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Der blaue Stern

Der blaue Stern

Titel: Der blaue Stern
Autoren: Robert Asprin
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Jubal
Der Preis für zweifelhafte Geschäfte
    Robert Lynn Asprin
    Jubal war mächtiger, als es den Anschein hatte. Nicht, daß sein Körper Gebrechlichkeit oder Schwäche verriet - im Gegenteil, die festen, geschmeidigen Muskeln, über die sich die glänzende ebenholzfarbene Haut spannte, erweckten sofort den Eindruck von Kraft. Und seinem narbigen Gesicht mit den strengen Zügen war anzusehen, daß er nicht zögerte, diese Kraft für sich zu nutzen.
    Was ihm jedoch die eigentliche Macht verlieh, waren weit mehr sein Reichtum und die Schläue, mit der er ihn zusammengetragen hatte, als eiserne Muskeln und ein messerscharfes Schwert. Sein Geld und die unerbittliche Kämpferschar, die er damit gedungen hatte, gaben ihm eine Machtposition in der Gesellschaftsordnung von Freistatt, mit der man rechnen mußte.
    Blut war der Preis für seine Freiheit gewesen: große Mengen von Blut, die seine Gegner in den Gladiatorengruben von Ranke verloren hatten. Durch Blut hatte auch sein Reichtum seinen Anfang genommen: Er hatte eine schlechtbewachte Sklavenkarawane überfallen und sie mit hohem Profit veräußert.
    Wo andere sich mit bescheidenem Gewinn zufriedengeben mochten, fuhr Jubal fort, sein Vermögen mit fanatischem Eifer anzuhäufen. Er hatte eine bittere Lehre gezogen, während er durch haßverkniffene Augen auf die Zuschauermenge starrte, die seine blutigen Siege in der Kampfgrube bejubelt hatte: Schwerter und jene, die sie führten, wurden gekauft und verkauft, und galten nichts für die Gesellschaft. Lediglich Geld und Macht, nicht Geschicklichkeit und Mut, bestimmten die Stellung in der Gesellschaft. Und Furcht wiederum gab den Ausschlag, wer auf dieser Welt spuckte und wer aufwischte.
    So pirschte Jubal nun durch das Reich der Kaufleute, wie früher durch die Gruben. Skrupellos stürzte er sich auf jede Gelegenheit, nutzte jegliche Verwundbarkeit, so wie er einst verletzte Gegner mitleidlos niedergeschlagen hatte. Mit Jubal einen Handel abzuschließen, war, als würde man seinen Verstand mit jemandem messen, dem es zur Gewohnheit geworden war, Versagen mit Tod gleichzustellen.
    Bei dieser Einstellung trug alles, was Jubal in Freistatt anpackte, beachtliche Früchte. Von seinen ersten Gewinnen kaufte er sich eines der alten Landhäuser westlich der Stadt. Dort wohnte er wie eine fette Spinne in ihrem Netz und lauerte auf immer neue Gelegenheiten. Seine Fänge waren gedungene Kämpfer, die, mit blauen Falkenmasken vor den Gesichtern, durch die Straßen von Freistatt stolzierten. Sein Spinnengewebe war ein Netz von Informanten, die er dafür bezahlte, daß sie ihm über jeden Vorfall, jedes Geschäft, jeden Wechsel der Politik in der Stadt, über jedes Ereignis also, das für ihn, ihren großzügigen Herrn und Meister, von Interesse sein mochte, berichteten.
    Zur Zeit bewegte die Umwälzung in der Stadt dieses Netz. Der rankanische Prinz und seine neuen Ideen rüttelten an den Grundmauern des Wirtschafts- und Gesellschaftsgefüges von Freistatt.
    Jubal saß in der Mitte seines Netzes und lauschte.
    Es dauerte nicht lange, und alle Berichte liefen zusammen und wurden ihm auf ermüdende Weise vorgetragen.
    Jubal saß zusammengesunken in seinem thronähnlichen Sessel und starrte abwesend auf eine der Räucherschalen, die er in der Hoffnung gekauft hatte, damit dem Gestank Herr zu werden, den der Ostwind mit sich brachte. Diese Hoffnung hatte sich leider nicht erfüllt. Die Berichte nahmen kein Ende. Früher, als er gerade angefangen hatte, war es anders gewesen. Damals hatte er selbst alle Angelegenheiten seines wachsenden Unternehmens zu regeln vermocht. Jetzt dagegen mußte er zuhören, während andere ... Etwas an dem Bericht erweckte seine Aufmerksamkeit.
    »Wen hast du getötet?« fragte er scharf.
    »Einen Sündenbock«, antwortete Saliman. Er blinzelte erstaunt über die Unterbrechung. »Einen Informanten, der keiner war. Ich tat es, um ein Exempel zu statuieren - wie Ihr es befohlen habt.«
    »Ja, natürlich.« Jubal winkte ab. »Fahr fort.«
    Bei seinen Unternehmungen verließ er sich sehr auf die Auskünfte, die seine Informanten ihm beschafften. Es war ein offenes Geheimnis, daß jemand, der ihm eine falsche Auskunft verkaufte, bald mit aufgeschnittener Kehle und einem Kupferstück zwischen den Zähnen gefunden wurde. Bekannt war es, weil es geschah - des öfteren. Weniger bekannt war, daß Jubal, wenn er glaubte, seine Informanten brauchten ein abschreckendes Beispiel, um sie an die Strafe für erfundene
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