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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände
Autoren: Alexandra Marinina
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nehmen, mit denen sich Ihre Kollegen, die wissen, wie man so etwas macht, nicht einigen konnten. Es gibt keine Alleskönner. Selbst ein promovierter Techniker ist manchmal unfähig, zu Hause einen Wasserhahn zu reparieren. Und Sie sind dermaßen unprofessionell vorgegangen, dass selbst eine Frau spielend mit Ihnen fertig geworden ist.«
    Das war der letzte Tropfen. Der Gallier gab auf.
    »Weißt du, wovor ich am meisten Angst hatte?«, sagte Gordejew am nächsten Tag zu Nastja. »Ich hatte Angst, du hättest dich mit dem Decknamen geirrt, und bei der Filatowa war gar nicht der Gallier. Dann wäre der ganze Plan für die Katz gewesen. Wir hätten nichts erreicht. Ich hätte den Mörder nicht bei seinen Auftraggebern anschwärzen können, und darauf beruhte ja alles. Na los, gib zu, Nastja, war das ein Zufallstreffer?«
    »Beinahe.« Nastja lächelte. »Seine Liebe zur Geschichte ist ihm zum Verhängnis geworden. Hier, sehen Sie.«
    Sie legte ihrem Chef ein Foto hin, das ein Regal mit Büchern und Nippes zeigte.
    »Mir hat dieses Foto von Anfang an nicht gefallen, aber ich begriff nicht gleich, was daran nicht stimmte. Ich habe es mir immer wieder angesehen, aber mir fiel nichts ein. Doch als Sie mich aufforderten, mir Gedanken zu machen über die Decknamen, da kam der Mechanismus in meinem Kopf in Gang. Diese Glasfigürchen, das sind die Tierkreiszeichen nach dem asiatischen Kalender. Tiger, Affe, Hahn, Schaf und so weiter. Ich war nie bei der Filatowa, aber Subow hat viele Fotos gemacht, und darauf war zu erkennen, dass alle Dinge und Bücher in perfekter Ordnung standen. Besonders sah man das bei mehrbändigen Werkausgaben. Bei der Anordnung der Figuren dagegen gibt es eine gewisse, na ja, eine Unregelmäßigkeit. Sie stehen alle in der Reihenfolge da, wie sie im Kalender aufeinander folgen. Alle, bis auf diese beiden: Schlange und Widder. Sie stehen nebeneinander, im spitzen Winkel, obwohl sie im Kalender nicht zusammengehören. Bei den gallischen Stämmen gab es eine Gottheit: Eine Schlange mit Widderkopf. Der Mörder hat viel Zeit in der Wohnung verbracht, offenbar hat er sich gelangweilt, und da hat er mal ausprobiert, wie eine Schlange aussieht, wenn man ihr einen Widderkopf aufsetzt. Der Reihenfolge der Figuren hat er keine Bedeutung beigemessen, darum hat er sie nicht wieder an ihren Platz zurückgestellt. Oder er hat es vergessen oder wurde abgelenkt.«
    »Allerhand.« Gordejew schüttelte den Kopf. »Und aus dieser Nichtigkeit hast du deinen Schluss gezogen? Gut, dass ich das erst jetzt erfahre. Als du angerufen hast, klang deine Stimme so selbstsicher, dass ich keinen Zweifel hatte: Du hast überzeugende Anhaltspunkte dafür.«
    »Aber der Schluss war doch richtig«, wandte Nastja ein.
    »Mal sehen.« Gordejew lachte spöttisch. »Wir fragen den Gallier, was er dazu sagt.«
    Den ganzen Nachmittag vernahm der Oberst erneut den Festgenommenen. Als er weggebracht worden war, schaute Gordejew in Nastjas Büro vorbei.
    »Nastja, ich schulde dir eine Flasche. Aber was bin ich erst für ein Prachtkerl, ein ganz schlauer Bursche!«, sagte er, über das ganze runde Gesicht strahlend. »Dass ich in dir Rotznase damals den genialen Detektiv erkannt habe!«
    »Was ist denn los?«
    »Ich bin immer direkt, Anastasija, ohne jede Arglist. Ich hab den Gallier einfach nach den Figuren und dem gallischen Gott gefragt.«
    »Und?«
    »Stell dir vor, er hat es bestätigt. Du hattest Recht. Obwohl ich das noch immer kaum glauben kann. Übrigens, hat Lesnikow sich gemeldet?«, wechselte Gordejew abrupt das Thema. »In den letzten Tagen habe ich den Fall Schumilin ganz aus den Augen verloren.«
    »Das läuft alles, Viktor Alexejewitsch. Kowaljow ist nicht nur selbst ausgestiegen, er hält auch Winogradow dazu an. Olschanski und Lesnikow haben also alle Hände voll zu tun.«
    »Na, Gott sei Dank.« Gordejew atmete auf.
    Mischa Dozenko und Jura Korotkow steckten bis über die Ohren in Schreibkram; sie arbeiteten am Bericht über die Operation. Eine Frage ließ Mischa keine Ruhe, und er entschloss sich, sie zu stellen.
    »Jura, was wäre passiert, wenn der Gallier auf Nastjas Vorschlag eingegangen wäre?«
    »Auf welchen Vorschlag?« Jura hob den Kopf.
    »Na, mit ihr zu schlafen, um ihr zu beweisen, dass er nicht bei der Miliz ist. Hätte sie wirklich . . .« Mischa verstummte. Oberleutnant Dozenko war wirklich noch sehr jung.
    »Weißt du, bei unserer Arbeit erleben wir viele freudige Momente. Aber um dorthin zu gelangen, müssen
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