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Löffelchenliebe (German Edition)

Löffelchenliebe (German Edition)

Titel: Löffelchenliebe (German Edition)
Autoren: Julia Kaufhold
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Eins
    K l au s 3 war winzig. Ich bin auch winzig, aber Klaus 3 hätte ich von oben auf die vogelnestartigen Locken spucken können.
    »Möchtest du etwas trinken ?«, piepste er, legte den Kopf in den Nacken und sah zu mir auf.
    »Ja, gerne einen Rotwein.«
    Klaus 3 ging auf die Knie und kroch wie ein Tier unter der Menge hindurch, einige Gäste schauten verwundert auf das wandelnde Vogelnest zwischen ihren Beinen. Kurz darauf tauchte Klaus’ Kopf wieder auf, in seinen Locken hing Zigarettenasche. Er hob den Arm, drückte mir den Wein in die Hand und klopfte sich Knie und Hosenboden ab.
    »Drei Euro zehn«, erklärte er und öffnete seine Geldbörse. Im Grunde hätte ich spätestens jetzt gehen müssen. Doch ich gab ihm wie selbstverständlich das Geld und fragte höflich: »Bist du öfter hier ?«
    Ich schwöre: Nie wieder im Leben werde ich, Anna Brix, fünfunddreißig Jahre alt, ein Blind Date haben ! Blind Dates sind mit Abstand die schrecklichste Erfindung der Menschheitsgeschichte. Und sollte ich jemals in Versuchung geraten, diesen Schwur zu brechen, möge man mir bitte ein schnörkelloses »Klaus« zuraunen. Das ist das Codewort, und es dürfte für mindestens drei Schweißausbrüche ausreichen, nach denen ich aussehe, als hätte ich gerade jemanden aus einem reißenden Strom gerettet. Denn erstaunlicherweise hießen meine drei ersten und letzten Blind Dates allesamt Klaus.
    An sich fand ich seine Idee gut, sich in dem kleinen Jazzkeller zu treffen. Der ist nur fünf Minuten von meiner Eimsbüttler Wohnung entfernt, trotzdem hatte ich bislang nur das Programm an der Außenwand studiert und mir immer mal wieder vorgenommen, mir den Laden irgendwann anzugucken. Klaus 3 war öfter hier: »Seit ein paar Wochen fast jeden Abend. Immer mit einem anderen Parship -Date.«
    Mit glühenden Wangen trank ich meinen Rotwein in einem Zug leer. Allerspätestens jetzt hätte ich wirklich und wahrhaftig das Weite suchen sollen. Aber ich bin furchtbar schlecht darin, einen Abend Knall auf Fall zu beenden. Stattdessen ging ich in aufrechter Haltung zur Bar und kaufte mir einen neuen Wein und für Klaus ein Malzbier.
    »Danke für die Einladung !«, piepste Klaus erfreut und erzählte mir von seinem gestrigen Date. Und von den achtzehn davor.
    In der Wohnung nebenan stöhnt Ina. Ich bin immer wieder überrascht, wie viele Männer morgens um viertel nach sieben Lust auf Sex haben. Noch eben einen Quickie, Hose hoch und ab ins Büro. Wenn Ina nicht gerade stöhnt, machen Piet und Paul, ihre dreijährigen Zwillinge, Rambazamba. Und über mir streitet sich mindestens einmal am Tag ein Pärchen, dessen Namen ich mir nicht merken kann. Das alles quasi inkognito zu verfolgen ist ein bisschen so, wie mitten im Einkaufstrubel entspannt in einem meiner Hamburger Lieblingscafés zu sitzen und durch meine dunkle Sonnenbrille die Leute zu beobachten. Eigentlich gar nicht so schlecht.
    Mein Ärger über Klaus 3 hat sich über Nacht verflüchtigt, aber der vergangene Abend wird mir trotzdem eine Lehre sein: Ich bin sehr viel glücklicher ohne Mann als mit einem dieser schrägen Typen, von denen so viel mehr in freier Wildbahn herumlaufen, als ich vermutet hätte. Oh ja, ich bin sogar ausgesprochen glücklich ohne Mann. Ich rolle mich einmal quer über mein breites Bett, das ich ganz für mich allein habe. Herrlich.
    Mein Wecker klingelt zum dritten Mal, und diesmal schalte ich ihn ganz aus. In zweieinhalb Stunden muss ich im Zug nach Berlin sitzen und vorher noch packen.
    Ich breite alle Kleidungsstücke auf dem Bett aus, die für den Besuch der Tourismusmesse in Frage kommen. Zum Glück habe ich meinen ersten Termin erst mittags. Sieben Blusen, schwarz, weiß, cremefarben, eine graugrüne, zwei schwarze Rollkragenpullover, die den Vorteil hätten, dass sie nicht mehr gebügelt werden müssen, drei Bleistiftröcke, zwei Flatterröcke und meine zwei einzigen Hosen, die schicker sind als Jeans.
    Es ist ja immer schwierig, Hosen zu finden, die gut sitzen. Ich bin der klassische Apfeltyp, was sich erst mal ganz okay anhört, was allerdings den entscheidenden Nachteil hat, dass Hosen, die am Po und an den Beinen gut sitzen, am Bauch einschneiden. Die beiden Anzughosen knöpfe ich deshalb nicht zu, sondern halte sie mit einer großen Sicherheitsnadel zusammen, das gibt zusätzlichen Spielraum. Wo ist die überhaupt, die Sicherheitsnadel ? Ich wühle mich einmal durch alle Krimskramsschubladen, von denen ich in meiner Dreizimmerwohnung genau acht
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