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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam
Autoren: G Neumayer
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ist gleich halb neun!«
    Alex fuhr hoch, kramte das MoPad unter den Klamotten auf dem Boden hervor und ließ das Display aufrollen.
    Es war schwarz. Verdammt!
    Ausgerechnet heute würde er zu spät ins Krankenhaus kommen. Wegen Celie natürlich. Die Sache mit ihr verfolgte ihn auf Schritt und Tritt und er konnte einfach nichts dagegen tun. Nach der Beerdigung war er fest entschlossen gewesen, sich eine Weile nicht zu melden. Und dann hatte er es doch getan. Hatte ihr mindestens zwanzig Skypes geschickt. Aber sie hatte nicht geantwortet. Trotzdem war er so blöd gewesen, alle paar Sekunden auf das MoPad zu starren, ob sie nicht doch vielleicht … Irgendwann letzte Nacht hatte er dann die Nase voll gehabt und das Ding einfach abgeschaltet. Und damit den Wecker gleich mit.
    Und jetzt starrte er schon wieder auf das Display! Jede Menge Meldungen, aber von Celie war nichts dabei. Sie hatte ihr MoPad doch nicht etwa weggeschmissen? Man hörte ja so einiges von diesen Mobilen-Kommunen. Vielleicht waren MoPads da verboten? Andererseits, ganz gleich, wie Celie zurzeit drauf war: Ihr MoPad würde sie niemals abgeben. Das konnte er sich einfach nicht vorstellen. Eher verzichtete sie auf ihren Klarinettenunterricht. Obwohl: Man ging ja gerade zu den Mobilen, um den Toren für immer abzuschwören. Und nach allem, was die Tore ihr genommen hatten, meinte Celie das mit den Mobilen vielleicht wirklich ernst …
    »Alex?«
    Verdammt, jetzt dachte er schon wieder die ganze Zeit an sie!
    »Bin sofort da, Ma!«, rief er. Wo waren denn jetzt wieder seine Strümpfe?
    Es klopfte und seine Mutter kam herein. Sie trug ihre Uniform der Moon Mining Company.
    »Tut mir leid, aber ich muss los. Wir frühstücken morgen wieder zusammen, okay?«
    »Klar.« Alex zerrte zwei neue T-Shirts aus dem Schrank und hielt sie ihr entgegen.
    »Das grüne.« Sie lächelte. »Die alten Frauen werden dich unwiderstehlich finden.«
    Alex lachte. »Die jungen hoffentlich auch. Vor allem Schwester Susmita. Sie macht Hackfleisch aus mir, wenn ich heute zu spät komme. Wo die Ärzte doch alle zu diesem Kongress in Winnipeg beamen.«
    »Und da müsst ihr Praktikanten natürlich die schwierigen Operationen übernehmen.« Sie grinste und warf ihm eine Kusshand zu.
    »Ach ja«, rief sie, schon im Flur, »Yun wartet im Garten auf dich!«
    Alex stöhnte.
    Fünf Minuten später saß er mit dem Müslilöffel in der einen und dem MoPad in der anderen Hand am Küchentisch. Sein E-Agent schlug ihm vor, das neue Buch von Gore Williams zu bestellen, und wies ihn darauf hin, dass die Royal Cornwall Show nur noch bis morgen lief. Das war eigentlich ein Muss für jeden Gartenfan, aber dafür hatte Alex heute echt keine Zeit.
    Alex drückte alles weg bis auf den Kalender. Okay, um neun musste er sich bei Schwester Susmita melden. In zwanzig Minuten. Aber er hatte Yun versprochen, heute Morgen endlich die Läuse an den Apfelbäumen zu entfernen. Vielleicht konnte er das noch ein letztes Mal verschieben, auf heute Abend? Nein, das Essen mit Dad in seinem Lieblingsrestaurant in der Provence konnte er auf keinen Fall ausfallen lassen. Schließlich hatte Dad heute Geburtstag.
    »Ich mag die ekligen Möhren aber nicht!«, plärrte plötzlich ein Kind los.
    Alex hatte gar nicht gemerkt, dass das Holo-Vid lief. Aber die Werbung machten sie ja immer laut genug, um Tote aufzuwecken.
    »Die armen Kinder in Afrika wären froh, wenn sie Möhren hätten«, mahnte nun die Mutter des Kindes. Ihr Sohn strahlte. »Die können sie gern haben! Lass uns doch gleich hinbeamen!« Im nächsten Moment sah man Mutter und Sohn auf einem Dorfplatz irgendwo in Afrika, wo sie die Schüssel mit den Möhren – nach einer unauffällig im Hintergrund ablaufenden Kontrolle auf Krankheitserreger – einem kleinen Jungen überreichten, der übers ganze Gesicht strahlte. Quer über der Szene erschien der weltbekannte Slogan der größten Organisation für die Verteilung von Nahrungsmitteln: »Spread the food!«
    Alex musste grinsen. Als er so klein gewesen war wie der Junge in dem Spot, hatte es noch keine Tore gegeben. Da hieß es: aufessen oder mit dem schlechten Gewissen wegen der armen Kinder in Afrika leben.
    Apropos schlechtes Gewissen: Er musste los!
    Alex stopfte sich den Rest Müsli in den Mund, während die Nachrichten noch einmal auf den starken Sonnensturm hinwiesen, der weiterhin Satelliten und damit auch das GPS lahmlegte. Als Alex aufsprang, lief schon wieder Werbung, und er ging mitten durch das
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