Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey
Autoren: Jack Womack
Vom Netzwerk:
stehen, die ich nach Belieben demetafizieren konnte. Jake verschwand kurz darauf, als er von dem Ort zurückkehrte, zu dem wir gehen würden. Im Unterricht hatte Mora zuvor davon gesprochen, wie Jake in Begleitung von Biggerstaff den ersten Übergang in jene andere Welt durchgeführt hatte und wie er bei seiner Rückkehr irgendwie verlorenging, irgendwo im Zwischenbereich. Ob er noch irgendwo dort war, konnte niemand sagen.
    »… und der Geist des Lichts wird die Söhne der Finsternis überwinden …«
    »… neun von zehn Ärzten empfehlen Camel …«
    John war seit drei Jahren der Sicherheitschef von Dryco. Er beaufsichtigte das Vergangene und erfüllte das Werdende. Er garantierte allen Sicherheit, nur nicht sich selbst. Mora runzelte die Stirn, als er Johns Unaufmerksamkeit bemerkte, setzte jedoch nicht zu einer Rüge an, da er sich sicherlich an die Reaktionen anderer Wächter erinnerte. Im Klassenzimmer erschien Moras Gesicht so fahl wie Johns, als hätte er es zur Bestattung seines Häuptling mit Asche bemalt.
    »… eine Fahrt auf dem Interstate werden Sie niemals bereuen …«
    »In Berlin hat Reichskanzler Speer …«
    Die Reoptimierung von Drycos fünfhundert Abteilungseinheiten erforderte, daß sie mit einem Medikationsprogramm begannen, daß ihnen bei der Zügelung ihrer konditionierten Reaktionen assistierte. Einhundertvierundsiebzig hatten seitdem in den vergangenen sechs Monaten suizidiert.
    »Jetzt ist Zeit für Jell-O …«
    Indirekt und offen erstickte mein Mann mich unter mehr Emotionen, als ich ertragen konnte. Damit tötete er mich so sicher, wenn auch langsam, wie sie ihn töteten: Trotzdem blieb ich bei ihm. Ich konnte mich nicht trennen, ich fühlte mich gezwungen, ihn zu begleiten, wohin er auch immer ging.
    »Warum dann …«
    Wann immer er ging.
    »Warum dann mit solchem Nachdruck«, sagte die Stimme, Eisenhowers Stimme. Auch dort schon Präsident, schlußfolgerten wir; er klang unserem so ähnlich, daß uns schauderte. Wieder erinnerte ich mich an das, was wir zuerst gelernt hatten, daß nämlich ihre Welt weder mehr noch weniger wirklich als unsere war. »Warum sollten wir uns Sorgen darüber machen, was die Welt uns antut?«
    Es waren wohl eher Sorgen um das, was wir ihr erlaubten, uns anzutun. John starrte noch immer in Jakes Buch. Ich sah auf die Seite, die er studierte, sah die einzelne gedruckte Zeile: Die schärfsten Messer hinterlassen die süßesten Wunden.
    »… dieser Machtzuwachs von der simplen Muskete und der kleinen Kanone«, fuhr ihr Ike fort, »zur Wasserstoffbombe in nur einem Lebensalter zeigt, welche Dinge mit uns geschehen sind.«
    Was für Wunden hatten wir uns selbst zugefügt, die wir nicht einmal spürten? Um welche hatten wir gebeten? Welche verlangt? Welche gebraucht? Welche verdient?
    »Es zeigt vielmehr, wie weit der wissenschaftliche Fortschritt unser soziales Bewußtsein überholt hat.«
    In letzter Zeit waren viele Augenblicke vergangen, in denen ich von so unmittelbaren und so durchgreifenden Schlußfolgerungen träumte, wie John sie wünschte. Sein Schmerz zerstörte uns – mein Schmerz zerstörte uns –, und alles, was ich erwidern konnte, war Liebe. Doch Liebe beendete die Dunkelheit nicht und gab den Schatten keine Form. In unserer Welt war Liebe eine kurze Abfertigung, die schreiend vor jeder Vergegenwärtigung floh. In der Nacht wandte sie sich vom Licht ab, um den starren Blick auf das dunkle, einsame Bett zu richten. Wir nährten eine Vorstellung, die von der Wissenschaft so unabhängig wie eine Geschichtsstunde war: daß wir in der anderen Welt die Antwort finden würden, die wir brauchten, vielleicht sogar die, die wir wollten; daß wir, wenn wir die Oberfläche des Spiegels durchbrachen, auf der anderen Seite unser wahres Selbst erkannten, unabhängig von unseren Wünschen oder Ängsten, damit wir endlich entscheiden konnten, ob wir uns trennen sollten.
    »… die Lösung des Negerproblems ist nicht die Aufgabe der Gesetzgebung, sondern muß in den Köpfen …«
    Eine statische Entladung zerriß ihre Welt und ließ alles verstummen, als hätte sie nie existiert. Mora schaltete seine Maschine mit einem Streicheln aus.
    »Zu diesem Zeitpunkt wurde der Empfänger offenbar entdeckt. Es folgte die zu erwartende Reaktion. Die Aussichten«, faßte Mora zusammen, »sind faszinierend.«
    Auch wenn ich nicht immer sicher war, eines zu haben, wollte ich das Leben; John fühlte sich zu seinem verurteilt. Während Mora seine Unterlagen zusammenräumte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher