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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib
Autoren: David Meinke
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Nicky. Sehen wir uns morgen? Gehen wir bald ins Grand ? Vicki. Meine Knie verwandelten sich in Butter, und ich wurde ganz traurig, weil sich nichts machen ließ.
    Ich muss meinen Opa besuchen, schrieb ich. Löschte den Text wieder.
    Bin auf dem Weg nach Swinemünde. Kannst du Dame Edna sagen, dass ich krank bin? Ich will sehr gern mit dir ins Grand . LG Nick. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich LG an jemanden schrieb.
    Ich döste ein wenig. Nickte ein und hatte plötzlich das Gefühl zu fallen. Hastig richtete ich mich wieder auf. Ging raus auf Deck. Wieder rein. Döste noch mehr. Schaute einen Werbeflyer auf Polnisch an. Ständig mit der ekligen Tasche am Leib. Die Fahrt dauerte zehn Stunden. Ich konnte schon fast Polnisch lesen, als ich von Bord ging.
    Plötzlich musste ich ganz dringend kacken. Ich ging mit meiner Tasche an Land. Da stand ein graues Auto mit Lichtern aufdem Dach, und an der Seite stand POLICJA geschrieben. Ich sah mich nach einem potenziellen Abnehmer der Tasche um. Da stand ein Typ am Fahrkartenschalter. Wirkte irgendwie polnisch. Er hatte die Hände in den Taschen vergraben. Er sah mich an. Zog eine Hand heraus, hielt sie auf Gürtelhöhe und machte eine abwehrende Geste. Dann ging er. Ich folgte ihm. Drei- bis vierhundert Meter weiter befand sich ein kleiner Park. Der Typ ging darauf zu. Ich auch. Er setzte sich auf eine Bank, die unter einer Laterne stand. Ich ging auf ihn zu. Als ich nur noch fünf Meter von ihm entfernt war, wurde der gewöhnliche Verkehrslärm von einem Blitzen und einer Sirene unterbrochen. Ich warf dem Typen die Tasche hin und rannte los. Aus den Augenwinkeln sah ich ihn dasselbe tun, nur um einiges schwerfälliger. Ich war kurz davor, mir in die Hose zu scheißen, im buchstäblichen Sinne. Ich sprintete weiter – rein in den Verkehr, raus aus dem Hafen, bis ich in eine kleine Gasse gelangte. Dort kotzte ich Rumschnecken in ein schönes Blumenbeet. Der Weg zur Hölle war mit Rumschnecken gepflastert. Ich wartete lange auf einer Bank. Der Himmel war bedeckt, aber es war schwül. Also klaute ich ein schwarzes T-Shirt von einer Wäscheleine und warf das alte in eine Mülltonne. Ich hörte dänische Stimmen. Nicht weit entfernt hockten zwei ältere Männer vor einem Bistro und unterhielten sich bei einem Bier. Der eine trug eine Scania-Mütze. Ich packte die Gelegenheit beim Schopf.
    „Fährt einer von Ihnen zufällig mit der nächsten Fähre nach Dänemark?“
    „Zum Henker! Du bist aber weit weg von zu Hause“, sagte der mit der Mütze.
    „Ja. Scheißweit.“
    „Und jetzt geht’s wieder heim?“
    „Ja. Hoffentlich.“
    „Er kann genauso bezahlen wie alle anderen auch“, sagte der andere, ein kleiner, gedrungener Kerl.
    „Was ist deine Geschichte?“
    „Wollt ihr sie wirklich hören?“
    „Du kannst nicht mitfahren, ohne zu bezahlen. Wir fahren ja nicht über Flensburg“, erklärte der Scania-Typ.
    „Ich kann im Frachtraum sitzen.“
    „Zehn Stunden? Das geht nicht.“
    „Ich verspreche, dass ich mich nicht bewege oder rausspringe.“
    „Hast du was Illegales gemacht?“, fragte er. Der Kleinere bestellte noch zwei Bier.
    „Ich weiß nicht. Ich glaube schon.“
    „Geschmuggelt?“
    „Ja. So etwas in der Art.“
    „Diebesgut?“
    „Nein.“
    „Bei mir wurde erst vor Kurzem in meinem Ferienhaus eingebrochen“, sagte der Kleinere.
    „Du könntest etwas zu essen vertragen, stimmt’s?“, fragte der Scania-Mann.
    „Also …“
    „Willst du was zu essen?“
    „Ja. Aber ich bin Vegetarier.“
    „Was? Da hol mich doch … Warum in aller Welt denn das? Na ja. Musst du selber wissen.“ Er rief den Kellner herbei und bestellte einen Salat.
    „Tja, in meinem Wagen kannst du jedenfalls nicht sitzen. Ich transportiere Lebensmittel“, sagte der Scania-Typ.
    „Das macht nichts“, antwortete ich.
    „Du kannst nicht bei fünf Grad Kälte zehn Stunden lang im T-Shirt dasitzen. Jensen. Er muss bei dir rein.“
    „Ich habe keinen Platz“, entgegnete Jensen finster.
    „Wir helfen dem Jungen. Er muss nach Hause zu seiner Mami. Und du transportierst Klamotten.“
    „Aber du rührst dich nicht von der Stelle“, sagte Jensen. „Wenn man dich entdeckt, sage ich, dass du dich heimlich raufgeschlichen hast.“ Der Kellner kam mit meinem Essen. Salat und Tomaten. Und ein Stück Brot. Da gab es nichts zu meckern.
    „Das ist perfekt. Hauptsache, ich darf mitfahren.“
    „Willst du ein Bier?“, fragte der Kleine. „Ich heiße Jensen.“
    „Ich
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