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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst
Autoren: Christoph Guesken
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verletzen.

    Laura nahm die Nachricht auf ihre typische, unbedarfte Weise auf. »So einen Blödsinn«, meinte sie kopfschüttelnd, »habe ich selten gehört.«

    Der Detektiv aus Güstrow hatte seine Klientin inzwischen bemerkt und kam mitsamt seinem Wurstteller herüber – das Thema vegetarische Weltrevolution hatte sich für Laura wohl schon erledigt. »Hi!«, begrüßte er mich mit vollem Mund. Sein Arm langte gierig um Laura herum und tätschelte ihre Brust. »Kommst du, Schatz? Wir wollten doch noch Übungen machen.«

    Damit verdrückte sich das Pärchen und ich starrte ihm mit offenem Mund hinterher.

    Übungen machen. Das war’s dann also gewesen. Ich konnte dem Ossi nicht mal böse sein. Er war nur in die Bresche gesprungen, die ich sperrangelweit offen gelassen hatte. Übersinnliche Ermittlung – warum war ich nicht darauf gekommen?

    Das Fest war inzwischen in Stimmung gekommen. Die Fleischfraktion riss betrunkene Witze über Zuckers Grillkreationen, Sanne Schweikert und einige ihrer Kollegen standen am Werseufer und fütterten die Fische damit. Kurz vor zwölf bestand der Hausherr darauf, dass die Combo Evergreens zum Mitsingen spielte. Oh When the Saints und This Land is Your Land.

    »Klassefrau, Henk«, lobte Kittel und stellte mir ein Bier auf den Tisch. Mit seinen Komplimenten immer den entscheidenden Tick zu spät zu sein, war auch eine Spezialität von ihm. »Echt allererste Sahne. Und ihr Cousin ist auch ganz nett.«

    »Ihr Cousin?«

    »Dieser Typ, mit dem sie hier ist. Er ist so was wie ein esoterischer Detektiv.«

    »Ich weiß. Aber er ist nicht ihr Cousin.«

    Gut gelaunt schwenkte Kittel sein Tablett. »Ich bring dir noch was zu essen, Henk. Du siehst aus, als könntest du was vertragen.«

    »Sie hat überhaupt keinen Cousin!«

    Ich machte mich zur nächsten Theke auf, holte mir noch ein Bier und bemerkte bei dieser Gelegenheit, dass sich das versprochene Gewitter verzogen hatte. Ein paarmal hatte es gegrollt und das war alles gewesen. Auf nichts war mehr Verlass. Kittel fand mich, drängte mir einen Pappteller mit Fleisch auf und ich mampfte, weil ich nichts anderes zu tun hatte. Und während ich so vor mich hin aß, dachte ich über Lauras Halbbruder nach. Als Kind hatten die beiden nie miteinander gespielt, sie waren überhaupt sehr unterschiedliche Geschwister. Laura hatte einen Vater gehabt, der nie für sie Zeit gehabt hatte. Und wenn sie ihm ihre Meinung sagen wollte, hatte er sie auf ihr Zimmer geschickt. Defries dagegen hatte erst kürzlich erfahren, dass der Mann, der immer auf einer Pfeife herumkaute, sein Vater war. Für ihn war nur jemand da gewesen, der sich für so etwas wie seinen Vater hielt. Er würde den Kampf eben mit seinem Vater führen oder, wenn es sein müsste, auch allein.

    Ich war zwar betrunken, aber noch nicht so sehr, um mich nicht über meine Begriffsstutzigkeit zu ärgern. Niemand würde das Gehege der Hängebauchschweine umgraben müssen, und wenn er es doch tat, würde er nichts finden. Denn Defries war an jenem Abend nicht in der Casa Verde gewesen.

46

    Ich nahm Bier und Grillteller und machte mich auf die Suche nach dem Professor. Er saß abseits an einem sonst leeren Tisch in der Nähe des Bootsstegs. Sein rotes Hemd leuchtete in der Nacht.

    »Sie auch hier, Herr Voss?« Haberland prostete mir mit einem Glas Rotwein zu, als er mich bemerkte.

    »Wo steckt Ihre Begleiterin, Herr Professor?«

    »Es ist gerade mal eine Stunde her, dass sie eine sehr interessante Bekanntschaft machte. Tja, und jetzt haben sich die beiden irgendwohin verkrümelt.« Er grinste verschmitzt, was mir signalisierte, dass er schon so manches Glas geleert hatte. »Wir führen eine offene Beziehung, wissen Sie?« Haberland lehnte sich so weit zurück, dass er fast hintenüberkippte, und breitete die Arme aus. »Was für eine schöne Nacht!«

    Ich nickte bestätigend, kramte mein Feuerzeug hervor und öffnete mir eine Flasche Bier. »Sie schulden mir das Ende einer Geschichte.«

    »Welcher Geschichte?«

    »Die von Jens Defries, der für Sie so etwas wie ein eigener Sohn ist.«

    »Ich sagte Ihnen doch …«

    »Sie sagten mir, dass er sich nicht mehr bei Ihnen gemeldet hätte. Und damit Schluss. Aber in Wirklichkeit ging es noch weiter, nicht wahr?«

    Haberland ließ sich zurückschwingen und widmete sich seinem Glas. »Ich verstehe leider nicht ganz, worauf Sie abzielen, Herr Voss.«

    »Also gut«, sagte ich, schnappte mir ein Würstchen vom Teller und tunkte es in
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