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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam
Autoren: G Neumayer
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habe.«
    »Jetzt verschwinde schon.« Sie knuffte ihn in die Seite. »Und sag Celie mein Beileid.«
    »Von mir auch«, brummte sein Vater, während er misstrauisch das Tor am Rande der Teeplantage beäugte. Bernie schmunzelte. Sein Vater erwartete, wenn er ein Tor betrat, immer noch so was wie in dieser alten Serie »Star Trek«: flirrende Lichter und irgendeinen Beamsound. Und natürlich ging er jedes Mal davon aus, dass seine Atome sich am Ziel nicht wieder zusammenfügen würden. Auch wenn Bernie ihm x-mal erklärt hatte, wie die Tore funktionierten. Aber sein Vater verstand Bernies Begeisterung für alles, was mit den Toren zu tun hatte, ebenso wenig, wie Bernie die Liebe seines Vaters zur Natur verstand.
    Als Bernie das Tor auf dem kleinen irischen Friedhof verließ, war er nervös, ohne zu wissen, warum. Mit dem Tod von Celies Mutter hatte das sicher nichts zu tun. Den hatte er akzeptiert. Klar, es war schlimm, dass sie tot war, aber es ließ sich nicht ändern und man musste sich damit abfinden.
    Nein, vermutlich kam es daher, dass er Celie gleich nach fast zwei Monaten zum ersten Mal wiedersehen würde. Nach dem Unfall ihrer Mutter war sie abgetaucht, hatte sich bei keinem mehr gemeldet. Es gab Gerüchte, dass sie den Mobilen beigetreten war, diesen Typen, die das Beamen rigoros ablehnten. Aber Genaues wusste er auch nicht.
    Da war sie. Durch das dichte, nasse Gras ging Bernie zu ihr hinüber.
    Celie stand mit verschränkten Händen vor dem Grabstein ihres Vaters. Ihre Locken umrahmten ihr blasses Gesicht und leuchteten im Kontrast zu dem schwarzen Kleid noch röter als gewöhnlich. Er wünschte, sie würde zur Begrüßung einen Witz über seine Größe machen wie sonst auch, aber sie sagte nur: »Hallo, Bernie.« Und nach einer kurzen Pause: »Kommt Alex auch?«
    Nun wusste Bernie, warum er so aufgeregt war: weil seine beiden besten Freunde gleich aufeinandertreffen würden. Und weil er keine Ahnung hatte, ob sie danach noch Freunde sein würden.
Berlin, Geriatrische Klinik
am Sonnenplatz
    Die Zeit bis zur Frühstückspause im Krankenhaus zog sich wie Kaugummi. Aber vermutlich war Alex Colmer nur teraungeduldig, weil er Celie heute wiedersehen würde.
    Vielleicht fiel sie ihm ja um den Hals, dann konnte er ihr alles erklären und ihr die Kette geben. Wahrscheinlicher war allerdings, dass sie ihn anschrie und ihn schlug, wie sie es getan hatte, als sie sich zum letzten Mal gesehen hatten.
    Obwohl er keinen Hunger hatte, schlang Alex auf dem Weg zum Tor am Schwesternzimmer ein Fischbrötchen hinunter. Mit leerem Bauch würde er die nächste Stunde nicht überstehen und beim Beamen konnte man nicht essen. Da, wo er hinwollte, natürlich auch nicht.
    Alex öffnete die Tür zur inneren Torkabine. Sogleich erschien die Holokarte vor ihm in der Luft. Nur ein einziges Mal war er bisher auf dem Dunlavin Cemetery gewesen, aber er fand den Friedhof auf Anhieb wieder. Seine Hand verharrte über der Karte. Würde Celie ihm eine Szene auf dem Friedhof machen? Oder ihn ignorieren? Oder würde sie sich freuen, dass er kam? Er wusste es einfach nicht. Sie hatte keine der unzähligen Skypes beantwortet, die er ihr in den letzten Wochen geschickt hatte. Und er hatte immer noch keine Ahnung, was eigentlich los war.
    »Bist du bald so weit? Ich würde gern meine Tochter von der Schule abholen, bevor ich an Altersschwäche sterbe!« Das war Schwester Susmita. Jetzt klopfte sie auch noch gegen die Tür.
    Na gut, es half nichts. Wie Celie drauf war, würde er erst wissen, wenn er sie sah. Alex nahm all seinen Mut zusammen und tippte auf die Karte.
    Als ihm bewusst wurde, dass es kein Zurück mehr gab, öffnete sich bereits die Kabinentür und das Außentor wurde durchsichtig. Fast hätte Alex vergessen, den weißen Kittel auszuziehen. Dann hätte Celie ihn unter Garantie gelyncht! In schwarzer Jeans und schwarzem T-Shirt trat er hinaus auf den Friedhof.
    Er entdeckte sie sofort. Zwischen all den Leuten, die zu Jennas Beerdigung gekommen waren, stach sie hervor wie ein einzelner Sonnenstrahl, der durch ein graues Wolkenmeer fiel.
    Sie sah erst hoch, als Bernie sagte: »Hi, Alex!«, und ihr Blick brach ihm das Herz.
Irland, Dunlavin Cemetery
    Die Grabsteine waren schon in der Sonne getrocknet, aber der Morgentau glitzerte noch auf den Efeuranken und Buchsbäumen, als Jennas Sarg in die Erde gesenkt wurde.
    Celie musste sich zusammenreißen, um nicht wegzulaufen. Jennas Freunde und Kollegen, ihr Assistent Pierre, einige entfernte
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