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Alptraum in Pink

Alptraum in Pink

Titel: Alptraum in Pink
Autoren: John D. MacDonald
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noch immer vom Weinen belegt, und ich hatte einen kleinen blauen Fleck auf ihrer linken Wange hinterlassen.
    Nachdem wir gegessen hatten und sie die Teller abgeräumt hatte, setzten wir uns mit einem Drink auf die Couch.
    »Ich habe erst am Mittag des nächsten Tages erfahren, dass er umgebracht wurde«, sagte sie leise und nachdenklich. »Und ich bin völlig zusammengebrochen. Diese Tage sind ein einziger, undeutlicher Nebel. Beruhigungsmittel, gute Freunde, die mir zur Seite gestanden sind. Ich wollte auch sterben. Es schien eine so schreckliche Verschwendung, ihn auf diese Weise zu verlieren. Aus Versehen. Weil jemand habgierig und verängstigt und unvorsichtig war, irgendeine dreckige, geisteskranke Bestie, die aus dem Nichts kam. Aber irgendwie habe ich mich zusammengerissen. Seine Schwester kam aus Kalifornien hergeflogen. Eine Trauerfeier hat hier stattgefunden, wegen seiner Freunde. Sie hat sich um seine Sachen gekümmert, einen Teil davon verschenkt. Mir hat sie einige seiner Sachen gegeben, von denen sie annahm, dass ich sie gerne behalten würde. Dann hat sie seine Wohnung aufgelöst. Sein Leichnam ist nach Minnesota überführt und im Familiengrab neben seinen Eltern beerdigt worden. Ich hätte es nicht ausgehalten, hinzugehen und noch eine Trauerfeier durchzustehen. Ich glaube, seine Schwester hat das verstanden. Hoffe ich jedenfalls. Erst nachdem er weg war, habe ich mich an seine Sachen hier erinnert. Ich war einfach zu durcheinander. Wir haben nicht direkt zusammengelebt, aber irgendwie schon. Nach der Hochzeit wollte er hier einziehen und seine Wohnung aufgeben. Meine Wohnung hätte für uns beide günstiger gelegen. Er hatte einen Schlüssel. Und er hatte ein paar persönliche Sachen hier. Ich wusste gar nicht, was er schon alles hierher gebracht hatte. Ich hatte damit angefangen, mehr Platz für seine Sachen zu machen. Wir hatten schon geplant, welche seiner Möbel wir hierher bringen wollten. Eine Hälfte von meinem Kleiderschrank hatte ich für ihn reserviert. Schließlich habe ich Mut gefasst und mir die Sachen angeschaut, die er hier hatte. Ich musste immer wieder Pausen machen. Da habe ich mich hingelegt und mir die Seele aus dem Leib geheult. Wegen ganz unwichtigen Sachen. Ich musste auf einen Stuhl steigen, um ganz hinten ins Regal zu kommen. Dort lag das Geld. In der Ecke. Es war in braunes Papier eingewickelt und verschnürt. Er war in der Woche vor meinem vierundzwanzigsten Geburtstag gestorben, Trav, und ich wollte das Päckchen nicht aufmachen, weil ich dachte, es wäre ein Geschenk für mich, das er hier versteckt hatte. Das hätte mir das Herz gebrochen, davon hätte ich mich niemals erholt. Ich habe mich aufs Bett gesetzt und es ausgepackt ... und da war das Geld. Und plötzlich wurde mir kalt ums Herz, und ich redete mir auf einmal ein, dass er ... dass er ...«
    »Sachte, Nina.«
    »Wenn man glaubt, man weiß alles von einem Menschen, und ...«
    »Wir wissen beide, dass es eine emotionale Abwehrreaktion war.«
    »Ich wünschte nur, ich wäre da genauso sicher wie Sie, Trav. Vielleicht bin ich ja wirklich ein nichtsnutziges, selbstgerechtes, kleines, prüdes Mädchen.«
    »Und vielleicht kriegen wir auch heraus, dass es genau so war, wie Sie gemeint haben.«
    Sie nickte und schob ihre Hand in meine. »Ich weiß. Daran habe ich auch gedacht. Aber jetzt weiß ich, dass ich es herausbekommen muss. Und dafür ... das habe ich Ihnen zu verdanken. Was sollen wir mit dem Geld eigentlich machen?«
    »Uns wird schon noch einfallen, was damit zu geschehen hat. Wenn es Ihnen recht ist, nehme ich es an mich und deponiere es im Hotelsafe. Jetzt erzählen Sie mir von seiner Arbeit.«
    Nach einer Weile fing sie an zu gähnen, und mir wurde klar, dass wir genug für einen Tag geredet hatten. Sie fand einen dicken wattierten Umschlag. Ich steckte das Geld hinein und klebte ihn zu. Sie brachte mich zur Tür und hielt mir ohne nachzudenken wie ein schläfriges Kind das Gesicht zum Kuss hin. Ihr Mund war weich. Plötzlich schreckte sie zurück und fuhr sich mit der Hand an den Hals.
    »Ich wollte nicht ...«
    »Gehen Sie ins Bett, Miss Nina. Gehen Sie schlafen und träumen Sie schön.«
    »Vielleicht. Vielleicht tu ich das sogar.«

Drei
    Nach dem Frühstück telefonierte ich ein wenig herum und fand heraus, mit welchem Polizeirevier ich mich in Verbindung setzen musste. Ich ging dort vorbei und trug mein Anliegen vor. Man schaute nach. Ein gewisser Sergeant T. Rassko bearbeitete den Fall zusammen mit
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