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Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Titel: Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht
Autoren: Jon Ewo
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nicht wahnsinnig in der Art, wie ich es war. Sondern total verrückt. Ein Pyromane. Einer, der geistig krank war. Einer, der nicht für sich selbst sorgen konnte.
    Wir fuhren zum Tiplinger Polizeirevier, während die Feuerwehrwagen kamen, um den Brand zu löschen. Obwohl es bereits zu spät war. Die weiß gestrichenen Geräte waren nur noch stinkende Kohle und Glut.
    Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was bei der Polizei geschah. Nur vage weiß ich noch, dass ein Polizeibeamter versuchte, mich auf freundliche Art und Weise darüber zu befragen, was denn passiert war. Ich weiß, dass ein Psychologe dort war. Ich erinnere mich noch verschwommen an eine Tasse Kaffee   – etwas Warmes in der Hand   – der beste Kaffee, den ich jemals getrunken habe.
    Was ich noch am besten erinnere, ist, dass mein Vater kam. Das heißt, ich erinnere mich nicht daran, dass er gekommen ist oder dass wir zusammen weggefahren sind oder was gesagt wurde. Ich erinnere nur noch seinen Blick   – diesen wütenden, verletzten, resignierten, ängstlichen, enttäuschten Ist-das-mein-Sohn-Blick   –, der sich für alle Zeiten auf der Innenseite meiner Augen eingebrannt hat.
    Es war dieser Blick, der mich zu einer Maus gemacht hat. Von da an lag wirklich ein Fluch auf mir. Ein Fluch, der mich in eine Maus verwandelte. Vaters Blick ließ mich alles glauben, was der weiß gestrichene Bock gesagt hatte. Ich hatte verloren, verloren und noch mal verloren. Und niemals gewonnen. Und würde nie gewinnen können. Und würde niemals irgendwann und irgendwo etwas gewinnen können.
    Und so ist alles gewesen.
     
    Freundliche Grüße
    Bud Martin
     
    PS: Ich habe nur gehofft, dass ich irgendwann dort herauskommen würde. Und daraus hat sich alles so ergeben. Ich bin nicht wahnsinnig. Nicht mehr.
     
    Jerry schaut mich nicht an. Aber er wartet ab. Ich gebe ihm das eine und andere Signal. Und er klickt auf »Abschicken«. Und damit ist es vollbracht.
    »Jetzt ist es vorbei«, sagt er. »Jetzt kannst du aufatmen.«
    Und merkwürdigerweise spüre ich den Unterschied.

12.   BUD WIRD XXL
    Das muss der Tag sein, an dem sich tausend Anglerlateingeschichten um mich versammelt haben. Tausend unerwartete Geschichten, Sprüche und Dinge-die-nicht-passieren-sollten passieren trotzdem.
    Ich schwöre, es ist wahr.
    Ich habe inzwischen den Überblick verloren, wie oft ich das schon gesagt habe.
    Aber ich schwöre es dennoch.
    Es passiert nicht Schritt für Schritt, so wie die erste Frühlingssonne morgens dein Gesicht trifft und du spürst, wie Haut und Seele langsam auftauen. Das ist eher wie eine Lawine in mir. Eine ganze Steinlawine kippt zur Seite. Rollt weiter nach draußen. Trägt tausend Millionen kleiner und großer Steine mit sich. Und dort, wo die Steine sich aufgetürmt hatten, da kommt ein Loch zum Vorschein. Und jetzt bewegt es sich in dem Loch. Etwas, das aussieht wie eine Maus, streckt sich und reckt sich. Schüttelt die dünnen Beine und bewegt die Zehen. Beugt den Rücken und bewegt die Finger. Und dann erhebt sich die Maus. Wird größer und größer. Das, was zuerst aussah wie eine Maus, ist jetzt ein Riese. Ein gewaltiger Riese von einer gigantischen Person, die Bud XXL Martin heißt.
    Das ist ein befreiendes, merkwürdiges Gefühl. Ich muss aufstehen und meinen Körper spüren.
    Ich habe das Gefühl, als wäre ich zwei Monate lang in eng anliegendem Plastik eingepackt gewesen, ohne mich bewegen zu können. Und jetzt, endlich, kann ich mich nach Lust und Laune strecken und spüre sogar, dass ich in dem Plastik noch gewachsen bin.
    All diese Gefühle drängen sich mir auf und ich schwöre, dass ich während dieser Momente noch ein paar Zentimeter wachse. Ich schwöre außerdem, dass ich leider auch ein paar Zentimeter um den Bauch herum wachse, während das passiert.
    Ich muss aufpassen, nicht bis an die Decke zu wachsen. Meine Kellerwohnung wirkt deutlich kleiner, ich brauche mehr Raum und Licht, also gehe ich hinaus, mit Jerry auf den Fersen, und spüre, wie Musik, Tanz und der Rhythmus in mich eindringen und zu einem Teil meiner Muskeln werden.
    Ich drehe und winde mich, tanze und schaue das Haus an, das schwingt und tänzelt, während die Mädchen damit beschäftigt sind, die Farbe ans Haus zu schmeißen. Ich sehe meinen Vater, der auf dem Dach tanzt, und entdecke meine Mutter, wie sie zwischen den Schornsteinen herumturnt. Ich starre alles an, das so schön herumhüpft wie ein frisch gestrichenes Karussell, und ich wachse zu einer wilden
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