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Magical Village 1 Zimt und Zauber

Magical Village 1 Zimt und Zauber

Titel: Magical Village 1 Zimt und Zauber
Autoren: Christina Jones
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1. Kapitel
    M itzi spähte über ihren Abschiedsstrauß aus üppigen Chrysanthemen hinweg und überlegte, ob ihr der Mord an Troy Haley zehn Jahre Gefängnis wert wäre.
    Natürlich könnte sie es weder hier noch jetzt tun. Dieser Nachmittag in der Schalterhalle der Bank, umringt von Kollegen und Kunden mit Chardonnaygläsern in den Händen – ganz zu schweigen von den zweitklassigen Honoratioren und den Vertretern der Lokalpresse -, war sicher nicht der ideale Zeitpunkt, um zur Mörderin zu werden. Zwar eine würdevolle Mörderin gesetzten Alters, aber nichtsdestotrotz eine Mörderin, auch wenn sie der Finanzwelt damit bestimmt einen Gefallen täte.
    Troy Haley, der mit seinem stachelig gegelten Haar und den Aknenarben aussah wie ein 18-Jähriger, stolzierte – zur unverhohlenen Freude aller Mitarbeiterinnen unter dreißig – wie ein Pfau unter den gewölbten Decken und Kronleuchtern der in einem Gebäude aus dem 19. Jahrhundert untergebrachten Bankfiliale in Winterbrook umher, als gehörte sie ihm, was zu Mitzis Verdruss ja nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt lag. Immerhin war er der neue Filialleiter.
    Mitzi musterte ihn ungläubig – selbstsicher stand er da, lachte, machte Witze und schüttelte Hände. Troy Haley war einfach viel zu jung. Nicht dass sie etwas gegen junge Leute
im Allgemeinen gehabt hätte, natürlich nicht! Sie war seit jeher stolz auf ihr jugendliches Aussehen und ihre modernen Ansichten gewesen und umgab sich gern mit jüngeren Leuten. Sie bewunderte deren Optimismus und bedauerte sie zugleich für ihr Pech, sich im momentan so unsicheren Klima den Weg ins Erwachsenenleben erkämpfen zu müssen.
    Gegenüber der jungen Generation von heute hatte sich Mitzi immer als doppelt begünstigt und enorm im Vorteil gesehen. Auf ihre sichere und geborgene Kindheit in den 1950er-Jahren war die sagenhafte Freiheit eines Teenagers in den Sechzigern gefolgt. Heute war alles so streng und verbissen – irgendwie beängstigend für die jungen Leute. Ihr umfassendes Mitgefühl für die Jugend konnte sie allerdings nicht davon ablenken, dass Troy Haley auf jeden Fall viel zu unreif war, um irgendwo eine leitende Position zu bekleiden. Wahrscheinlich war er im gleichen Alter wie ihre Töchter.
    Der Gedanke ließ Mitzi zusammenzucken. Ihre Töchter Lulu und Doll waren kaum imstande, ihr eigenes Leben zu regeln, geschweige denn die finanziellen Transaktionen einer stark frequentierten Bankfiliale. Und doch hatte jemand in seiner geballten Wirtschaftsweisheit diesem Grünschnabel Gelegenheit gegeben, mit den Leben und Konten Hunderter Kunden Gott zu spielen.
    Natürlich wusste Mitzi nur zu gut, dass Troy Haley ein Aufsteiger auf der Überholspur war. Sie hatte den Ausdruck oft genug gehört, seit vor einem Monat aus heiterem Himmel seine Ernennung verkündet worden war – zusammen mit ihrer Frühpensionierung. Rasch hatte sie begriffen, dass es im Branchenjargon so etwas bedeutete wie »Betriebswirt mit massenhaft Qualifikationen, aber ohne jeden Schimmer von der Praxis«.

    Musste sich denn heutzutage keiner mehr langsam die Karriereleiter emporarbeiten? Seinen Beruf Stufe für Stufe erlernen? Musste man sich eine Beförderung nicht mehr verdienen, ebenso wie das nötige Wissen, Würde und Respekt – und was war Troy überhaupt für ein Name für den Filialleiter einer Bank?
    Mitzi biss sich auf die Unterlippe und hätte beinahe über sich selbst gelacht. Fast wäre sie ins Lager der Miesmacher übergelaufen, ausgerechnet sie, die so stolz auf ihre lockere Lebenseinstellung und ihre Gelassenheit war. Gelassenheit war schön und gut, wo sie hinpasste, doch wenn es ums eigene Überleben ging, sah die Sache völlig anders aus.
    In den dunkler werdenden Fenstern der Bank erblickte sie ihr Spiegelbild, auf das die Glaselemente der Kronleuchter schmeichelhafte kleine Schatten warfen. Schick und gepflegt und mit ihrer in mehreren Schattierungen von Dunkelrot schimmernden modischen Fransenfrisur sah sie doch bestimmt nicht so alt aus wie jemand, der demnächst in den Ruhestand ging. Trugen Ruheständler nicht am liebsten Grau und Beige?
    War es das dann also gewesen? Das Ende ihres bisherigen Lebens? Blieben ihr jetzt nur noch Nachmittagsfernsehen und Rentnerclubs?
    »So ist es schön! Lächeln!« Ein junges Mädchen vom Winterbrook Advertiser drückte nur wenige Zentimeter neben Mitzis Gesicht auf den Auslöser ihrer Kamera. »Möchten Sie auch eines von Ihnen und Troy zusammen?«
    »Eher nicht, vielen
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