Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib
Autoren: David Meinke
Vom Netzwerk:
enden würde. Deshalb waren wir nicht mehr zusammen. Ich wollte nicht mit ihm zusammen sein, wenn er so etwas machte. Scheiß Dealerei.“ Ihre Stimme überschlug sich. Ich schloss die Küchentür.
    „Und ich habe ihm tausend Mal gesagt, dass er dich nichts verkaufen lassen soll. ‚Aber der Junge will sich doch nur ein bisschen was dazuverdienen.‘“ Sie ahmte eine dümmliche Stimme nach.
    „Ginger mochte dich sofort. Vor allen anderen, die hierherkommen, hat sie Angst. Und dann lässt er dich harte Sachen verkaufen, das ist doch irre.“
    „Es stimmt, was er gesagt hat. Ich wollte es selber.“
    „Und habe ich nicht recht, wenn ich sage, dass du nicht wusstest, was du da tust?“
    „Schon.“
    „Na also. Aber er hat dich nie verraten. Niemand weiß, was du gemacht hast. Er hat ihnen erzählt, dass ihm das Zeug aus seinem Lager gestohlen wurde. Er hatte es auf Pump gekauft, der Idiot. Du darfst nie wieder mit ihnen Kontakt haben. Sie werden nicht zur Beerdigung kommen.“
    „Wann findet die statt?“
    „Am Mittwoch. Du musst mitkommen. Ich glaube nicht, dass ich das alleine hinkriege … mit Ginger. Sie soll ihre Mutter nicht in diesem Zustand sehen.“
    „Natürlich. Brauchst du sonst noch etwas?“
    „Nein. Aber … Kann ich sie dir morgen bringen, damit sie bei dir übernachtet? Darf ich dich darum bitten?“
    Ich war erleichtert. Froh, weil ich etwas tun konnte. Ich packte Gingers schönste Sachen zusammen. Ihren rosa Tüllrock. Ihren rosa Plüschelefanten. Ich bat Vivian darum, die Tasche mitzubringen, wenn sie Ginger ablieferte.
    Das war der primäre Grund dafür, dass ich nicht richtig über Vickis Witze lachen konnte. Ich wartete darauf, dass Vivian Ginger vorbeibrachte, damit wir ihren Vater begraben konnten.
    Vivian war eine tapfere Person. Sie lieferte Ginger ab, ohne eine Träne zu vergießen. Sagte: „Bis morgen, mein Schatz. Du schläfst heute bei Onkel Nick.“
    Von den fünfhundert Kronen, die mein Vater mir gegeben hatte, wollte ich mir im Schlussverkauf eine schöne Jacke kaufen. Das erwies sich als schweres Unterfangen. Stattdessen kauften wir einen Haarreif mit Antennen für Ginger. Danach schafften wir es noch zur Tierhandlung am Trianglen, bevor sie schloss. Wir kauften einen Käfig und zwei Hamster. Damit war das Geld investiert.
    „Der hier soll Nick heißen“, sagte Ginger, als wir in meinemZimmer vor dem Käfig hockten. Sie zeigte begeistert auf den etwas größeren der beiden Hamster.
    „Darf ich dann einen Namen für den anderen aussuchen?“, fragte ich.
    „Nur einen guten.“
    „Dann möchte ich gern, dass er Vicki heißt.“ Ginger lächelte. Dann fing sie an zu lachen.
    „Ne. Nicht so. Das ist doof. So kann man nicht heißen.“
    „Ich kenne ein Mädchen, das so heißt.“
    „Dann hat sie einen doofen Namen.“
    „Nicky und Vicki“, sagte ich.
    „Und Pupsi“, meinte Ginger.
    Ich legte sie so in mein Bett, dass sie die Hamster sehen konnte, und ging dann runter ins Wohnzimmer. Meine Mutter strich mir über die Wange.
    „Ich bin stolz auf dich“, sagte sie. „Ich kenne keinen anderen, der das tun würde.“
    Sandra war noch eine Weile auf. Wir redeten lange. Über unseren Vater. Wie beschissen das alles gelaufen war. Wir wurden von einem dumpfen Plumps aus meinem Zimmer unterbrochen. Ginger weinte. „PAPA“, rief sie. Ich ging zu ihr rauf. Sie war aus dem Bett gefallen.
    „Ich will zu Papa“, schluchzte sie. Ich tröstete sie. Blieb kurz bei ihr, bis sie wieder schlief. Dann stellte ich meinen Bürostuhl vor das Bett, damit sie nicht wieder herausfallen konnte.
    „Hat sie nach ihrem Vater gerufen?“, fragte Sandra. Sie hielt die Luft an. Ich nickte.
    „Erzähl mir bitte, ganz ehrlich, wie viel du damit zu tun hattest.“ Ich dachte kurz nach.
    „Gar nichts, glaube ich. Er … er schuldete ein paar finsteren Gestalten viel Geld.“
    „Kennst du diese Leute?“
    „Ja“, sagte ich. „Aber ich glaube nicht, dass sie mich kennen.“
    „Mama meinte wirklich ernst, was sie gesagt hat. Dass sie stolz ist. Und das bin ich auch.“ Sie gab mir einen Schmatz, räkelte sich und ging nach oben zum Zähneputzen.
    Borstes Vater trug einen dunkelgrauen Anzug. Er ging mit einem Stock, und seine Unterlippe hing etwas nach unten. Aber sonst sah er sehr nobel aus. Ich versuchte verzweifelt, Ginger ruhig zu halten, die während der Predigt nicht stillsitzen wollte. Ich halte nicht viel von Pfarrern. Die Idee an sich ist ja nicht übel. Einer aus der Gemeinde stirbt,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher