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Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey
Autoren: Jack Womack
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heraus und drehte den Hahn auf, um sie wiederaufzufüllen, während ich mich von den äußeren Spuren meines Mannes reinigte. Ich verschloß meine Sinne gegenüber allem, was sich außerhalb des Porzellanrandes der Badewanne befand, verriegelte wieder den Abfluß und ließ wärmeres Wasser um mich herum ansteigen. Ich lehnte mich zurück und sah auf meinen Körper hinab, als blickte ich durch verzerrendes Glas, und stellte mir vor, meine Zehen wären kilometerweit entfernt; ich drückte sie gegen die ferne weiße Wand, als wollte ich sie brechen. Mein geschwollener Bauch erhob sich aus dem Wasser, die echtfarbene Wölbung glänzte; könnte mein Baby den Anblick meines Mannes ertragen? Oder meinen eigenen?
    Dann dachte ich an meine verlorenen Männer und befand mich unerwartet ohne Nachkommen schuldig; sollten weder E noch mein Mann ihren eingeschlagenen Weg unbegleitet gehen? Auch wenn ich nicht mit ihnen reisen wollte, konnte ich noch behaupten, nicht ihren Weg ermöglicht zu haben? Meine Ohren resonierten mit ihren Stimmen, als ihre Sirenen mich riefen, ihnen zu folgen; als ich mich beider Welten entledigen wollte und erneut die Unsicherheit erkannte, die ich bezüglich Malloy hegte, sah ich das Rasiermesser an, das ich immer noch hielt. Ich hob es vor die Augen und sah darin mein Gesicht gespiegelt; minutenlang verweilte mein Blick auf meinem Gesicht, wartete ab, wer zuerst blinzeln würde und hörte laut die Stimme meines Mannes:
     
    Ich wünschte, ich könnte. Handeln. Handeln. Handeln.
     
    Als seine entfernten Worte mich führten, erhob ich es und strich damit über mein Handgelenk, genoß das schmetterlingsgleiche Gefühl, erschauderte über seine Wärme. Wenn Ehemänner und Ehefrauen mit der Zeit von gemeinsamem Blut wurden, war dann nicht bereits genug von meinem vergossen worden? Was blieb zum Schluß? Mitten in meinen Überlegungen blickte ich durch das weitoffene Fenster und entdeckte einen Funken über den Bäumen: erkannte das Flackern, das Flammen, den erdwärtigen Sturz, das Himmelszeichen. Ich drehte das Messer um, so daß seine stumpfe Seite gegen meine Handfläche drückte, und ließ es in die Fassung zurückgleiten und bodenwärts neben John fallen.
    Ich lehnte mich zurück und ließ mich vom warmen Wasser verschlingen; spürte seine Feuchtigkeit mein Haar durchdringen und das Treiben meiner schwerelosen Arme: stellte mir vor, ich wäre Ophelia, von Hamlet befreit, mit wiedererlangtem Geist, unwillig, noch länger im Strom zu verweilen. Es konnte nur einen Messias geben, und das war derjenige, dessen zwei Verkörperungen ich beherbergte; keine anderen waren nötig. Allein, das hieß wie in den Winter gleiten; allein und frei, wenn nicht für immer von jenem Fremden in meinem Kopf befreit, endlich frei, mein Kind allen zu zeigen, die sehen wollten.
    Solchermaßen reoptimiert erneuerte ich mich und erhob mich wie Venus aus den Wellen.
     
    ENDE
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