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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam
Autoren: G Neumayer
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sich inzwischen längst nicht mehr sicher, ob sein spontaner Entschluss fürs Medizinstudium richtig gewesen war.
    »Na, möchtest du dir das mit dem Arztwerden vielleicht doch noch mal überlegen?«
    Das war die hübsche Schwester Hilke mit den niedlichen Grübchen, die da offenbar seine Gedanken gelesen hatte. Alex stellte die Bettpfanne zurück auf den Wagen und richtete sich auf.
    »Würde ich ja.« Aus dem Augenwinkel sah er, wie zwei andere Schwestern auf dem Flur stehen blieben und ihn anstarrten. Er blinzelte ihnen zu. Schnell drehten sie sich zur Seite und tuschelten. Alex lächelte Schwester Hilke verschwörerisch an. »Aber wer übernimmt dann die Verantwortung für all die Bettpfannen?«
    Schwester Hilke seufzte in gespielter Verzweiflung. »Tja, die anderen Schwestern fallen wohl aus, weil sie den Blick nicht von deinem hübschen Gesicht wenden können. Und da du keine Servbots einsetzen darfst, muss ich dir vermutlich helfen, oder?«
    Alex legte theatralisch eine Hand aufs Herz. »Hilke, wenn du das tust, hol ich dir heute noch die Sterne vom Himmel. Oder einen Kaffee Cocos aus der Cafeteria. Was dir lieber ist.«
    Schwester Hilke errötete. »Fürs Erste reicht mir der Kaffee.«
    »Bin gleich wieder da!« Alex lief los und ließ Schwester Hilke mit den Bettpfannen allein.
    Er hätte gern getrödelt. Aber er wollte Schwester Hilke nicht ausnutzen. Egal, was Celie ihm immer vorwarf. Es war einfach so, dass die Menschen – zugegeben, vor allem Frauen – gern etwas für ihn taten. Weil er freundlich zu ihnen war und, ja, vielleicht auch, weil er einen gewissen Charme hatte. Was war denn so schlimm daran? Aber das verstand Celie nicht. Sie meinte, dass er seinen Charme gezielt einsetzte, um zu bekommen, was er wollte. Dabei boten ihm die Leute ihre Hilfe immer von selbst an, ohne dass er sie darum bitten musste.
    Außer Celie natürlich. Pech für ihn, dass er sich in die einzige Frau verlieben musste, die gegen seinen Charme immun war (außer Schwester Susmita, natürlich). So immun, dass sie jetzt nicht mal mehr was mit ihm zu tun haben wollte. Oder …?
    Eine Sekunde später hätte er sich in den Hintern treten können, weil er schon wieder auf sein MoPad gesehen hatte. Diese Frau machte ihn fertig!
    Als Alex zurückkam, war Schwester Hilke schon drei Zimmer weiter. Gemeinsam schafften sie die restlichen Zimmer in Rekordzeit, obwohl sie die ganze Zeit herumalberten.
    Im letzten Zimmer gönnten sie sich eine Pause. Hier lag der alte Wagner. Er sah aus wie fünfzig, war aber vor kurzem hundert geworden und hatte sich von seiner Familie eine Nano-Säuberung der Arterien schenken lassen.
    Als Schwester Hilke sich den Schweiß von der Stirn wischte und einen Schluck von ihrem inzwischen kalten Kaffee nahm, sagte Herr Wagner: »Da siehste ma, Mädchen, wie anstrengend datt Leben früher ohne die janzen Roboter jewesen is!«
    Er beugte sich verschwörerisch vor und raunte den beiden zu: »Nur juut, datt diese Roboter nich allet können, wa?«
    Alex raunte zurück: »Ich weiß ja nicht, woran Sie da gerade denken, aber diese Dinger können viel mehr, als man so glaubt.«
    »Na, du bis mir ja en Schlimmer!« Herr Wagner drohte spielerisch mit dem Finger, Alex lachte und Schwester Hilke ließ sich stöhnend mit ihrem Kaffee auf die Fensterbank sinken. »Männer …«
    »Du kannz nich mit ihnen und du kannz nich ohne sie«, sagte Herr Wagner und sah bedeutungsvoll zwischen Alex und Schwester Hilke hin und her.
    Alex wollte schon etwas Flapsiges erwidern, als er sah, dass Schwester Hilke ihren Kaffeebecher so fest umklammerte, dass er schon ganz zerdrückt war. Ihr Gesicht war knallrot.
    War sie sauer auf den alten Wagner? Oder auf ihn? Zögernd ging er zum Fenster, doch Herr Wagner hielt ihn am Arm fest.
    »Datt is ne janz ne Nette, die Schwester Hilke«, flüsterte er. »Du musstse juut behandeln, hörste?«
    Alex lachte. »Aber wir sind gar nicht …«, begann er, verstummte aber, als Schwester Hilke sich mit einem hörbaren Schnauben zum Fenster drehte.
    Herr Wagner schüttelte den Kopf. »Bisste sicher, Jung, datt sie datt auch weiß?«
    Verdammt! Er war doch einfach nur nett gewesen und sie auch und sie hatten ein bisschen rumgealbert. Das war alles. Zumindest hatte er das gedacht. Aber offenbar waren da irgendwelche unterschwelligen Dinge gelaufen, von denen er nichts mitgekriegt hatte. Frauen waren echt terakompliziert.
    »Frauen sind irjendwie cleverer als wir«, sagte der alte Wagner mitfühlend.
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