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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam
Autoren: G Neumayer
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»Da kommste als Mann nich mit.«
    »Vielleicht könntet ihr euch einfach mal ein bisschen mehr Mühe geben«, sagte Schwester Hilke mit schneidender Stimme.
    Alex wusste nicht, was er sagen sollte.
    Und was vielleicht noch schlimmer war: Er dachte schon wieder an Celie.
    Wie sie ihn angemacht hatte, als sie vor drei oder vier Jahren dieses Mädchen in diesem Club in London kennengelernt hatten! Okay, er hatte ein paarmal mit ihr getanzt. Aber es war doch nicht seine Schuld gewesen, dass sie sich am Ende so betrunken hatte, dass der Notarzt kommen musste! Celie war da anderer Meinung. Er hätte ihr Hoffnungen gemacht, meinte sie. Aber das war totaler Blödsinn. Sie hatten nur ein bisschen rumgeflachst, nicht mal geknutscht oder so. Wenn das Mädchen das missverstanden hatte, konnte er doch nichts dafür!
    Als er Celie das sagte, sah sie ihn mit diesem prüfenden Blick an, den er nicht ausstehen konnte. Manchmal, wenn sie ihn so ansah – den Kopf mit den roten Locken zur Seite geneigt, die grünen Augen zu Schlitzen zusammengekniffen –, dann glaubte er, dass sie ihn besser kannte als er sich selbst. Aber meistens war er sicher, dass sie nur so tat, als ob, und dass da gar nichts war. Wie auch immer, in dieser Nacht in dem Club hatte sie ihn dann nicht weiter fertiggemacht, sondern nur ihren Kopf an seine Schulter gelehnt und gemurmelt: »Du weißt es wirklich nicht, oder?« Und als er fragte, was zum Teufel sie damit nun wieder meinte, sagte sie: »Wie du auf Frauen wirkst, du Muppet!« Er löcherte sie die ganze Nacht, aber sie weigerte sich, mehr dazu zu sagen.
    Erst als er Bernie davon erzählt hatte, hatte er es verstanden. Bernie erklärte ihm in seiner sachlichen Art, dass Alex wohl das sei, was man gemeinhin einen Frauentyp nannte. Soweit Bernie das analysiert hatte, lag das an Alex’ hübschem Gesicht mit den langen dunklen Haaren, an seinem charmanten Lächeln, an seiner Art, mit Frauen rumzualbern, und daran, dass er sich so geschmeidig bewegte wie ein Roachy auf dem Mars. (Bernies Metaphern waren ein Thema für sich.)
    Okay, irgendwie hatte Alex das schon gewusst. Aber was sollte er tun: möglichst unfreundlich sein, damit keine Frau ihn missverstehen konnte? Das kam gar nicht infrage! Er war gerne nett. Und er mochte es, wenn man ihn mochte. Das war doch kein Verbrechen! Also beschloss er, in Zukunft einfach ein bisschen besser aufzupassen, wenn eine Frau sich ihm gegenüber komisch benahm. Nur leider hatte der alte Wagner recht: »Da kommste als Mann nich mit.« Klar, Celie würde sagen, dass er da gar nicht mitkommen wollte, weil er darauf stand, dass die Frauen ihm zu Füßen lagen. Aber das war noch so ein Thema, über das sie sich schon x-mal in die Haare gekriegt hatten. Alex hatte damals keine Lust gehabt, darüber nachzudenken, und er hatte auch jetzt keine Lust dazu.
    Und trotzdem war da dieses flaue Gefühl in seinem Magen, als er Schwester Hilke jetzt auf der Fensterbank sitzen sah wie ein Häufchen Elend. Sie warf ihm einen seltsamen Blick zu, sprang vom Fensterbrett herunter und schmiss ihren Becher in den Mülleimer. »Ich hab jetzt jedenfalls Mittagspause«, sagte sie gespielt fröhlich, »und geh in Rom eine Pizza essen.« In der Tür blieb sie stehen.
    Wollte sie, dass Alex sich entschuldigte? Oder dass er mit ihr kam? Aber das wäre ja wieder verkehrt, weil sie sich dann falsche Hoffnungen machte. Alex überlegte noch, wie er reagieren sollte, als Schwester Hilke den Kopf schüttelte und aus dem Zimmer lief.
    Vermutlich hätte Alex jetzt ein schlechtes Gewissen haben sollen. Aber ehrlich gesagt, war er einfach nur erleichtert.
    »Sach ma, Jung«, riss Herr Wagner ihn aus seinen Gedanken. »Ich weiß ja, datt diese Sensoren überall auf mir drauf viel besser wissen, watt mit mir los is, als ’n Mensch. Aber Frajen beantworten tun die ja nun nich. Und ich hab heute den janzen Tach noch kein’ Dokter jesehn.«
    »Die sind heute alle bei einem unglaublich wichtigen Vortrag in Winnipeg«, sagte Alex. Er schaute zur Wanduhr hoch. Schon fast eins!
    »Aber eigentlich sollten sie inzwischen zurück sein. Ich seh gleich mal nach und besorg Ihnen einen Arzt.«
    Der alte Wagner lachte. »Ach, lass ma, Jung, datt hat Zeit. Jeh du ruhich auch ers ma watt essen. Wie lang darfste denn Pause machen?«
    »Ne halbe Stunde.«
    »Na, datt is ja nicht lang … Obwohl, heutzutage is man ja ruckzuck in Timbuktu und zurück. Datt verjess ich immer wieder.«
    Eine halbe Stunde. Das reichte, um bei Alex’
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