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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst
Autoren: Christoph Guesken
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Senf. »Dann werden Sie sicher nichts dagegen haben, wenn ich Ihnen eine Geschichte erzähle. Sie handelt von einem seltsamen Dreigestirn, das sich die Taufkumpane nannte. Sie hatten geschworen, einer für den anderen da zu sein bis an ihr Lebensende.«

    Haberland kicherte.

    »Sie haben recht«, stimmte ich ihm zu. »Das scheint auch mir etwas übertrieben. Genauer gesagt, war das Gegenteil der Fall: Die drei hatten sich zusammengetan, weil sie neidisch auf den Erfolg des anderen waren. Da haben wir Wallenstein, den charismatischen Egomanen, und Fricke, den coolen Zyniker. Die beiden konnten sich nie leiden und führten einen erbitterten Krieg gegeneinander. Der eine verkaufte Hamburger und nannte sie Ökofleisch, der andere predigte ökologischen Lebensstil, den er heimlich mit Billigwurst finanzierte. Sie wären sich bestimmt schon viel früher an die Gurgel gegangen, wären nicht Sie, Herr Professor, gewesen, der Friedensbringer und Befreiungstheologe. Ihnen kam die Rolle des Vermittlers zu.«

    Haberland nickte selbstgefällig. »Sie haben zwar keinerlei Ahnung, wovon Sie reden, aber mit dem Letzteren dürften Sie vermutlich richtig liegen.«

    »Warten Sie’s ab, Professor«, widersprach ich. »In meiner Geschichte scheint es nur so zu sein, aber dann stellt sich heraus, dass der vermeintliche Friedensbringer der eigentliche Motor dieser Hassménage-à-trois ist.« Ich genehmigte mir ein weiteres Würstchen. Es war verschrumpelt und erinnerte mich an das Geschnetzelte mit Finger. »Das kam heraus, als Wallenstein mit einem Mädchen namens Selma herummachte und sie schwängerte. Sie, Haberland, hatten sich vielleicht selbst Hoffnungen auf sie gemacht, aber dann kam dieser Blender und schaffte es mühelos, sie Ihnen auszuspannen. Überhaupt ließ er Ihnen immer nur die zweite Geige übrig. Zum Beispiel im Kampf gegen Castrops Wursthalle.«

    »Jetzt werfen Sie aber einiges durcheinander, mein Freund«, meinte der Theologe stirnrunzelnd.

    »Sie nahmen sich des kleinen Jens an und formten ihn nach Ihrem Bild. Versuchten, ihm seine Künstlerflausen auszutreiben, und machten den Bedauernswerten zur Personifikation Ihrer schrägen theologischen Theorie von der Wiederkehr der Wiedertäufer. Schmiedeten ihn zu einer Waffe, mit der Sie Wallenstein endlich in seine Schranken weisen konnten. Aber dann kam etwas dazwischen: Eines Abends kreuzte Ihr selbst gemachter Messias bei Ihnen auf und teilte Ihnen mit, dass er alles hinwerfen werde.«

    Der Professor für Experimentaltheologie war nicht sehr beeindruckt. Er lachte in sich hinein, trank einen Schluck und starrte in den sternenübersäten Himmel.

    »Gut, gut«, sagte er nach einer Weile. »Wir beide sind hier unter uns, außerdem betrunken, nicht wahr? Also sprechen Sie mich morgen nicht mehr auf das an, was ich Ihnen heute Nacht erzählt habe. Ich werde mich daran nicht mehr erinnern.«

    »Sie machen mich neugierig, Professor.«

    »Ich werde Ihnen jetzt einen Mord gestehen, Herr Voss. Es ist ein perfekter Mord, den kann man ruhig gestehen, denn es gibt keine Beweise und wird niemals welche geben. Sie haben recht, Jens platzte an diesem Abend zu später Stunde herein und sagte, dass er mit dem ›ganzen Scheiß‹ nichts mehr zu tun haben wolle. Aber ich war nicht allein. Götz war auch da, weil wir über das Protestmanagement in Sachen Wursthalle sprechen wollten. Als Jens ihn sah, tickte er regelrecht aus und beschimpfte ihn. Nannte ihn scheinheilig, einen Lügner, ja einen Mörder − na ja, ich fand nicht, dass er sich im Ton vergriff, nur momentan ging es darum, wie wir an einem Strang ziehen konnten. Also versuchte ich zu schlichten und so kam es zu dem Unfall.«

    »Es kam zum Unfall?«

    »Jens stürzte sich auf Götz, ich versuchte, die beiden zu trennen. Er knallte mir eine, ich knallte zurück und er schlug mit dem Hinterkopf auf.«

    »Verstehe«, sagte ich. »Die übliche Hinterkopfverletzung.«

    »Wie auch immer«, meinte Haberland, der sich mit solchen Details nicht aufhalten wollte, »für Jens endete die kleine Auseinandersetzung bedauerlicherweise tödlich. Wir waren unserem Ziel so nahe gewesen.« Bedauerndes Kopfschütteln. »Aber dann kam Wallenstein und setzte sich mit seinem breiten Hintern wieder allen vor die Nase, gab Interviews und fuchtelte mit seiner ekelerregenden Pfeife herum.«

    »Keiner fragte Sie noch nach Ihrer Meinung. Dabei steckten Sie nicht nur theologisch gesehen diesen falschen Ernährungspropheten in die Tasche.«

    »Er
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