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Alptraum in Pink

Alptraum in Pink

Titel: Alptraum in Pink
Autoren: John D. MacDonald
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schöne Verlobte!«
    »Ich höre Ihnen gar nicht zu.«
    »Schätzchen, Ihr Problem ist doch, dass Sie ihm wahrscheinlich auch nicht zuhören würden, falls er noch am Leben wäre. Nehmen wir an, Sie hätten das Geld gefunden, als er noch lebte. Ich kann mir die Szene vorstellen: Ihre Augen blitzen feurig, die Fäuste sind in die Hüften gestemmt. Sie schlagen einen richtig bösartigen Ton an. ›Howie, Liebling, beweise mir, dass du kein Dieb bist, und zwar überzeugend.‹ Tja, der arme Schlucker hat wirklich Glück gehabt, dass er Sie nicht mehr heiraten muss, liebes Kind. ›Howie, Liebling, ich kann nur hoffen, dass dieser kleine rote Schmierfleck auf deinem Kragen Blut ist, du ehebrecherisches Schwein. Howie, Baby, geh keinen Schritt aus unserem glücklichen Heim, ohne mir zu sagen, wo du dich jede Minute herumtreibst.‹«
    »Sie ... Sie widerlicher ...«
    »Sie armes, selbstgerechtes, kleines, prüdes Mädchen. Armes Fräulein Etepetete.«
    »Was wollen Sie bloß von mir?«
    »Dass Sie Ihrem Freund dieselbe Chance geben wie jedes Gericht. Unschuldig bis zum Beweis des Gegenteils. Und das Gericht wäre auch nicht mit ihm ins Bett gestiegen, um ihn hinterher ohne Verfahren zu verurteilen, Süße.«
    Ich ließ ihre Handgelenke los. Sie versetzte mir einen kräftigen Schlag, und eine Millisekunde, nachdem dieser gelandet war, schlug ich sie mit einer schallenden Ohrfeige zu Boden. Ihre blauen Augen wurden unscharf, dann weiteten sie sich vor Entsetzen, und sie brach in Tränen aus. Sie bekam keine Luft mehr und zuckte, dann lehnte sie sich an mich und vergrub das Gesicht in meiner Kniebeuge. Ich streichelte ihr Haar. Sie wurde von Krämpfen geschüttelt, und es war ganz so, als wollte man einen kotzenden Betrunkenen beruhigen. Ich fragte mich, ob sie seit Howies Tod überhaupt einmal richtig geweint hatte. Sie befreite sich gerade von Gift, würgte es heraus. Sie brauchte lange, um sich zu fangen und wieder mit gewisser Regelmäßigkeit zu atmen. Ich stand auf und half ihr auf die Couch, dann ging ich ins Badezimmer und holte einen nassen, kalten Waschlappen und ein großes, weiches, trockenes Handtuch. Ich setzte mich neben die Couch auf den Boden und tätschelte sie ab und zu. Nina gab sich teilnahmslos ihrer Erschöpfung hin, die nur gelegentlich von einem Schluchzen unterbrochen wurde. Dann seufzte sie und drehte sich zu mir um. Ich tupfte ihr Gesicht mit dem kalten Waschlappen ab, und sie rieb es mit dem Handtuch trocken. Sie schaute mich an, ruhig und ernsthaft, wie ein zu Recht bestraftes Kind.
    »Trav, Trav, ich hab mich schrecklich benommen.«
    »Und?«
    »Begreifen Sie nicht? Ich habe ihm überhaupt keine Chance gegeben. Er konnte es mir nicht mehr erklären, und ich habe ihm überhaupt keine Chance gelassen.«
    »Verstehen Sie, was das bedeutet, Nina?«
    »N-nein.«
    »Sie mussten den Schmerz irgendwie unterdrücken, den Verlust erträglicher machen. Deshalb haben Sie sich eingeredet, er hätte Sie belogen und betrogen. Aber in Wahrheit konnten Sie das gar nicht glauben. Das beweist, wie sehr Sie ihn geliebt haben.«
    »Aber es ist ihm gegenüber so unfair.«
    »Nicht ihm gegenüber, höchstens seinem Andenken.«
    »Was ... was kann ich jetzt machen?«
    »Es gibt nur eines, was wir tun können. Deshalb bin ich ja hergekommen. Deshalb hat mich Mike hergeschickt. Wir werden herausfinden, was geschehen ist.«
    »Aber Sie wollten mir doch weismachen, es ginge Ihnen nur ums Geld ...«
    Ich schob ihr die Haarsträhne aus dem anderen, dem geschwollenen Auge. »Mike hat gesagt, dass ich Sie vielleicht aufrütteln müsste.«
    Sie starrte mich an. Dann schüttelte sie langsam den Kopf und verzog den Mund. »Sie beide. Sie und Mike. Wie kommt es, dass Sie mehr über mich wissen als ich selbst?«
    »Also abgemacht?«
    Ihr Lächeln war schwach, aber es war ein Lächeln. »Wir werden eine Menge netter, kleiner Unterhaltungen haben.«
    Nachdem sie genügend Kräfte gesammelt hatte, sah sie nach, was noch zum Essen da war. Dann erklärte sie mir, wie weit und in welcher Richtung ich den nächsten Feinkostladen finden würde. Als ich zurückkam, hatte sie sich umgezogen und Gesicht und Haare zurechtgemacht. Sie trug eine ausgebeulte Hose und ein großes, rosarotes, flauschiges Sweatshirt. Der Tisch am Fenster war gedeckt. Sie packte die Einkaufstüten aus und machte mir Vorwürfe wegen meines ausgefallenen und kostspieligen Geschmacks. Aber sie stellte fest, dass sie trotz allem ziemlich hungrig war. Ihre Stimme war
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