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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst
Autoren: Christoph Guesken
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nur vegetarisch war, sondern sich gegen den Fleischkonsum richtete. Denn es enthielt ausschließlich Zutaten, die nicht als Tierfutter infrage kamen. Leider gab es davon nicht gerade viele.

    Laura berichtete, dass sie eine wissenschaftliche Karriere anstrebe. Sie habe ein Schnupperseminar bei Professor Haberland zum Thema Götz Wallenstein − Aufstieg und Fall einer Sinnikone besucht. »Er hat gerade sein Coming-out an der Uni.«

    »Du meinst Comeback.«

    Eigentlich aber wollte sie nur von mir wissen, ob es Neuigkeiten im Fall Jens Defries gab.

    Nein, es gab keine.

    »Als ich kürzlich bei der Kripo anrief, sagte man mir, dass man Jens möglicherweise schon gefunden habe. Jedenfalls zum Teil.«

    Ich nickte. »Hauptkommissarin Schweikert hält es für möglich, dass die im Biotop und im Grünen Winkel aufgefundenen Finger von Jens Defries stammen. Aber das ist eine reine Vermutung.«

    »Ich glaube nicht daran, dass er tot ist«, bekräftigte sie trotzig. »Ich weiß, dass er lebt.«

    »Du weißt es?«

    »Gestern Nacht habe ich von Jens geträumt. Es war dunkel und ich lief rastlos den Prinzipalmarkt entlang. Und da stand er auf einmal. Ich erkannte ihn zunächst nicht und wollte an ihm vorbeigehen. Aber da hob er die Hand, es fehlten zwei Finger, und daran erkannte ich ihn. Ich habe jetzt niemand anderen als dich, Laura, sagte er. Bitte, lass nicht zu, dass aus mir das wird, was aus Schwarzenegger geworden ist.«

    »Das ist sehr ergreifend«, sagte ich.

    »Also wirst du weiter nach ihm suchen?«

    Laura sah mich wieder auf diese spezielle Weise an, und zum ersten Mal bemerkte ich etwas Trotziges in ihrem Blick. Vielleicht war es immer schon da gewesen und ich hatte mich nur geweigert, es wahrzunehmen. Machten wir uns gegenseitig etwas vor? Ich weigere mich zu akzeptieren, dass Jens nun mal nicht zu finden ist, schien Laura zu sagen. Dafür weigerst du dich zur Kenntnis zu nehmen, dass mit uns beiden auf Dauer nichts laufen kann.

    Es war nicht nur Kittels Beziehung, die in der Klemme steckte.

    »Die Wirklichkeit und dein Traum«, sagte ich, »sind verschiedene Dinge. Wie sehr wünschte ich, es wäre nicht so. Dann würde ich ein wenig rastlos auf dem Prinzipalmarkt auf und ab gehen und schon hätte ich ihn gefunden.«

    Unsere Salate wurden serviert. Ich konnte nachvollziehen, weshalb Tiere sich aus dem Zeug nichts machten. »Du siehst hungrig aus«, meinte ich und schob ihr meinen Teller hin. »Bestimmt schaffst du zwei Portionen.«

    Lauras Schmolllippe zuckte vor. »Weißt du, manchmal vergeht mir regelrecht der Appetit, wenn ich daran denke, wo Jens jetzt wohl ist. Und wo immer er auch ist – ich sitze hier und stopfe mich voll mit gesunden Leckereien …«

    »Leckereien ist ja wohl stark übertrieben.«

    »Warum kannst du nicht weitersuchen?«, beharrte Laura.

    »Weil zehn durch drei nicht vier ist«, sagte ich.

43

    Ich bestellte noch einige Biere. Sie waren als Ersatz für die gesunden Leckereien gedacht, später versprach ich mir von ihnen Hilfe bei meinem Bemühen, Laura von der Zwecklosigkeit des Suchens zu überzeugen, ohne dabei das dünne Bettlaken zwischen uns zu zerschneiden. Mehrmals wies ich sie auf die erfreuliche Tatsache hin, dass Jens Defries kein dreifacher Mörder war, so wie ich bis vor Kurzem noch fest angenommen hatte. Dies für sich genommen sei doch schon eine gute Nachricht, wenn sie auch bedeuten könne, dass er sein Auto nicht selbst im Moor versenkt habe und demnach auch nicht freiwillig von der Bildfläche verschwunden sei. Aber ich musste feststellen, dass Laura längst gegangen war.

    Es war mittlerweile schon nach elf. Ich zahlte und schlenderte in Richtung Innenstadt. Obwohl ich den Weg genau kannte, verlief er an diesem Abend anders als sonst und führte mich nicht zum Bremer Platz, sondern auf den Prinzipalmarkt. Die Gaststätte Stuhlmacher hatte geschlossen, draußen auf dem Gehsteig standen festgekettete Tische und Stühle. Ich nahm trotzdem Platz und starrte den Nachtschwärmern nach, die sich so wie ich hierher verirrten.

    »Kummer, Chef?«, fragte jemand.

    Ich drehte mich um. Da stand ein junger Spund und prostete mir mit seiner Bierflasche zu.

    »Wie kommen Sie darauf?«

    Er grinste. »Mir fällt kein anderer Grund ein, um an einem schönen Samstagabend an einem Ort wie diesem zu versacken.«

    Da hatte er allerdings recht. Außerdem kam mir das irgendwie bekannt vor. »Was sind Sie, ein Messias oder was?«

    Der Mann schwenkte zum Abschied seine
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