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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass
Autoren: Harry Kemelman
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Wikinger genannt habe?»
    «Akiva. Akiva Rokeach.»
    «Ja, das ist er. Er schien irgendwie Schwierigkeiten zu haben. Ich sah ihn so deutlich, wie ich Sie jetzt sehe.»
    «Was für Schwierigkeiten?»
    Der rebbe zuckte die Achseln. «Sie wissen ja, wie das mit den Träumen so ist. Also las ich eine Weile und schlief schließlich wieder ein. Als ich heute Morgen erwachte, ging es mir gut. Wahrscheinlich durch das Schwitzen nach dem Aspirin und dem heißen Tee.»
    «Ganz zu schweigen von dem Whiskey.»
    «Selbstverständlich, auch der Whiskey.» Der rebbe zeigte ein strahlendes Lächeln. «Ich möchte wissen, wie’s ihm geht, unserem jungen Wikinger.»

53
    «Warum beten Sie nicht gelegentlich mal selber vor, Rabbi?», fragte ihn Joshua Tizzik. «Dann dauert es wenigstens nicht so lange.»
    Rabbi Small grinste über die säuerliche Miene seines Begleiters. «Das tue ich ja. Sehr häufig sogar. Sie kommen eben nicht oft genug.»
    Die beiden schlenderten nach der Abendandacht über den Parkplatz. Obwohl es schon beinahe acht Uhr war, bot der hereinbrechende Abend kaum Erleichterung von der Hitze des Augusttages.
    «Ich gebe ja zu, dass ich nicht oft komme, fast nur, um den Kaddisch zu sagen – für meine Mutter diesmal, sie ruhe in Frieden. Aber wenn ich komme, betet eigentlich immer Chester Kaplan vor.»
    «Nun, diesmal hat er nicht vorgebetet.»
    «Na schön, diesmal war’s sein Schwiegersohn. Wissen Sie, ich hab ja nichts gegen den jungen Aptaker, aber es sieht so aus, als wollte Kaplan das Amt in der Familie behalten, wie ein Monopol.»
    «Mr. Kaplan hat nichts damit zu tun», sagte der Rabbi. «Ich selbst habe Arnold gestern Abend angerufen und ihm den Vorschlag gemacht. Heute ist nämlich ein besonderer Anlass, wissen Sie.»
    «Ja, ja, ich weiß – das neue Baby.»
    «Und er hat äußerst zögernd zugesagt, möchte ich hinzufügen», sagte der Rabbi. «Ich musste ihn regelrecht überreden.»
    Tizziks Gesicht verzog sich zu einem säuerlichen Lächeln. «Das kann ich verstehen. Ich bin kein Fachmann, aber ich hatte den Eindruck, dass er ein paar Mal stolperte. Und dann hat er so langsam gelesen, als machte er das zum ersten Mal. Vielleicht ist Kaplan deswegen weggeblieben. Weil er ihn nicht in Verlegenheit bringen wollte.»
    «Mr. Kaplan ist geschäftlich verreist, wie ich hörte», entgegnete der Rabbi.
    «Wirklich? Aber heute ist doch Mittwoch.»
    «Was hat das damit zu tun?», fragte der Rabbi.
    «Am Mittwoch ist doch bei Kaplan Empfang.»
    «Ach, macht er das immer noch? Dann wird er wahrscheinlich rechtzeitig wieder zu Hause sein. Nehmen Sie auch immer noch daran teil, Mr. Tizzik?»
    «Hin und wieder. Meine Frau und ich gehen jetzt, wo’s für Senioren nur einen Dollar kostet, öfter ins Kino. Außerdem sind diese Empfänge auch nicht mehr das, was sie mal waren.»
    «Ach?»
    «Aber das war ja zu erwarten», erklärte Tizzik. «Zuerst gibt es immer ‘ne Menge Begeisterung, und dann verläuft alles mehr oder weniger im Sande. Und dieser Rabbi Mezzik, der ja viel damit zu tun hatte, kommt auch nicht mehr her. Hat ein Amt im Norden von New York übernommen, wie ich gehört habe. Und diese letzte Klausur, die Chester organisiert hatte, war auch nicht gerade eine Hilfe.»
    «Tatsächlich? Was ist passiert?» Der Rabbi zeigte sich interessiert.
    «Haben Sie nichts davon gehört?» Tizzik fragte es ungläubig. «Ich war natürlich nicht dabei, aber ich hab’s von Bob Wiseman. Ein kompletter Reinfall, Rabbi. Es war das Wochenende vom 4 . Juli und wahrscheinlich das erste Mal, dass sie im Sommer da oben waren. Laut Wiseman, der an den meisten anderen Klausuren auch teilgenommen hat, war das Schönste an diesem Platz, dass es so still und friedlich dort war. Die anderen Klausuren hatten natürlich alle im Herbst stattgefunden, nach dem Labor Day. Nun ja, anscheinend ist es im Sommer da oben wie im Irrenhaus, vor allem an den Wochenenden. Um den ganzen See herum stehen überall Häuser, und in jedem einzelnen gibt es, wie Wiseman sagte, mindestens ein Sportmotorboot oder wenigstens eines mit Außenborder. Die brummten ununterbrochen über den See, den ganzen Tag lang, dass man sein eigenes Wort nicht verstehen konnte. Und abends war es noch schlimmer, weil da die Radios und Plattenspieler voll aufgedreht Rockmusik dudelten. Deswegen hat die katholische Kirche das Camp auch nicht mehr als Sommerlager für ihre Kinder haben wollen. Einige von den Teilnehmern sind schon am nächsten Tag zurückgekommen.»
    «Das ist
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