: Geh nicht durch die Tür, die offen ist, sondern such nach einer, die verschlossen ist.«
    »Wahnsinn!« Kolja seufzte begeistert. »Manchmal kann einem angst und bange werden, wenn man sich vorstellt, an was für einem seidenen Faden unsere ganze Arbeit oft hängt. Wenn nun Tschistjakow nicht zu Hause gewesen wäre? Was dann?«
    »Sagen wir, wir haben Glück gehabt. Und überleg mal, wie oft der Gallier Glück hatte. Hätte er auch diesmal gehabt. Wären nicht verschiedene Umstände zusammengetroffen, hätte es keine Ermittlungen im Fall Filatowa gegeben.«
    Der Gallier saß reglos vor Gordejew und versuchte, sich zu konzentrieren. Er verstand nicht, was los war. Man hatte ihm doch gesagt, der Tod würde rasch und schmerzlos eintreten. Wie war das möglich?
    Auch Gordejew schwieg; aufmerksam beobachtete er den festgenommenen Mörder.
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte er schließlich. »Wenn Sie wirklich Magenschmerzen haben, müsste die Tablette Ihnen eigentlich helfen. Es ist Tempalgin, ein sehr gutes Schmerzmittel.«
    »Tempalgin?«, fragte der Gallier irritiert. »Wieso Tempalgin?«
    »Hören Sie, ich kann Ihnen doch nicht gestatten, hier in meinem Büro zu sterben«, sagte Gordejew hart. Seine Fürsorglichkeit war wie weggeblasen. »Die Tablette wurde heute Nacht ausgetauscht. Halten Sie uns etwa für total unfähig? Auch Ihren Plan haben wir da erfahren.«
    »Larissa?«, fragte der Gallier tonlos.
    »Natürlich.« Gordejew nickte. »Sie hat sie ausgehorcht wie einen kleinen Jungen und eine Möglichkeit gefunden, uns über Ihre Pläne zu informieren.«
    »Gratuliere.« Der Gallier grinste schief. »Die Professionalität unserer Miliz wächst vor den Augen des erstaunten Publikums.«
    »Lassen Sie das, ich bitte Sie. Wir wollen uns doch nicht gegenseitig beleidigen. Ich erzähle Ihnen ja auch nicht, wie sehr Ihre Professionalität nachgelassen hat und wie viele Fehler und Dummheiten Sie gemacht haben. Und noch mehr Fehler hat Ihre Organisation gemacht, aber mit Ihrer Hilfe. Wir haben Sie gezwungen, unter für Sie ungewohnten Bedingungen zu arbeiten, haben Sie veranlasst, Dinge zu tun, die Sie früher nicht getan haben und die Sie nicht beherrschen. Darum sitzen Sie nun hier statt im Flugzeug nach Baku.«
    »Murtasow?«
    »Selbstverständlich. Hat man Ihnen nicht beigebracht, dass man Geschäftsleute nicht mit solchen Methoden einschüchtern darf? Sie haben doch genau deshalb solchen Erfolg im Geschäft, weil sie eine normale Psyche und einen nüchternen Verstand haben. Sie können sehr gut rechnen, und nicht nur mit Geld. Sie dagegen können nicht mit Menschen verhandeln, das ist nicht Ihr Metier. Ihr Beruf ist es, Leuten das Leben zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher