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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib
Autoren: David Meinke
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Sommerferien genutzt …“
    „Und ein wenig mehr“, unterbrach er mich.
    „… ja, und ein wenig mehr. Ich muss meine Ausbildung durchziehen. Sonst ende ich vorzeitig im Grab.“
    „So schlimm gleich?“
    „Ja. So ist es.“
    „Aha. Und du lieferst alle Aufgaben, die du nachmachen musst, im Laufe der nächsten Woche ab?“
    „Ja. Mateus wird mir dabei helfen.“
    „Wenn ich dich jetzt bitte, nicht mehr zu schwänzen, würde das auch nicht viel nützen, stimmt’s?“ Er wartete meine Antwort nicht ab. „Also mach es wenigstens ein bisschen unauffällig, in Ordnung?“
    Ich gab ihm die Hand. Er grinste noch immer. Irgendwie kann ich mit Erwachsenen umgehen. Das ist ein Reflex.
    Lars Winding wurde das Herz sicher noch einmal gebrochen, als er auf die Schar hinabsah, die gekommen war, um Jonathan zu gedenken. Jonathan hatte vor seinem Verschwinden sehr damit gehadert, dass Lars nicht sein biologischer Vater war – dass seine Mutter mit irgendwelchen Typen herumgemacht hatte, bevor sie sich in Lars verliebte. Ich hätte ihn dafür ohrfeigen sollen. Hier stand ein Mann, der die ganze Zeit für ihn da gewesen war. Ein Vorbild, eine Stütze, ein Mann, der ihn geliebt hatte wie seinen eigenen Sohn. Und Jonathan beschwerte sich darüber, dass seine Gene vermurkst seien. Ich dachte an mich selbst und anGinger und bekam ein schlechtes Gewissen, weil ich mich fast zwei Jahre nach Jonathans Verschwinden noch immer über seine Arroganz aufregte. Denn nun stand Lars Winding gefasst vor Jonathans ehemaliger zehnter Klasse, Cousins, Cousinen, Onkeln, Tanten, Freunden und Bekannten und sprach mit bebender Stimme über Jonathan. Wie sehr er fehlte. Über seine Freunde. Sandra und Liv weinten, wie alle anderen auch. Vielleicht lag es an der Nacht im Lkw, vielleicht nur an der verstrichenen Zeit, aber ich hatte ihm verziehen. Jonathan. Er war in meinem Kopf, und es war schön, an ihn zu denken. Er hatte mich verlassen, aber es war so okay, wie so etwas überhaupt nur sein kann.
    Danach plauderten wir noch bei Kaffee und Kuchen. Mateus stach ein wenig heraus, weil er seine Hochzeitsklamotten angezogen hatte. Seine Mutter hatte ihm einen eng sitzenden Hugo-Boss-Anzug gekauft, dazu ein weißes Hemd und schwarze Schuhe. Das Einzige, das er nicht angezogen hatte, waren die Schuhe. Und obwohl er overdressed war, sah er echt verflucht gut aus. So konnte und musste Mateus bei den Mädchen landen. Ich glaube, dass er seinen Auftritt genoss, auch wenn er etwas verwirrt wirkte.
    „Schaut mal“, sagte Sandra. „Es gibt nur einen, der in seinen Klamotten so scharf aussieht wie du, Mateus. Damn, dieser Typ da ist echt geil.“ Ich mag es nicht, wenn meine Schwester solche Sachen sagt. Aber ich musste ihr schon recht geben. Ein total gut aussehender Kerl in einem engen Anzug. Offenbar starrten wir ihn zu direkt an, denn er winkte diskret. Dann stand er auf und ging.
    Am Sonntag packte ich meine Tasche. Las ein paar Bücher. Bereitete mich auf all die lächerlichen Fragen vor, die da kommen mochten. Ich fuhr ja jetzt wieder zurück auf die Autobahn. Manhatte mir die Erlaubnis erteilt, die Ausfahrt rückwärts wieder hochzufahren und es noch einmal zu versuchen. Aber es ärgerte die Leute, die einen guten Platz in der Schlange ergattert hatten, dass andere gegen die Regeln verstießen und dann damit durchkamen.
    Am Montag nach der Schule würde ich Ginger abholen, weil Vivian allerlei Papierkram ausfüllen musste.
    Sogar mein Handy war aufgeladen, so vorbereitet war ich. Ich folgte einem Impuls, packte das Telefon und ging die Nummern durch, die ich in den letzten Wochen angerufen hatte. Bis ich sie fand.
    „Vicki?“
    „Nicky?“ Sie lachte.
    „Es war herrlich, bei dir den Film zu gucken“, sagte ich.
    „Aber du findest nicht, dass wir uns näher kennenlernen sollten, oder?“, fragte sie.
    „Doch … Das ist ein bisschen kompliziert. Ein Freund von mir ist gerade gestorben. Und ich …“
    „Es ist okay, Nick“, meinte sie.
    „Nein. Das ist nicht okay. Ich möchte wirklich alles Mögliche. Ich bin nicht so gut darin, heimlich verliebt zu sein.“
    „Was, verliebt? In mich?“
    „Also … Willst du morgen mit ins Grand ? Nein. Am Dienstag?“

Umschlagslayout: init.büro für gestaltung, Bielefeld, unter Verwendung
mehrerer Fotos von © iStockphoto
    Titel der dänischen Originalausgabe:
    Rød
    © 2010, David Meinke und Høst & Søn/Rosinante&Co., København
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