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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst
Autoren: Christoph Guesken
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Fortbildung nach England?«

    »Nicht England. Emsdetten. Der Kursleiter, Teddie Ringerman, stammt aus L.A. Ist leider auch nicht ganz billig, aber sein Geld hundertpro wert.«

    »Blödsinn.«

    »Wo ist denn das Problem?«

    »Das Problem? Wie wär’s, wenn wir erst mal die Kohle einnehmen würden, mit der wir Fortbildungen finanzieren? Und die Miete für diese Luxusbude.«

    »Keine Sorge, Henk, dafür hab ich mir schon was überlegt. Never mind.«

    »Verdammt, Kittel, beweg deinen Arsch hierher!«

    Ich hörte sein typisches überhebliches Kichern. »Aber deswegen rufe ich doch an. Ich habe schon einen neuen Klienten mit eingebracht. Er ist Besitzer eines Biorestaurants und ein bisschen paranoid, wenn du mich fragst. Du müsstest ihn solange übernehmen.«

    »Solange?«

    »Bis ich zurück bin.«

    Das konnte ihm so passen. »Schmink dir das ab, Kittel. Ich habe auch Klienten, die jeden Moment anrufen werden. Es wird dir nichts anderes übrigbleiben, als dich um deinen Kram selbst zu −« Es tutete. »Kittel?«

    Der Scheißkerl hatte aufgelegt.

     
    Expartner waren wie schlechte Angewohnheiten, von denen man wusste, dass sie schädlich waren, die man aber trotzdem nicht lassen konnte. Sie machten nie einen Hehl daraus, dass sie in Urlaub fahren und an Stränden abhängen würden, sobald es eng werden würde, und dass sie, wenn sie jemals die Ärmel aufkrempeln sollten, eine Fortbildung besuchen würden. Wieso fiel man nur jedes Mal wieder auf sie herein?

    Ich stieß mich von der Schreibtischplatte ab und fuhr ein paar trotzige Runden mit dem neuen Drehstuhl.

    Nur noch dieses eine Mal. Schließlich hatte ich es auch geschafft, mit dem Rauchen aufzuhören − jedenfalls so lange, bis Kittel aufgekreuzt war, der es sich inzwischen angewöhnt und mich mit seiner Quarzerei dazu gebracht hatte, mit dem Aufhören wieder Schluss zu machen.

    Wie um mir zu beweisen, dass ich überreagierte, klingelte das Telefon erneut.

    »Was gibt’s denn noch?«, fragte ich vorwurfsvoll, aber auch leicht perplex darüber, dass ich ihm unrecht getan haben könnte.

    »Das ist doch der Anschluss von Kittel & Voss, oder nicht?« erkundigte sich eine krächzende Männerstimme. »Der Detektei.«

    »Allerdings.« Ich vergrößerte den Abstand zwischen Telefon und Ohr.

    »Und Sie sind Kittels Vertretung?«

    »Vertretung?«

    »Hier ist Fricke vom Biotop. Herr Kittel teilte mir mit, dass er kurzfristig verhindert ist und Sie in der Zwischenzeit meine Angelegenheit übernehmen. Glauben Sie bloß nicht, mein Freund, dass ich das unter kundenfreundlichem Service verstehe.«

    »Was denn jetzt?«, fragte ich verwirrt. »Bin ich die Vertretung oder Ihr Freund?«

    »Ich rate Ihnen, sich Witzchen zu verkneifen«, kam es sauer zurück. »Auf cooles Gehabe à la Marlowe kann ich verzichten. Das habe ich Ihrem Vorgesetzten auch schon gesagt.«

    »Meinem Vorgesetzten?«, prustete ich. »Tja, dem kann man das nicht oft genug sagen.«

    »Also, wie gedenken Sie, dem Kerl das Handwerk zu legen?«

    »Welchem Kerl? Welches Handwerk?«

    »Anonyme Drohungen und Erpressung. Herr Kittel hat Sie doch wohl informiert?«

    »Selbstverständlich«, log ich. »Es ist nur so, dass ich mir gern selbst ein Bild mache.«

    »Das hätten Sie doch längst tun können. Alles Material habe ich Ihnen zugeschickt. Es müsste Ihnen vorliegen.«

    »Sehen Sie, Herr …«

    »Fricke.«

    »Wir sind gerade in neue Räumlichkeiten umgezogen. Gut möglich, dass der Kram unter die Räder gekommen ist.«

    »Unter die Räder? Was meinen Sie damit?«

    »In die falsche Ablage«, korrigierte ich mich schnell. »Wie wär’s, wenn ich bei Ihnen vorbeischaue und Sie bringen mich auf den neuesten Stand?«

    »Hören Sie, Freundchen.« Fricke schnaubte verächtlich. »Ich bin es leid, Zeit und Geld mit einer Detektei zu verschwenden, die ihre Klienten von Azubis betreuen lässt. Sollten Sie hier aufkreuzen, dann nur, um mir den Vorschuss zurückzuerstatten, den ich Herrn Kittel allzu voreilig gezahlt habe. Anderenfalls werden Sie Post von meinem Anwalt erhalten.« Damit legte er auf.

    Eigentlich musste ich mich mit ihm nicht weiter abgeben. Dieser Fricke war ein typischer Vertreter der von Kittel bevorzugten Klientel: launisch, anspruchsvoll und zudem mit einer Stimme ausgestattet, die so unangenehm krächzte, dass er gut daran tat, Schmerzensgeldklagen zu vermeiden, indem er sich auf schriftliche Kommunikation beschränkte. Überhaupt hatte ich längst einen Fall.

    Jens
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