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Phönix

Phönix

Titel: Phönix
Autoren: Steven Brust
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LEKTION
VERTRAGSVERHANDLUNGEN
     
     
    Vielleicht liegt es ja an mir, aber wenn alles schiefläuft – deine Frau dich verlassen will, sämtliche deiner Vorstellungen von dir selbst und der Welt umgeworfen werden, alles, worauf du vertraut hast, in Frage gestellt wird –, scheint mir, daß nichts so angenehm ablenkt wie jemand, der dich umzubringen versucht.
    Ich befand mich in einem unansehnlichen, eingeschossigen Holzgebäude in Süd-Adrilankha. Wer auch immer mich da umbringen wollte, er war ein besserer Zauberer als ich. Ich hockte im Keller hinter den Überresten einer Backsteinwand, nur gute vier Meter vom Treppenaufgang entfernt. Wenn ich den Kopf nochmal durch die Tür steckte, konnte er ohne weiteres weggeballert werden. Ich nahm mir vor, so bald wie möglich nach Verstärkung zu rufen. Außerdem nahm ich mir vor, mich so bald ich konnte von hier wegzuteleportieren. Es sah aber nicht so aus, als wäre eines von beidem in absehbarer Zeit möglich.
    Aber ich war nicht hilflos. Gerade in Zeiten wie diesen kann ein Hexenmeister sich immer auf die Unterstützung seines Vertrauten verlassen. Der meine ist ein Jhereg – ein kleines, giftiges Flugreptil, dessen Gedanken psychisch mit meinen verbunden sind und der darüber hinaus tapfer, loyal, vertrauenswürdig –
    »Wenn du glaubst, ich flieg da raus, Boß, dann hast du sie nicht alle.«
    Also gut, nächster Vorschlag.
    Ich baute einen so guten Schutzzauber auf, wie ich konnte (also nicht sehr), dann holte ich ein paar Wurfmesser aus meinem Umhang, das Rapier aus dem Leder und in dem klammen Kellermief tief Luft. Ich sprang nach links weg, rollte mich ab, ging in die Knie, warf alle drei Messer gleichzeitig (und traf natürlich nichts, darum gings aber auch nicht) und rollte weiter. Jetzt war ich erstmal von der Treppe nicht mehr zu sehen – der Quelle der Angriffe und zugleich dem einzigen Ausweg. Das Leben, ist mir aufgefallen, ist oft so. Loiosh flatterte herüber und gesellte sich zu mir.
    Sachen zischten durch die Luft. Zerstörerische Sachen, aber die sollten mich wohl nur wissen lassen, daß der Zauberer noch da war. Nicht, daß ich es vergessen hätte. Ich räusperte mich. »Können wir verhandeln?«
    Das Mauerwerk vor mir fing zu zerbröseln an. Ich sagte einen schnellen Gegenzauber auf und begnügte mich mit dieser Antwort.
    »Na dann, Loiosh, irgendwelche guten Ideen?«
    »Frag doch mal, ob sie aufgeben, Boß.«
    »Sie?«
    »Ich habe drei gesehen.«
    »Ach. Tja, sonst noch Vorschläge?«
    »Hast du schon versucht, deinen Sekretär um Hilfe zu bitten?«
    »Ich kann ihn nicht erreichen.«
    »Und Morrolan?«
    »Schon probiert.«
    »Aliera? Sethra?«
    »Das gleiche.«
    »Gefällt mir nicht, Boß. Daß Kragar und Morrolan ausgeblendet sind, mag angehen, aber –«
    »Ich weiß.«
    »Können die wohl das Psionische blockieren, genau wie Teleports?«
    »Hmmm. Daran habe ich noch nicht gedacht. Ich frage mich, ob es wohl mögl–« Unsere Plauderei wurde von einem Regen scharfer Gegenstände unterbrochen, die zauberisch um die Ecke geschickt wurden, hinter der ich mich versteckte. Inbrünstig wünschte ich mir, ich wäre ein besserer Zauberer, aber mir gelang eine Blockade, während ich mir Bannbrecher, eine sechzig Zentimeter lange, goldene Kette, in die linke Hand fallen ließ. So langsam spürte ich Wut in mir aufsteigen.
    »Vorsicht, Boß. Paß auf, daß –«
    »Ich weiß. Sag mir doch mal, Loiosh: Wer sind die? Ostländer können sie nicht sein, weil sie Zauberei benutzen. Das Imperium kann es nicht sein, weil das Imperium Leute nicht in einen Hinterhalt treibt. Die Organisation kann es nicht sein, weil die sich nicht mit diesem umständlichen, komplizierten Mist abgeben, sondern dich einfach umlegen. Also wer sind die?«
    »Keine Ahnung, Boß.«
    »Vielleicht seh ich sie mir mal etwas länger an.«
    »Mach bloß keinen Unsinn.«
    Darauf erwiderte ich etwas Bösartiges. Inzwischen war ich ernsthaft sauer, und irgendwas würde ich verdammt nochmal unternehmen, Unsinn hin oder her. Ich setzte Bannbrecher in Bewegung und faßte mein Schwert fester. Die Zähne knirschten. Ich sandte ein Gebet an Verra, die Dämonengöttin, und bereitete mich darauf vor, meinen Angreifern gegenüberzutreten.
    Dann passierte etwas Ungewöhnliches.
    Mein Gebet wurde erhört.
     
     
    Nicht, daß ich sie noch nie gesehen hätte. Einmal war ich Tausende Meilen durch übernatürliches Grauen und das Reich der Toten gewandert, nur um ihr einen guten Tag zu wünschen. Und
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