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49 Stunden

49 Stunden

Titel: 49 Stunden
Autoren: Amanda McLean
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Freitagabend
    ››Habe ich`s mir doch gedacht, dass ich dich noch hier anfinde‹‹, hörte Mary eine tiefe Stimme und blickte auf.
    Dillon Bradley stand in der Tür zu ihrem Büro und lächelte sie warm an. Der Staatsanwalt war Anfang vierzig und gut aussehend mit dichtem schwarzem Haar und einem verschmitzten Lächeln, das er im Gerichtssaal gut zu verbergen wusste.
    ›› Ja, du hast mich ertappt‹‹, lächelte Mary zurück. Sie war mit ihren 38 Jahren Richterin am Chicagoer Gericht und saß wie beinahe jeden Abend noch nach allen anderen an ihrem Schreibtisch.
    Es war schwer, sich von der Arbeit loszureißen, wenn doch so viel zu tun war, wo doch so viel Verantwortung auf ihr lastete. Den Gedanken daran, dass sie wieder einmal nicht zuhause gewesen war, um ihrer Tochter einen Gute-Nacht-Kuss zu geben, schob sie beiseite.
Katie war es gewöhnt, sie hatte eine liebevolle Nanny, die sich um sie kümmerte. Mary wusste also, dass sie in guten Händen war; vermissen tat sie sie trotzdem.
    ›› Ich habe hier noch einen letzten Fall vor dem Wochenende für dich. Eine ganz eindeutige Sache, eigentlich könnte ich die Akte auch gleich wieder mitnehmen, denn das Schwein verdient es nicht, auf Kaution freizukommen. Du brauchst also nur den Antrag abzuweisen und uns allen einen Gefallen damit tun.‹‹
    ›› Dillon, wie lange kennst du mich nun schon?‹‹
    ›› Etwa sechs Jahre, warum?‹‹
    ›› Dann solltest du eigentlich wissen, dass ich an jeden Fall sehr gewissenhaft heran gehe. Nun gib mir schon die Akte.‹‹
Sie streckte eine Hand nach Dillon aus und er übergab sie ihr widerwillig.
    ›› Du hast ja Recht‹‹, sagte Dillon und lächelte sie an. ››Genau wegen deiner Gewissenhaftigkeit und deiner Sorgfalt schätze ich dich ja so.‹‹
    Mary fühlte kurz ein wohliges Gefühl in sich aufsteigen. Die meisten Anwälte und sonstigen Mitarbeiter am Gericht hatten große Achtung vor ihr und vergaßen vor lauter Respekt oft, dass sie auch eine ganz normale Person war. Einzig Dillon behandelte sie wie eine Frau, flirtete hin und wieder mit ihr, und sie war dankbar.
    ›› Gehst du jetzt nach Hause?‹‹, fragte sie ihn.
    ›› Ich mache jetzt auf jeden Fall Feierabend. Aber vielleicht werde ich mir noch einen Drink genehmigen. Hast du Lust mitzukommen?‹‹
    Mary sah auf ihre Armbanduhr. Sie zeigte bereits 22:13 Uhr an.
››Nein, tut mir leid.‹‹ Sie schüttelte den Kopf. ››Ein anderes Mal gerne, aber ich muss machen, dass ich nach Hause und ins Bett komme. Ich habe den morgigen Tag ganz Katie versprochen.‹‹
    Dillon sah sie überrascht an. ››Was? Mary Walters nimmt sich den Samstag frei? Das glaube ich ja nicht! Wer sind Sie und was haben Sie mit Mary gemacht?‹‹, zog er sie auf.
    ›› Ob du es glaubst oder nicht, ich werde das ganze Wochenende keinen Fuß ins Gerichtsgebäude setzen. Ich muss auch mal ein wenig Zeit mit meinem Kind verbringen, das ist längst überfällig, sonst vergisst sie noch, wer ich bin.‹‹
    Dillon kam auf sie zu. ››Du bist eine tolle Mom. Du tust all das nur für sie, eines Tages wird sie es verstehen.‹‹
    Mary hatte einen Kloß im Hals, den sie verzweifelt versuchte herunterzuschlucken.
››Danke, Dillon. Du bist ein guter Freund.‹‹
    Dillon sah ein wenig enttäuscht aus. Sie hatte längst bemerkt, dass er mehr für sie empfand als nur Freundschaft, doch sie hatte sich vor Jahren, nach der Scheidung von Glenn, geschworen, sich mit keinem Mann mehr einzulassen. Sie hatte Katie und ihre Arbeit, damit war sie mehr als ausgelastet.
    ›› Hab ein schönes Wochenende, du hast es dir verdient. Und grüße Katie bitte von mir‹‹, sagte Dillon nun und hauchte ihr einen leichten Kuss auf die Wange.
    ›› Werde ich‹‹, sagte sie und steckte die Akte in ihre Aktentasche. Das war ganz normal, es war in den letzten Jahren kaum ein Tag vergangen, an dem sie sich keine Arbeit mit nach Hause genommen hatte.
    Die beiden verabschiedeten sich draußen vor dem Gebäude und Mary winkte sich ein Taxi herbei. Ihre Wohnung lag nicht weit entfernt am Lakeshore Drive, im vierundzwanzigsten Stockwerk eines dieser modernen Appartementhäuser mit Wachschutz und mit Blick auf den Lake Michigan.
Innerhalb weniger Minuten war sie da.
    ***
    Er sah ihr dabei zu, wie sie ins Taxi stieg und blickte ihr und dem davon fahrenden Wagen nach. Sie war wirklich eine wunderbare Frau, intelligent, schön und grazil. Ein bisschen streng vielleicht und in sich
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