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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam
Autoren: G Neumayer
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Lieblingsstraßenkoch in Hongkong eine Portion Gai Lan zu essen. Er griff automatisch nach seinem MoPad, um Celie anzurufen. Doch dann ließ er es wieder sinken. War er denn völlig tonto 1) ?
    1) tonto: verrückt (span.)
    Verdammt, er sollte einfach direkt bei ihr vorbeibeamen! Egal, ob ihr das passte oder nicht. Aber das Tor, das der Kommune am nächsten lag, war immer noch mehr als einen Kilometer von ihr entfernt. Er war in den letzten Tagen, seit er herausgefunden hatte, wo sie steckte, schon öfter dort gewesen. Aber jedes Mal hatte ihn der Mut verlassen, bevor er die Kommune erreicht hatte. Jedenfalls, bis er dort sein konnte, waren locker zwanzig Minuten vorbei. Außerdem wollte sie ihn garantiert immer noch nicht sehen. Und er wollte sie auch nicht sehen. Punkt.
    Dann eben Bernie. Ach nein, den ließ seine Ausbilderin sicher nicht gleich am ersten Tag weg. Alex grinste. Bernie und die Natur, das passte so gar nicht zusammen.
    »Alex?!«
    Schwester Susmitas Gesicht war aus Granit, ihre Augen schleuderten Blitze. Sie baute sich vor Alex auf wie eine Rachegöttin. »In einer halben Stunde in meinem Zimmer.«
    Ihre Stimme klang so kalt, dass es Alex nicht gewundert hätte, wenn sich alles im Zimmer mit einer Schicht Raureif überzogen hätte. Mehr sagte sie nicht, aber das war auch nicht nötig. Alex wusste, dass sie ihn wegen Schwester Hilke auseinandernehmen würde.
    »Jung, die hat aba Feuer im Hintern, watt?« Der alte Wagner kicherte.
    Alex stöhnte. »Die macht mich fertig.«
    »Dann sollteste vorher noch watt Anständijes essen«, meinte Herr Wagner. »Ich geb dir auch was von meinem Auflauf ab. Irjendwas Griechisches.«
    Warum eigentlich nicht? Alex setzte sich auf die Fensterbank, da hin, wo eben noch Schwester Hilke gesessen hatte, und ließ sich seine Henkersmahlzeit in Form von Herrn Wagners Moussaka schmecken.
    Wenn er in den nächsten Wochen an diesen Moment zurückdachte, schmeckte er wieder die Auberginen, das Hackfleisch und die herrlich gewürzte Eiermilch seiner letzten richtigen Mahlzeit auf der Zunge. Aber das hielt nur kurz an. Bis sein schmerzender Magen oder das Weinen eines Kindes ihn wieder daran erinnerte, wo er war.
Köln, Hochhaus
am Barbarossaplatz
    Am Morgen des Tages, an dem die Welt unterging, wachte Bernie mit Herzrasen auf.
    Er analysierte die Lage, während er im Bett lag. Schnell wurde ihm klar, dass er nicht krank, sondern nur aufgeregt war. Das war zwar untypisch für ihn, aber heute war ja ein ganz besonderer Tag: Er würde gleich zu seinem ersten Außeneinsatz als angehender Tortechniker aufbrechen!
    7:07. Bernie sprang aus dem Bett. Wegen der Analyse seines Herzrasens hinkte er seinem Zeitplan schon zwei Minuten hinterher.
    7:15. Frisch geduscht, joggte Bernie die drei Etagen bis zum Dachgarten hinauf. Er lief nicht gern, aber das war nötig, um den Kreislauf anzukurbeln: Er musste heute fit sein. Die Obstbäume und -sträucher in den solarbeheizten Treibhäusern hingen voller vitaminhaltiger Früchte. Bernie lief das Wasser im Mund zusammen. Aber erst zu »Günters Baked Dreams«!
    7:20. Bernie beamte vom Tor auf dem Dach nach Freiburg zu seinem Lieblingsbäcker und gönnte sich zur Feier des Tages drei Vollkorncrossies und ein Schoko-Zimt-Croissant.
    7:28. Zurück auf dem Dach, pflückte er zwei Hände voll Aprikosen und irgendwelche roten Beeren und joggte dann die Treppen runter zu seiner Wohnung. Auf dem Weg traf er Ms Henderson aus dem achten Stock, die ihm anklagend einen Wäschekorb voll nasser, durchgehend hellblau gefärbter Wäsche vor die Nase hielt. Bernie versprach, sich die Waschmaschinen im Keller so bald wie möglich anzusehen.
    7:33. Der grüne Tee von der Plantage seiner Eltern zog noch, während Bernie die ersten beiden Brötchen verdrückte. Gleichzeitig gab er »Waschmaschine« und nach kurzer Überlegung auch »Temperaturregler Algen« für den nächsten Tag in den Kalender seines MoPads ein. Das sollte nicht allzu lange dauern. Er würde die Mittagspause dafür nutzen. Dagegen konnte seine Ausbilderin kaum etwas haben. Die Hauspflichten zu vernachlässigen war schließlich ebenso inakzeptabel wie die Schule zu schwänzen.
    7:42. Ein Spider, der Bernie schon einmal für ein Experten-Netzwerk gebucht hatte, meldete sich mit einem spannenden Auftrag: Ein Hersteller von intelligenter Kleidung wollte Pollen-Detektoren entwickeln und in seine Stoffe integrieren. Bernie hätte das Geld gut gebrauchen können – seine Ausbildung kostete seine Eltern ein
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