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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib
Autoren: David Meinke
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nur, weil der Bus gerade kam. Warten hätte sich nicht gelohnt; in der Zeit wäre er zu Fuß schneller zu Hause gewesen. An der Haltestelle Hellbrookstraße stieg er aus, ging die paar Schritte und bog in den Morgensternweg ein, in dem er wohnte.
    Sofort sprang ihm der Polizeiwagen ins Auge, der direkt vor seinem Hauseingang parkte. Nicht, dass er nicht schon mal einen Polizeiwagen hier in der Straße gesehen hätte. Selbst direkt in seinem Aufgang war die Polizei schon mal im Einsatz gewesen. Mietshaus eben. Zwölf Wohnungen in jedem Treppenhaus, fünf Eingänge im ganzen Block, sechzig Wohnungen. Da konnte immer mal was sein. Einbruch, Ehekrach, Ruhestörung, Nachbarschaftsstreit. Irgendwas. Aber sofort überkam ihn ein dumpfes Gefühl, dass hier nichts von alledem zutraf. Eine diffuse Ahnung, ein mulmiges Rumpeln in der Magengegend raunte ihm zu: Der Polizeiwagen hatte etwas mit ihm zu tun!
    Christoph schaute sich um, konnte aber keinen Grund für den Einsatz entdecken. Nicht mal die Polizisten selbst waren zu sehen. Nur ihr Wagen stand da. Ohne Blaulicht. Ohne Warnblinker. Einfach so am Straßenrand geparkt, als ob die hier wohnten.
    Zögernd setzte Christoph seinen Gang fort bis zur Eingangstür, stieß sie auf und hörte sofort, dass etwas im Treppenhaus los war. Ein paar Stimmen. Gespräche. Getrappel auf den Stufen. Sehr seltsam, trotz Polizei. Denn um diese Uhrzeit war kaum jemand im Haus. Alle zur Arbeit. Die Arbeitslosenquote hier in diesem Aufgang lag bei null. Das wusste er vom Paketdienst, der nachmittags regelmäßig bei ihm läutete. Der Fahrer wusste, dass Christoph Schüler war und deshalb meist der einzige Anwesende im Haus. Selbst in der Studenten-Zweier-WG im dritten Stock traf der Paketbote selten jemanden an, weil beide jobbten, wenn sie nicht an der Uni zu tun hatten.
    Christoph hörte die Stimme von Herrn Mehring, dem Hausmeister, dessen Büro ein Hauseingang weiter rechts lag. Demnach wollte die Polizei offenbar bei jemandem in die Wohnung. Ob da irgendwo eingebrochen worden war? Bei den Müllers vielleicht oder gegenüber bei Sebastian König? Das waren die beiden Wohnungen im ersten Stock, wo Herr Mehring mit den Polizisten stand, und nun übers Treppengeländer hinunterrief, wohl, weil er Christoph hatte kommen hören: „Ah! Da ist er ja.“
    Christoph rutschte das Herz in die Hose. Hastig drehte er sich um, ob nicht doch noch jemand hinter ihm das Haus betreten hatte, der gemeint sein könnte. Doch Herr Mehring nahm ihm mit seiner Begrüßung jede Hoffnung: „Hallo, Christoph. Komm doch mal her!“
    Christoph musste sowieso an ihnen vorbei, weil er direkt über Sebastian König wohnte. Während er langsam die Treppe weiter hinaufstieg, kamen ihm die beiden Studenten entgegen.
    „Was ist denn da los?“, fragte Christoph.
    „Das können die oben dir besser erklären“, antwortete Heiko ausweichend, der Ältere der beiden. „Wir müssen los. Sind ohnehin schon zu spät dran, jetzt, nach all den Fragen. Aber wir kannten den ja kaum.“
    „Wen?“, fragte Christoph.
    „Herrn König!“, rief ihm Bernd noch zu. Dann waren beide schon aus der Tür.
    Im selben Moment hörte er wieder die Stimme von Herrn Mehring: „Er kannte den Herrn König ganz gut.“
    Offenbar sprach er von ihm, Christoph.
    Aber kannte ? Zum zweiten Mal das Wort in der Vergangenheitsform, erst bei den Studenten, jetzt beim Hausmeister. Das Wort brannte sich alarmierend in Christophs Schädel: Wieso kannte ? Langsam stieg er weiter die Stufen hinauf und sah nun, dass einer der beiden Polizisten eine Frau war. Beide empfingen ihn mit ernsten Mienen.
    „Du bist …?“
    „Christoph Renner“, antwortete Christoph mit einem Kloß im Hals, zeigte mit dem Finger hinauf und erklärte, dass er im zweiten Stock mit seinen Eltern wohnte.
    „Du hattest Kontakt zu Sebastian König?“
    Wieder diese verräterische Vergangenheitsform: hatte .
    Christoph nickte zögernd und zuckte mit den Schultern. Was hieß schon Kontakt?
    Sebastian König war so etwas wie ein guter Nachbar. Mitte dreißig. Ein Typ, der ganz okay war. Und vor allem mit einem entscheidenden Vorteil: Er besaß Sky . Deshalb guckte Christoph oft samstagnachmittags gemeinsam mit Benni und Lukas bei ihm Fußball.
    „Was ist denn mit ihm?“, fragte Christoph leise.
    „Weißt du, ob er Angehörige hat?“, fragte die Polizistin zurück, ohne auf seine Frage einzugehen. „Freundin, Geschwister, Eltern? Er hat ja wohl allein hier gelebt?“
    Der Hausmeister
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