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English Cooking

English Cooking

Titel: English Cooking
Autoren: Patricia Clough
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Von englischer Kochkunst
    Ein englisches Kochbuch?   – Eine Horrorvorstellung! Wäre das nicht ein Anwärter auf den Titel ›Kürzestes Buch der Welt‹, vielleicht neben einem Führer für die niederländischen Berge und einer Geschichte der schweizerischen Seeräuberei? Löst nicht schon die bloße Vorstellung von einer englischen Küche bei unseren Nachbarn Lachanfälle und einen Quell endlos sprudelnder Anekdoten über kulinarische Katastrophen aus, die man auf diesen feuchten, kühlen Inseln erlebt hat? Seit vor über 2000   Jahren in Britannia stationierte römische Legionäre erstmals die Nase über die heimische Kost rümpften, hat die englische Küche über viele Jahrhunderte mit ihrem schlechten Ruf zu kämpfen. In der Sammlung moderner Vorurteile stellt sie neben deutschen Polizisten und italienischer Bürokratie einen Bestandteil der Hölle Europas dar.
    Aber so wie die deutsche Polizei ist auch die englische Küche ganz anders als ihr Ruf. Fremde, die zu Einheimischen nach Hause eingeladen wurden und Restaurants mit selbstbewussten Küchenchefs kennen gelernt haben, wissen, dass mit Liebe und Sorgfalt zubereitetes englisches Essen ausgezeichnet schmecken kann. Manche Gerichte wie Roastbeef oder Räucherlachs genießen sogar Weltruhm. Englische Kuchen, Marmeladen, Kekse, Süßigkeiten, Teemischungen und andere Spezialitäten werden in viele Teile der Erde exportiert. Andere   – und das schwöre ich Ihnen   – wären weltberühmt, wenn sie aus Frankreich stammten, wo man sein gastronomisches Vermächtnis kultiviert und in Ehren hält   – ganz im Gegensatz zu England, wo das lange versäumt wurde.
    Heute wandelt sich endlich das Image der englischen Küche. Das ganze Land ist von einer Feinschmeckerwelle erfasst, voneiner Leidenschaft für kultiviertes Kochen zu Hause und Gourmet-Genüsse in Restaurants. Allein die einheimischen Fernsehprogramme widmen 76   Stunden wöchentlich der Kochkunst, während in den Printmedien zwischen 30   000 und 40   000   Wörter in Artikeln über Essen und Trinken gedruckt werden. Starköche haben weitgehend die Supermodels als Objekte des öffentlichen Interesses verdrängt. Ihre Debatten untereinander sorgen für Schlagzeilen. Wenn der eine oder andere   – oft in Begleitung seines kompletten Stabes   – ein berühmtes Lokal im Zorn verlässt, ist das im ganzen Land ein Diskussionsthema. London hat sich zu einer der größten Restaurant-Metropolen entwickelt.
    Vieles davon ist natürlich ausländische Küche, Nouvelle Cuisine oder eine Verschmelzung verschiedener Küchentraditionen   – entsprechend den neuesten kulinarischen Moden. Aber ebenso wie eine Flutwelle alle Boote hebt, steigt damit auch das Niveau der traditionellen englischen Küche in bisher unbekannte Höhen. Seit den fünfziger Jahren lassen sich die Engländer von fremdländischem Essen faszinieren. Heute dagegen sind es die jungen und hervorragenden Küchenchefs müde, die Gerichte anderer Nationen zu kochen, und wenden sich den von ihren Müttern und Großmüttern weitergegebenen Rezepten zu. Sie verleihen ihnen gastronomische Raffinesse und ein Flair, das diese bisher nicht besessen haben. Nach ihren überfüllten Restaurants zu schließen, scheint das Publikum das zu mögen. Die älteren, traditionellen Lokale müssen um ihren etwas angestaubten Ruhm fürchten. Inzwischen gilt es besonders bei den jüngeren Leuten der Mittelschicht als chic, sich für gutes, sorgfältig zubereitetes Essen zu interessieren. Die Engländer werden zunehmend sensibler, was die Qualität ihrer Nahrung betrifft. Prinz Charles ist mit gutem Beispiel vorangegangen, als er seine Güter im Duchy of Cornwall auf biologische Bewirtschaftung umstellte, und die Queen schloss sich ihm an. Die großen und in vielerlei Hinsicht ausgezeichneten Supermarktketten haben sich bei der Frische ihrer Produkte aus eigener Initiative äußerst strenge Vorgaben auferlegt.
     
    Der Ruf der englischen Küche war nicht immer schlecht. Im 15. und 16.   Jahrhundert konnten sich die Engländer sogar ihres ausgezeichneten Essens und ihrer lustvollen Festmahle rühmen. Aus historischen Gründen wurde die englische Küche jedoch nie so extrem verfeinert wie etwa die französische. Sie orientierte sich am Land, wurde eher vom niederen Adel auf dessen Landsitzen   – wo man Zugriff auf ausgezeichnete Produkte hatte   – entwickelt, als am Hof oder in den Städten. In Letzteren waren die Qualität der Lebensmittel und die
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