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Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Titel: Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht
Autoren: Jon Ewo
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Werkstatt stehen, in der ich einmal arbeiten sollte. Und er würde vor meiner Kellerwohnung stehen und weiß und eklig grinsen.
    Das weiß gestrichene Monstrum würde mich für den Rest meines Lebens verfolgen.
    Ich bekam ihn einfach nicht aus dem Kopf.
    Auch nicht, als ich im Umkleideraum saß. Oder den Schulhof verließ. Oder als ich in der Aula saß und mir die Abschiedsrede des Schulleiters für dieses Jahr anhörte. Oder als ich nach Hause ging. Oder als ich ins Bett gehen wollte.
    Ich war kurz vorm Durchdrehen und wusste, wenn ich die Gardine zurückzog, würde der Bock strahlend weiß da draußen in der Sommernacht stehen.
    Und dann übernahm der Wahnsinn das Ruder. Der Bock stand für alles Böse und Gefährliche in der Welt. Hinter dem Bock   – tief in dem Weiß   – lauerte das Böse an sich und etwas, das mich für den Rest meines Lebens dirigieren wollte.
    Es hieß nur noch: der Bock oder ich!
    Und ich hatte nicht vor aufzugeben.
    Ich kann es nicht anders beschreiben, als dass mich dieseWahnvorstellungen verfolgten und ich das auch wirklich glaubte. Wie ein Schlafwandler zog ich mich an, holte eine Zweiliterkanne mit Brandbeschleuniger, die mein Vater zum Grillen benutzt, und ging zur Schule zurück.
    Der Bock oder ich. Der Bock oder ich.
    Ich wusste, dass der Hausmeister normalerweise die Fenster in der Sporthalle im ersten Stock auf Kipp stellte, um den Schweiß und die Käsefüße auszulüften. Ich brauchte nur eine Leiter, um hineinzukommen.
    Und dadrinnen in der Dunkelheit stand der weiße Bock zusammen mit seinen anderen weiß gestrichenen Kumpanen und lachte mich aus.
    Jetzt war ich ein wahnsinniger Mann.
    Hatte wahnsinnige Kräfte in mir.
    Dachte wahnsinnig.
    Ohne es selbst zu merken.
    Ich ging zu den großen Doppeltüren, die von der Turnhalle zum Sportplatz hinter dem Gebäude führten.
    Mit wahnsinnigen Kräften schob ich den Bock, das Pferd und all die anderen weiß angemalten teuflischen Geräte auf den Hof.
    »Das traust du dich nicht«, zischte mir der Bock zu.
    »Du bist ein Weichei, Bud Martin«, fauchte das Pferd.
    »Gleich wirst du nach Hause laufen, aber dann kommen wir hinter dir her und werden dich für den Rest deines Lebens heimsuchen«, klapperten die Sprungbretter boshaft und weiß im Halbdunkel.
    »Haltet das Maul!«, antwortete ich kalt und begoss sie mit dem Brandbeschleuniger.
    Da fingen sie an zu betteln und zu jammern. Sie flehten mich an, es nicht zu tun.
    »Fresse!«, antwortete ich kalt und stellte die leere Kanne auf den Bock.
    Da versuchten sie mir einzureden, dass mich ein Fluch verfolgen würde, wenn ich das hier zu Ende brächte. Ich würde nie wieder eine ruhige Minute haben. Stattdessen würde ich zu einer Maus tief hinten in einem engen Mauseloch werden.
    »Fresse!«, wiederholte ich kalt und zündete ein Streichholz an.
    Da wurde es ganz still da draußen auf dem Sportplatz. Nur der Wind war noch zu hören. Leichter Sommerwind mit einem Hauch von Stahl. Ein kalter Luftzug von Norden, der mir durch die Kleidung fuhr, während ich die weiß angestrichenen Geräte zum letzten Mal vor mir sah.
    Dann warf ich das Streichholz.
    Warf es direkt auf den Bock.
    Mir schien, als sähe ich ein letztes Aufblitzen scharfer Zähne   – nicht unähnlich denen in einem Fischmaul   –, bevor die Flammen hochschossen und alles in sich aufnahmen.
    Es brannte explosiv und zischend. Doch das war ein Feuer ohne Hitze. Kaltes, eiskaltes Feuer, das von einem kalten, eiskalten Wind angefacht wurde. Das war das Feuer eines Scheiterhaufens, das da zum Himmel stieg und mitten auf dem Platz knisterte.
    Aber ich war wahnsinnig und spürte nur Freude. Ich war zum ersten Mal seit vielen Monaten wieder froh. Ich glaubte an keinen Fluch. Glaubte nur, dass ich jetzt, jetzt JETZT ENDLICH gewonnen hatte.
    Bis sich eine harte Hand auf meine Schulter legte und mich brutal herumdrehte.
    Eine harte Hand, gefolgt von mehreren harten Händen, die mich auf den Boden warfen und mir die Hände auf denRücken drehten. Harte, kalte Hände, die mir kalte, harte Handschellen umlegten. Aber da ich keinen Widerstand leistete, wurden die Hände sanfter. Und die sanften Hände zogen mich wieder hoch.
    »Wir sind von der Polizei«, sagte eine Stimme. »Du bist festgenommen. Verstehst du, was ich sage?«
    Und da wurde mir klar, dass diese Stimme das bereits mehrere Male gesagt hatte. Wieder und immer wieder die gleichen Worte, und der Mann hinter der Stimme glaubte offenbar, dass ich verrückt war   – aber
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