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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam
Autoren: G Neumayer
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Zorn sie wieder mal überwältigt hatte. Seit Alex zum ersten Mal mit erstauntem Entzücken zu ihr gesagt hatte: »Deine Sommersprossen leuchten.« Das war damals auf dem Spielplatz gewesen vor fast zwölf Jahren, als sie die Jungs angeschrien hatte, die Alex’ Förmchen klauen wollten. Sie war so verblüfft über Alex’ Bemerkung und auch verlegen gewesen, dass ihr Zorn auf der Stelle verraucht war. Die Diebe waren entkommen, aber das hatte ihr nichts ausgemacht. Und Alex auch nicht.
    Celie sah auf und begegnete Brigids fassungslosem Blick. Schnell ließ sie die Hand sinken.
    »Du bist ja völlig durchgeknallt!«
    Celie atmete tief durch. Sie war kurz davor gewesen, sich ihrer ärgsten Feindin gegenüber zu verraten!
    »Brigid, hör sofort auf!«
    Die Stimme war nicht laut, aber Brigid fuhr zusammen.
    »Jason! Herrje, du kannst einen vielleicht erschrecken!«
    Celie hörte ein Rascheln, dann stand er auch schon neben ihr. Unwillkürlich richteten sich die Härchen an ihren Armen auf. Sie machte einen Schritt zur Seite und drehte sich so, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte.
    Wie viel hatte Jason gehört?
    »Was ist hier los?«, fragte er.
    Celie beobachtete Jason aus dem Augenwinkel. Seit sie dem Bürgermeister zum ersten Mal begegnet war, fragte sie sich, wie ein auf den ersten Blick so unscheinbarer Mann – mittelgroß, mittelblond, langweilige schwarze Hornbrille – eine solche Autorität ausstrahlen konnte. Wenn er einen Raum betrat, wandte sich ihm jeder sofort zu. Wenn er einen Vorschlag machte, war das schon so gut wie beschlossene Sache. Und wenn er einen stirnrunzelnd ansah, fragte man sich sofort, was man falsch gemacht hatte. Und er war erst vierundzwanzig!
    Auch Brigid sah jetzt verunsichert aus. Aber sie fing sich wieder und deutete anklagend auf Celie. »Wenn die da meint, sie bekommt eine Extrawurst, nur weil sie ewig lang schlafen muss, dann hat sie sich geschnitten!«
    Jason beugte sich nach vorne. Er war kaum größer als Brigid. Trotzdem wich sie vor ihm zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Ich mein ja nur, wenn jeder um diese Zeit noch frühstücken will, werden wir mit der Arbeit doch nie fertig!«
    »Nun«, sagte Jason ruhig, »wenn ich das richtig sehe, ist nicht jeder hier, sondern nur Dawn. Und bei ihr machen wir heute mal eine Ausnahme«, er zwinkerte Celie zu, »weil sie gestern lange für die Gemeinschaft unterwegs war und ihren Schlaf verdient hat. Nicht wahr, Dawn?«
    Celie konnte ihn nur anstarren. Was sollte das? Wieso log Jason für sie? Er wusste genauso wenig wie alle anderen Mobilen, wo sie gestern gewesen war!
    Er konnte es nicht wissen. Sie war ganz früh aufgebrochen und niemand war ihr gefolgt, da war sie sicher.
    Brigid verzog den Mund. »Das ist natürlich was anderes.«
    Mürrisch stellte sie den Brotkorb vor Celie auf die Theke.
    »Danke, Brigid«, sagte Jason. »Dann noch einen schönen Tag euch beiden.«
    Celie nahm sich eine Scheibe Brot, legte ein Stück Ziegenkäse drauf und biss ab. Es schmeckte wie feuchte Pappe.
    Sie hatte es vermasselt. Warum nur konnte sie ihre verdammte Klappe nicht halten? Jetzt wussten gleich zwei Leute, dass sie gestern auf einer Beerdigung gewesen war. Und es war nicht schwer, herauszufinden, um wessen Beerdigung es gegangen war. Dank des Störsenders gab es zwar keine Bilder der Beerdigung im Holo-Vid zu sehen, aber auch so konnte man eins und eins zusammenzählen: Celie war am Tag nach dem Tod von Jenna Kranen bei den Mobilen aufgetaucht. Sie war am Tag von Jenna Kranens Beerdigung auf einer Beerdigung gewesen. Und sie hatte dieselben roten Haare wie ihre Mom.
    Die Frage war nicht, ob sie es herausfanden, sondern nur noch, wer von den beiden zuerst die richtigen Schlüsse zog. Brigid, die Celie hasste? Oder Jason, der die Ideale der Mobilen verkörperte wie kein anderer und für den Jenna Kranen deshalb so was wie der Teufel persönlich war?
    Plötzlich wurde es Celie zu eng im Speisesaal. Sie musste raus. Weg von hier. Und sie wusste auch schon, wohin.
Co-House »Kind of Magic«
bei Moers
    Es gab vieles, das Alex am Ende dieses Tages bereute. Dass er nicht ein letztes Mal mit seiner Mutter zusammen gefrühstückt hatte. Dass er seinem Dad nicht zum Geburtstag gratuliert hatte. Dass er Yun versetzt hatte. Und das alles nur, um rechtzeitig in die Klinik zu kommen. Die sich urplötzlich in ein Chaos aus Verzweiflung und Tod verwandelte.
    Und natürlich begann es wieder mal mit Celie.
    »Alex? Schläfst du noch? Es
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