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Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition)

Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition)

Titel: Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition)
Autoren: Hellmut Flashar
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V ORWORT
 
    Fast könnte man meinen, das Werk des Aristoteles sei ‹überforscht›, so wie Meere ‹überfischt› sind und dann nichts mehr hergeben. Und in der Tat ist seit der Antike nicht mehr so viel über Aristoteles geschrieben worden wie heutzutage, und zwar im internationalen Rahmen. In meiner in zweiter Auflage 2004 erschienenen Darstellung des Aristoteles im Grundriss der Geschichte der Philosophie (Überweg) sind im Literaturverzeichnis etwa 2000 Titel verzeichnet. Es sind Ausgaben, Übersetzungen, Kommentare, Monographien, auch nicht annähernd vollständig aufgeführt, aber doch einigermaßen repräsentativ. Seitdem sind wieder Hunderte von Arbeiten dazugekommen. Es ist völlig ausgeschlossen, mehr als nur eine kleine Auswahl in diesem Buch zu nennen.
    Denn das vorliegende Buch wendet sich nicht allein an den (die) Fachwissenschaftler(in), sondern auch an den interessierten Laien, für den die Darstellung wirklich verständlich sein soll.
    Die neueren deutschen Taschenbuch-Einführungen zu Aristoteles (Höffe 1996, Buchheim 1999, Rapp 2001, Detel 2005) stammen aus philosophischer Hand und sind daher in der Form der Darstellung mit Recht problemorientiert. Der Autor dieses Buches ist Philologe. Das heißt nicht, dass er den philosophischen Problemen aus dem Wege geht, aber deren Erörterung stärker auf das Werk und dessen Eigenarten bezieht. Der Leser soll erfahren, wie eine Schrift des Aristoteles strukturiert ist und in welchem Kontext ein bestimmtes Problem auftaucht.
    Ich war 40 Jahre lang Herausgeber der Deutschen Aristoteles-Gesamtausgabe. In den bislang erschienenen 26 Bänden dieser Reihe finden sich neben den Übersetzungen ausführliche (gelegentlich zu ausführliche) Kommentare, in denen wahre Schätze erhellender Erklärungen ‹vergraben› sind, die in diesem Buch ans Licht gezogen werden, soweit dies sinnvoll und möglich ist. Dass ich einige wenige Passagen aus meiner eigenen Darstellung von 2004 in das Ganze integriere, dürfte kaum als Plagiat gewertet werden können.
    Anders als in den meisten philologischen Arbeiten steht in diesem Buch die Problematik der Datierung aristotelischer Schriften oder von Teilen dieser Schriften nicht im Vordergrund. Denn die Bemühungen in dieser Richtung standen und stehen mangels zuverlässiger Datierungskriterien auf relativ schwachen Füßen. Ob zum Beispiel einzelne Bücher der Metaphysik oder der Politik früher oder etwas später geschrieben sind, ist – falls darüber im Einzelfall überhaupt ein Konsens vorliegt – für das Verständnis von Gedanken und Problematik nicht von zentraler Bedeutung. Gleichwohl wird dieser Aspekt der Interpretation nicht ganz vernachlässigt, sondern einbezogen, wo immer es angezeigt ist. Auf Polemik wird weitgehend verzichtet.
    Für Hilfen und Hinweise bin ich Dagmar Adrom, Martin Flashar, Phanis Kakridis, Peter von Moellendorff, Oliver Primavesi, Christof Rapp und Charlotte Schubert sehr dankbar. Um die Herstellung des Typoskriptes hat sich Evanthia Tsigkana überaus verdient gemacht. Die Fritz Thyssen Stiftung hat für die Vorbereitung des Textes einen Zuschuss zur Verfügung gestellt, für den ich ebenfalls sehr danke. Mit besonderer Gründlichkeit, Sachkunde und Kritik hat sich Stefan von der Lahr vom Verlag des Manuskriptes angenommen, umsichtig unterstützt von Andrea Morgan. Zu danken ist auch Agnes Luk, die das Manuskript durchgesehen und die Indizes erstellt hat.
    München, im Sommer 2012

3.
E THIK – W EGE ZUM G LÜCK
 
    D IE G RUNDLAGEN
    Die Ethik des Aristoteles liegt in drei verschiedenen Fassungen vor, die sich nicht etwa gegenseitig ergänzen, sondern je für sich eine in sich abgeschlossene Darstellung der ethischen Probleme darstellen: Eudemische Ethik (EE), Nikomachische Ethik (EN = Ethica Nicomachea ) und Große Ethik oder Magna Moralia (MM), die entgegen dem Titel die kürzeste Fassung bietet.
    Die Titel sind ungeklärt. Ob mit der Eudemischen Ethik auf Eudemos von Kypros oder Eudemos von Rhodos verwiesen werden sollte, ob der im Titel genannte Name Adressat, Herausgeber oder Redaktor war, entzieht sich unserer Kenntnis. Ebenso bleibt ungewiss, ob der Namensgeber der Nikomachischen Ethik der Vater oder der Sohn oder eine andere Person namens Nikomachos gewesen ist.
    Über das sachliche und chronologische Verhältnis dieser drei Fassungen gibt es eine lange und kontroverse Diskussion, seitdem Friedrich Schleiermacher im Jahre 1835 als Erster den Versuch gemacht hat, diese Sachlage,
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