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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib
Autoren: David Meinke
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meinen Vater an. Er hob erst beim zweiten Versuch ab.
    „Hi dad. It’s Nick. Sandra hat mir schon gesagt, dass du morgen abdüst.“
    „Yeah. I’m so sorry. It’s been absolutely brilliant to be with you and Sandra.“
    „Ist schon okay, Papa.“
    „I’ll stop by tomorrow morning and get me things. Maybe I’ll see you?“
    „Papa. Kannst du mir einen Gefallen tun?“
    „Speak up.“
    „Ich stecke … ganz schön in der Scheiße. Ich brauche unbedingt 25000 Kronen.“
    „25000. Ah, Nicky, I don’t have that kind of money.“
    „Sandra sagt, du hättest so viel.“
    „Son. Ich werde umziehen. Ich werde es brauchen. Miete für Wohnung, du weißt schon.“
    „Ich brauche das Geld wirklich sehr dringend.“
    „I can’t help you. I can give you five.“
    „Danke“, sagte ich. Und legte auf. Auf meinen Vater konnte man nicht zählen. Noch nie. Jedes Mal wurde ich enttäuscht. Ich ging zurück zu den anderen.
    „5000 hat er.“
    „Wir treiben morgen noch mehr auf, okay?“, meinte Liv.
    In meinem Hals bildete sich ein Klumpen und Mateus musste das gemerkt haben. Er weiß, wie sehr ich es hasse zu heulen, wenn andere zusehen.
    „Veronica findet, ich bin unreif“, sagte er und ließ den Klumpen in meinem Hals schrumpfen.
    „Das bist du auch“, sagte Sandra. „Wie hat sie das gemerkt?“
    „Weil ich an einem Abend lieber Computer mit ihrem kleinen Bruder spielen wollte als Montagsmaler mit ihren scheißlangweiligen Freundinnen. Dieser Belastung hat unsere Beziehung nicht standgehalten.“
    „ Montagsmaler ist doch total lustig“, sagte ich.
    „Nicht mit denen“, antwortete er.
    „Jetzt muss MEIN kleiner Bruder nach Hause und schlafen“, sagte Sandra grinsend. Sie wusste, dass ich es hasste, „kleinerBruder“ genannt zu werden. Wir gingen Arm in Arm nach Hause, ohne etwas zu sagen. Es gab auch nicht viel zu sagen.
    Ich fuhr gegen zehn Uhr zur Arbeit, nachdem ich die ganze Nacht kaum ein Auge zugemacht hatte. Von meinem Vater keine Spur. Mir war es egal. Ich starrte gierig in die Bäckerei-Kasse. Und fing an zu lachen. Mir war nämlich gerade eingefallen, dass es einen kitschigen Song vom Hip-Hop-Duo Nik & Jay gab, in dem es darum ging, dass einem nur noch ein einziger Tag blieb. Manchmal ist es schon ärgerlich, dass nicht die richtigen Leute da sind, mit denen man einen guten Joke teilen kann. Ich hatte Dienst mit Abdu. Mit ihm konnte man keine Witze reißen, aber er war so nett, mir jedes Mal den Arsch zu retten, wenn ich mal wieder was verkackt hatte.
    Es wurde Nachmittag und die Schicht war vorbei. Auf dem Nachhauseweg rechnete ich alles durch. Den Lohn bekam ich nicht vorausbezahlt. Sandra, Mateus und Liv konnten mir zusammen 13600 geben. Mit dem Geld von meinem Vater und dem Inhalt der Bäckereikasse konnte ich auf knapp über 20000 kommen. Ich müsste direkt von der Bäckerei zur Temple Bar laufen und Borste das Geld geben.
    Zu Hause saß meine Mutter rauchend im Wohnzimmer. Das tat sie nur unter großer Anspannung.
    „Jetzt ist es also passiert. Er hat sich wohl nicht mehr verabschiedet, oder?“
    „Doch. Ich hab gestern Abend mit ihm gesprochen. Das passt schon.“
    „Er hat einen Umschlag für dich dagelassen.“
    Ich nahm ihn vom Küchentisch und öffnete ihn. Doch es lagen keine 5000 drin, sondern ein Fünfhunderter. I can give you five.
    „Don’t forget your dad“, stand da auf einem Zettel. Vielleicht würde mir nicht mehr viel Zeit bleiben, um ihn zu vergessen.
    Das machte den Plan mit dem Kassenraub zunichte. So oder so würde ich Borste nicht annähernd den vollen Betrag zahlen können. Ich musste mit ihm reden. Insgesamt hatte ich gerade mal zwei Wochen gehabt, um die 40000 zusammenzukratzen. Es war eine unmögliche Aufgabe gewesen. Das musste er verstehen. Außerdem war ich vor zu vielen Dingen davongelaufen. Ich hatte mir die Suppe selbst eingebrockt. Time to face the music. Würde Borste mich umbringen? Schlimmer als eine gebrochene Nase und ein paar Todesdrohungen würde es wohl nicht werden. Ich steckte meinen Pass ein. Wenn alles den Bach runterging, musste ich fliehen. Jonathans Verschwinden ergab einen Sinn. Ich war kurz davor, auf die gleiche Weise unterzutauchen. Aber wenn Jonathan sich aufgrund von Drohungen ins Exil begeben hatte, dann hätte er uns ja schreiben können.
    Am nächsten Morgen ging ich zur Bäckerei. Ich arbeitete wie eine Maschine.
    Meine Schicht endete um zwölf Uhr. Dame Edna starrte mich streng durch ihre bunte Brille an, weil ich mit dem
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