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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib
Autoren: David Meinke
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sind ihre Lippen so rot?“
    „Willst du auch mal so rote Lippen haben?“, fragte Sandra. Ginger nickte. Sie gingen in Sandras Zimmer hoch.
    „So eine liebe Kleine“, sagte meine Mutter. „Hast du jetzt eine Freundin, die ein Kind hat?“ Sie bemühte sich wirklich, vorurteilsfrei zu klingen.
    „Ihr Vater ist gerade gestorben.“
    „Wann?“, fragte meine Mutter und drehte sich mit einem Ruck zu mir um.
    „Um Viertel nach zwölf.“ Sie sah aus wie jemand, der soeben festgestellt hat, dass er elf Finger hat.
    „Wieso genau um zwölf Uhr?“
    „Um Viertel nach. Er ist auf tragische Weise ums Leben gekommen.“
    „Warst du auch im Auto?“
    „Es war kein Autounfall, also nein.“
    „Aber … Weiß Ginger das?“
    „Nein. Nicht ganz.“
    „Nickemann. Kanntest du den Vater?“
    „Ja. Er war ein guter Freund.“
    „Das ist ja furchtbar. Vor allem für das kleine Ding.“ Sie legte das Kuchenmesser auf den Tisch. „Sie kann natürlich so lange hierbleiben wie nötig.“
    „Das ist lieb von dir, Mama.“
    „Was ist mit ihrer Mutter? Hast du mit ihr gesprochen?“ Ich nickte erneut.
    „Sie kommt nicht sehr gut damit klar, Mama. Sie stammen nicht gerade aus den besten Kreisen der Stadt.“
    In diesem Moment kamen Sandra und Ginger wieder die Treppe runter. Ginger war hübsch geschminkt.
    „Hier kommt eine richtig feine Dame“, sagte meine Mutter und schenkte ihr ein breites Lächeln.
    „Gibt es noch mehr Kuchen?“, fragte Ginger. Meine Mutter startete ein neues Flugzeug. Ginger lief zu ihr hin. Die beiden verstanden sich. „Ich bin oben in meinem Zimmer, Ginger. Ruf mich einfach, wenn was ist, okay?“
    Ich rief Liv an, die Mateus anrief. Sie kamen sofort. Es war ja trotz allem Sonntag.
    Niemand wusste so richtig, was er sagen oder denken sollte. An der schrecklichen Wahrheit war nicht zu rütteln. Des einen Tod, des anderen Brot. Grauenhaft. Ich gab ihnen ihr Geld zurück.
    „Nächsten Samstag findet ja auch diese Trauerfeier statt“, sagte Mateus.
    „Das ist jetzt nicht wichtig“, erwiderte Liv.
    Ich lachte nicht über Vickis Witze. Ich versuchte, die zufälligen Berührungen zu vermeiden. Ich konzentrierte mich darauf, leckere Sandwichs zu belegen. Dame Edna lobte mich. Abdu forderte mich auf, mal ein wenig den Fuß vom Gas zu nehmen. „Easy, man. Wir anderen wollen ja auch noch was zu tun haben.“ Er grinste breit.
    Am Dienstag warf Vicki mir einen nassen Wischlappen ins Gesicht und sagte, dass der Ausflug ins Grand ins Wasser falle. Ich wünschte, ich hätte ihr alles erklären können.
    Ich hatte Ginger am Montagmorgen mit zu Vivian genommen. Die war wie betäubt.
    „Hallo, mein kleiner Schatz“, sagte sie schniefend zu Ginger. „Geh in dein Zimmer und spiel.“ Ich blieb eine halbe Stunde. Vivian sprach kein Wort.
    Ich fand heraus, in welchen Kindergarten Ginger ging und brachte sie hin. Ich erklärte den Erzieherinnen die Lage. Gab ihnen meine Nummer.
    Vivian hatte später versucht, mich zu erreichen, aber ich war bei der Arbeit und fuhr erst anschließend zu ihr, nachdem ich Ginger abgeholt hatte. Sie setzte sich und guckte Hamtaro .
    „Ich weiß nicht, was ich … und Ginger ohne dich tun würden. Ich weiß es einfach nicht.“ Sie wirkte halbwegs nüchtern, aber nicht ganz.
    „Es ist mir ein Vergnügen.“
    „Ist dir klar, dass Henry dich sehr gern mochte?“
    „Wir waren Freunde“, antwortete ich und wusste nicht, ob das stimmte.
    „Er hat eine schützende Hand über dich gehalten. Er wollte nicht, dass dir etwas passiert. Er meinte, dass du auf Ginger aufpassen würdest.“
    „Das tu ich gern“, sagte ich.
    „Du ahnst ja überhaupt nicht, wie schlimm es ist.“ Sie fing an zu weinen. „Henry schuldete den falschen Leuten viel Geld. Seit über einem Jahr haben sie ihm gedroht. Auch damit, Ginger etwas anzutun.“
    „Wer sind sie?“, fragte ich.
    „Du warst doch auf einer Party bei ihnen.“
    „Wie viel schuldete er ihnen?“, erkundigte ich mich. „40000?“
    „So einfach lässt sich das nicht sagen“, erwiderte sie. „Aber es war mehr. Vielleicht hätte es geholfen, wenn er ihnen 100000 besorgt hätte. Er hat versucht, eine Bank auszurauben, wusstest du das? Um dich aus dem Schlamassel zu befreien.“ Die rote Farbe in seinem Gesicht. Natürlich eine Farbpatrone. Mein schlechtes Gewissen wuchs und wuchs.
    „Ich werde mich immer um Ginger kümmern, wenn du mich brauchst. Sie kann gern ab und zu übers Wochenende bei uns wohnen.“
    „Ich wusste, dass es so
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