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Räuber von den Sternen

Räuber von den Sternen

Titel: Räuber von den Sternen
Autoren: Larry Maddock
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1
     
    Niemand – nicht einmal die Flüchtlinge vom Oberlauf des Flusses, die während der ganzen Nacht in die Stadt eingesickert waren – hatten es kommen sehen. Gestern war es nicht dagewesen. Heute war es da.
    Nun, etwa drei Stunden, nachdem das Ding zuerst erschienen war, sprachen die Leute mit nervös flüsternden Stimmen, damit ihr Klang nicht etwa … was? Das Dumme dabei war, daß keiner etwas wußte, denn es hatte keinen Fingerzeig gegeben. Es hing bloß da, aufgehängt zwischen Himmel und Erde, unerschütterlich, teilnahmslos, einstweilen weder Freund noch Feind, aber etwas, vor dem man sich in acht nehmen mußte. Seine Unterseite schimmerte in der Morgensonne wie poliertes Metall, obwohl sie dunkler war als das umgebende Blaßblau des Himmels.
    »Es ist eine Schüssel mit kochendem Öl«, mutmaßte ein Pessimist. »Divodasa hat sie durch Magie dort aufgehängt, um sie über uns auszuschütten, wenn er unsere Mauern angreift!«
    Die Form des Objekts, schien ihm in der Tat Recht zu geben, aber nur wenige ließen sich von dieser Erklärung überzeugen. Dörfler und Dschungelbewohner mochten solchen Unsinn gutgläubig schlucken, nicht aber ein aufgeklärter Bürger der Stadt Mohenjo-daro. Der gesunde Menschenverstand verlangte nach einer besseren Erklärung. Wenn man einen mächtigen Strom gezähmt und das magere Land gezwungen hat, auch nach seiner natürlichen Erschöpfung immer neue Ernten hervorzubringen, wenn man seit Generationen daran gewöhnt ist, sich den Lebensunterhalt durch harte Arbeit zu erkämpfen, dann ist man nicht geneigt, an Magie zu glauben. Man fragt zwar immer wieder, ob das Ding noch dort oben sei, und in Abständen geht man selber auf die Straße, um sich durch eigenen Augenschein zu vergewissern, aber solange das Ding keine bedrohlichen Aktionen unternimmt, bleibt man zuversichtlich, daß eine offizielle Erklärung nicht lange auf sich warten lassen werde.
    Wenn man allerdings Sambara heißt, ist man sich dieses letzteren Punktes weniger sicher, denn man selbst muß sich die Worte einfallen lassen, die dann von den anderen zitiert werden. Man steht voll Unbehagen auf der Tempelterrasse und starrt zu dem Ding empor, bis einen die Augen schmerzen und der Nacken steif wird. Es gibt keinen Präzedenzfall für die Erscheinung, nicht einmal in den verbotenen Büchern. Können achttausend Menschen, so fragt man sich, einer Einbildung erlegen sein? Doch das Ding weicht nicht von der Stelle. Es scheint rund und ziemlich flach zu sein, etwa wie eine Schale, und es hängt ohne die geringste Bewegung im blendend hellen Himmel. Wenn die Gerüchte von einer Invasion aus dem Norden wahr sind, kann man die zeitliche Übereinstimmung mit der Ankunft dieses Himmelsdinges nicht ignorieren.
    Man wünscht sich, man hätte ein paar Jahre oder wenigstens Monate, um das Problem in Muße zu durchdenken, aber man weiß, daß heute noch eine Verlautbarung erwartet wird. Und wenn man seinen unfehlbaren Mund einmal öffnet, ist man auf das festgelegt, was herauskommt. Man kehrt in den Tempel zurück, überzeugt, daß alles, was man zu diesem Zeitpunkt sagen kann, wahrscheinlich falsch sein würde, doch man nickt den besorgt wartenden Schülern zuversichtlich zu und schreitet an ihnen vorbei in seine Privatgemächer. Meditation, vermutet man, wird nicht viel helfen, aber wenigstens kann man die nächsten paar Stunden in Zurückgezogenheit verbringen und nachdenken, ohne mit Fragen behelligt zu werden.
     
    *
     
    Einen halben Kilometer entfernt verließ eine junge Frau ungeduldig ihren Balkon. Zuerst war sie von dem Himmelsding alarmiert gewesen, aber Neugierde hatte diese Reaktion rasch verdrängt. Nun war sie lediglich ärgerlich, daß Ronel noch nicht von seiner Erkundungsmission zurückgekehrt war – sie mußte sich selbst mit dem Ereignis befassen.
    Nach dem Sendeplan blieb noch etwas über eine Stunde, bevor sie ihre Meldung durchgeben konnte. Sie war weit entfernt, mit dem Umfang ihrer Informationen zufrieden zu sein; wäre Ronel da, könnte sie die telepathischen Fähigkeiten des Symbionten zur Erweiterung ihres Wissens einsetzen, aber Ronel würde erst im weiteren Verlauf des Tages zurückkehren. Die Technik der interstellaren und überzeitlichen Kommunikation verlangte genaue Einhaltung der festgelegten Sendezeiten; andernfalls bestand die Gefahr, daß das subspatiale Richtstrahlersignal die TERRA-Zentrale verfehlen würde.
    Was ihr Mißbehagen noch verstärkte, war das Wissen, daß ihre Meldung ein
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