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Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey
Autoren: Jack Womack
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liquidieren«, sagte er. »Das garantiere ich Ihnen.«
    »Judy hat vor einiger Zeit auch einiges garantiert …«
    »Wie auch immer, ich bin auf jeden Fall nicht Judy. Ich bin noch nicht sicher, was wir mit Ihnen machen, aber Madam wird nichts davon erfahren, und selbst wenn, dann wird sie sich nicht darum kümmern. Als ich heute morgen mit meiner Schwester sprach, hielten wir es für klug, ein oder zwei Vorbereitungen zu unternehmen. Croppie sagt, sie hätte ein Zimmer für Sie in ihrer Wohnung. Sie lebt in Bow. Bezaubernde Gegend, und die Verbrechensstatistik sinkt jetzt schon seit zwei Jahren.«
    »Sie arbeitet auch für Dryco?«
    »Gottheit bewahre!« sagte er. »Sie ist eine Künstlerin. Ich denke, daß Sie einiges mit ihr gemeinsam haben.«
    Er blinzelte; wenn ich keine andere Wahl hatte, konnte ich mir schlimmere Möglichkeiten vorstellen. Vielleicht stellte sich Malloy als vertrauenswürdiger heraus, als ich es gegenüber Judy gewesen war. »Danke«, sagte ich. »Ich bin sprachlos …«
    »Das ist gut, denn ich rede gewöhnlich genug für drei oder vier. Gestatten Sie mir, beim Empfang anzurufen und mitzuteilen, daß Ihr Aufenthalt bis heute abend finanziell gesichert ist. Meine Schwester und ich werden gegen sechs zu Ihnen kommen und Sie fortschaffen. Ist Ihnen das so recht?«
    »Ja …« sagte ich. »Mehr als recht. Malloy …«
    »Also bis heute abend«, sagte er und ließ sein Bild verschwinden. »Versprochen.«
    Ich saß noch minutenlang benommen da und war zum ersten Mal dankbar dafür, daß Drycos linke Hand niemals wußte, was die rechte gerade tat. Als ich endlich sicher war, nicht mehr zu schlafen, schaltete ich den Telekom aus. Ich ging ins Badezimmer und drehte den Hahn auf, als ich beschloß, zu baden und meinem Körper zu erlauben, sich genauso treiben zu lassen, wie mein Geist es gegenwärtig tat. Da ich durch das Fenster unsichtbar war, öffnete ich es weit, atmete den Eukalyptusduft ein und reinigte meine Nase von übriggebliebenem Ruß. London würde in der Regel nicht viel schlimmer sein als New York, dachte ich, als ich die steigende Wasseroberfläche mit Badesalzen bestreute. Als ich fensterblickte und meinen Bademantel abstreifte, bemerkte ich einen seltsamen Geruch, für den ich zuerst die Salze verantwortlich machte; ein strenger chemischer Geruch wie der, der konservierten Früchten anhing. Ich drehte mich um und sah John hinter mir, der die Badezimmertür abschloß.
    »Zeit zur Abreise, Iz«, sagte er und stützte sich auf sein schlechtes Bein. Seine Nase wurde von einem Mullverband gehalten, der um seinen Kopf gewickelt war; seinen Wangenknochen hatte er nicht behandelt, sondern lediglich die Verletzung übermalt. Ich hatte nicht gehört, wie mein Mann das Bad oder die Wohnung betreten hatte; er hatte sich auch schwerverletzt so leise bewegt, wie wenn er gesund war.
    »Was ist gewollt, John?« fragte ich und bandagierte mich mit einem Handtuch; ich griff hinter mich und stellte das Wasser ab. Mein Mann stand reglos da, streichelte meine Hände mit seinen und zeigte kein Anzeichen der Drohung.
    »Dich sehen, Iz«, sagte er. »Wir haben gestern nacht kaum gesprochen.«
    »Bitte geh hinaus, bis ich mich angezogen habe«, sagte ich. »Bitte …«
    »Die Familie hält immer zusammen«, sagte er, »aber du hättest mich zurücklassen sollen, Iz. Das wäre besser gewesen.«
    »Ich konnte nicht«, sagte ich. »Bitte, John, eine Minute, nicht mehr …«
    »Wir reden nicht mehr, Iz«, sagte er, zog sein Rasiermesser aus der Tasche und klappte es auf. »Ich war eine Zeitlang wieder ganz. Dies hat mich zerrissen …«
    Seine Augen verschleierten sich so sehr, daß er blind aussah; als er sprach, artikulierte er mit Kinderstimme: furchtsam, auf Zustimmung bedacht und kurz vor dem Wutausbruch. Sonnenlicht glänzte auf dem Metall des Rasiermessers; ich wandte den Blick ab, hoffte etwas zu entdecken, das ich zur Ablenkung benutzen könnte. Nur seine hängenden Mundwinkel deuteten an, daß er mir noch nicht drohte; ich zwang mich zur Ruhe, solange er bewaffnet war.
    »Verstanden«, sagte ich und schlang die Arme um mich. »Läßt du mich jetzt anziehen?« Er nickte, und ich hob meinen Bademantel auf, verbarg mich im Stoff, während er zusah; vielmehr starrte, als beobachtete er, was in meinem Kopf war, als wäre ich durchsichtig geworden. »Sprich, John. Sprich alles aus.«
    Er nahm meine rechte Hand in seine linke und streckte meinen Arm in voller Länge aus; er hob sein Rasiermesser und ließ es
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