Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Titel: Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht
Autoren: Jon Ewo
Vom Netzwerk:
einer Wolke versteckt. Aber etwas weniger Hitze ist gar nicht schlecht bei der Arbeit, weshalb sie niemand vermisst.
    Und dann geht mein Vater plötzlich zu Jerry, drückt ihn heftig an sich und sagt, dass alles vergeben und vergessen ist. Und dann kommt meine Mutter und drückt und küsst ihn und Jerry wird rot und sagt grinsend: »Na, da nicht für.«
    »Doch«, erwidert mein Vater. »Es war eine geniale Idee von dir, die Tigers zu diesem Job zu überreden. Wenn ich gewusst hätte, dass du diesen Plan im Hinterkopf hast, dann wäre ich ja nie sauer geworden.Jetzt kann dieser   …« Er hält inne, bevor aus ihm herausrutscht, dass der mürrische Schwiegervater jetzt doch denken soll, was er will.
    »Wir ziehen einen Schlussstrich darunter«, erwidert Jerry großzügig.
    »Oh ja, einen ganz dicken Strich«, stimmt mein Vater zu.
    »Es kann ja wohl nicht so schwer sein, einfach weiterzumachen, nicht wahr?«, erklärt Jerry glücklich und zwinkert mir zu.
    »Und die Mädchen haben ja gleich ein richtiges Training durch das Hausstreichen«, fügt meine Mutter hinzu. »Ich hoffe nur, dass sie sich hinterher gut dehnen.«
    Und die Stimmung ist so toll, dass es mich gar nicht stört, dass er dafür gelobt wird, dass er die Mädchen angeheuert hat. Ist schon in Ordnung. Alle tanzen, amüsieren sich, malen und man sieht direkt, wie das Haus mit jeder Minute weiter fertig wird. Es ist magisch. Fast, wie von einem Hecht gebissen zu werden. Irgendwie dürfte so etwas auf der Welt gar nicht passieren. Zumindest nicht mir. Doch es passiert.
    »Was ist denn hier los?«, fragt eine Stimme hinter mir.

9.   ERSTER ABSCHIED
    »Selma!« Ich zucke zusammen, sie war mir total entfallen.
    Sie steht mit einem Koffer in der Hand da undschaut sich verwundert die Aktivitäten um uns herum an. Ich hatte ganz vergessen, dass es sie gibt. Dass sie abreisen soll. Dass sie hinaus soll, ihren Traum zu finden und Teil ihres Traums zu werden. Was mich sofort wieder unglaublich traurig macht.
    Sie sieht mich und Jerry an, der um die Mädchen und alles herumwieselt, und dann lässt sie ihren Koffer fallen und wirft sich mir in die Arme. »Ich will nicht wegfahren!«, schluchzt sie. »Ich will hierbleiben   – sicher und geborgen   –, mit dir jeden Abend im Wartehäuschen sitzen und niemals von Tipling weggehen.«
    Am liebsten würde ich antworten, dass sie natürlich hierbleiben soll. Sicher und geborgen im Wartehäuschen, zusammen mit mir.
    Doch stattdessen fauche ich sie an und schiebe sie auf Armlänge von mir: »RED KEINEN QUATSCH! Warst du es nicht, die mir in der Fat-Vorspiel-Show zu verstehen gegeben hat, dass man etwas wagen soll, Selma? Also, fahr los und wage es! Wage alles!«
    »Nur wenn du versprichst, es auch zu tun«, sagt sie.
    »Ja, ja klar«, antworte ich ausweichend.
    »Versprichst du das?«, fragt sie und nimmt meinen Kopf in beide Hände. »Versprichst du?«
    Ich versuche wegzugucken. Meine Augen wollen ihren nicht begegnen. Aber sie bohrt ihren Blick in meinen und ich nicke schwach und antworte: »Ich verspreche es.«
    »Okay«, sagt sie. »Ich komme zurück. Entweder als Verliererin. Oder als Gewinnerin. Aber irgendwas wird schon draus werden.«
    Sie sucht mit ihrem Blick nach Jerry.
    »Er ist total gaga«, sage ich.
    »Mmm«, entgegnet sie und lächelt leicht. Es ist ein ganz leichter wehmütiger Ton in den Mmms herauszuhören. Sie lässt mich neben dem Koffer stehen und schnappt sich Jerry. Der sich kaum fangen lässt. Er kann fast nicht still stehen. Doch dann sieht er, dass es Selma ist, und drückt sie lange und fest an sich.
    Er will sie auch küssen. Aber sie gibt ihm nur die Wange.
    Sie steht etwas unbeholfen da. Streicht ihm über die Wange. Gibt ihm ein Küsschen. Und sieht, wie gaga und wild er ist. Und dass er vielleicht gar nicht gefangen werden kann. Jerry ist vielleicht einer dieser Vögel, die am besten in der Freiheit leben. Und wer es sich als Aufgabe stellt, ihn zu fangen, der wird enttäuscht werden.
    Ich glaube, sie denkt so etwas in der Art, während sie ihn noch einmal streichelt, bevor sie sich losreißt, den Koffer schnappt, mir im Vorbeilaufen noch eine Kusshand zuwirft und dann zur Haltestelle läuft, um den Bus zu erwischen.
    Jerry schaut ihr lange nach. Einige Sekunden lang erwarte ich fast, er könnte hinter ihr herlaufen oder etwas rufen. Weil sein Mund schon Anstalten macht.
    Doch dann wird er von dem Rhythmus und dem Tanz und all den malenden Mädchen um sich herum wieder eingefangen. Und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher