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Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Autoren: Erin Duffy
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vorbereitet. Man hat einfach keine Ahnung, worum es dabei geht, bis man es tatsächlich tut.«
    Beide nickten leicht. Teds Nebenmann, ein etwas älterer Mann, dessen Schläfen bereits ergrauten und dessen ledrige Haut auf viel Zeit im Freien deutete, stellte die nächste Frage.
    »Was ist die Quadratwurzel von zwei?«
    Die Quadratwurzel von zwei? Hat zwei überhaupt eine? Die Quadratwurzel einer Zahl war selbst eine Zahl. Die Quadratwurzel von sechzehn war vier, und die Quadratwurzel von vier war zwei. Was zum Teufel war die Quadratwurzel von zwei? Es konnte nicht eins sein, weil eins mal eins immer noch eins war. Also musste es eine höhere Zahl als eins sein, aber kleiner als zwei. Ein Bruch. Mist. Ledergesicht lächelte. Dann kam mir die Erleuchtung.
    »Die Quadratwurzel von zwei ist eine irrationale Zahl. Ich kenne nicht die genaue Zahl, aber wenn man sie mit sich selbst multipliziert, ergibt es zwei.«
    Ledergesicht lehnte sich zurück und lächelte anerkennend, während Ted seine Seesternkrawatte richtete.
    »Interessante Antwort. Sie haben eine sehr eigene Art zu analysieren, Miss Garrett. Das mögen wir im Business. Außerhalb der gewohnten Bahnen zu denken ist eine wichtige Fähigkeit, und die kann man nicht lernen. Entweder man hat sie, oder man hat sie nicht.«
    »Danke.« Ich atmete erleichtert durch, schlug meine Beine übereinander und bemerkte, dass ich eine kleine Laufmasche am linken Knöchel hatte. Na spitze.
    Seestern-Ted sah mich durchdringend an. »Drücken Sie Ihre Zahnpasta von oben oder von unten aus der Tube?«
    Ich rutschte unruhig hin und her auf meinem Stuhl. Was zum Teufel hatte das denn hier zu suchen?
    »Ob ich was tue?«, fragte ich verwirrt.
    »Drücken Sie die Zahnpasta von oben oder von unten aus der Tube?«
    Okay, also im Ernst, was für ein dämliches Interview war das denn? Ich überlegte, dass ich die Frage am besten ehrlich beantworten sollte, weil herauszufinden, was diese Jungs im Sinn hatten, mir sinnlos erschien. »Ich … ähm … weder noch. Ich benutze eine dieser Zahnpastapumpen.«
    Ledergesicht lachte. »Sie sind die Erste, die nicht versucht herauszufinden, welche Antwort wir von Ihnen hören wollten.«
    »Gibt es eine korrekte Antwort?«
    »Ja«, antwortete Seestern. »Sie ist allerdings strittig, Pumpen-Girl.«
    Pumpen-Girl? Ich glaube nicht, dass ich so genannt werden möchte.
    Der Rest des Interviews war einfach. Wir sprachen über meine Bewerbung und meinen familiären Hintergrund. Ich glaube, einen Investmentbanker als Vater zu haben, brachte mir einige Pluspunkte ein. Als ich das Jobcenter verließ, hatte ich ein ziemlich gutes Gefühl, was mein Meeting mit Ledergesicht und Seestern-Ted betraf. Zwei Wochen später erhielt ich einen Brief, in dem mir eine Position im Trainee-Programm für Analysten von 2006 angeboten wurde. Ab Juli sollte ich in der Abteilung für Staatsanleihen arbeiten. Mein lebenslanger Traum hatte sich erfüllt. Achtung, Wall Street! , dachte ich. Ich komme!
    Da mein neuer Job im Juli begann und ich unter keinen Umständen jeden Morgen um fünf aufstehen würde, um von Connecticut mit dem Zug in die City zu fahren, machte ich mich schnell an die grausame Aufgabe, dort ein Apartment zu finden. Glücklicherweise wollte meine beste Freundin Liv auch umziehen, sodass wir beide zwei Wochen nach unserem Examen durch Manhattan sausten und eine nicht rattenverseuchte und für uns bezahlbare Wohnung suchten. Wir fanden schließlich eine, die für zwei Leute ausreichte, und zogen am 15. Juni ein. Wir machten aus unserer Zwei-Zimmer-Wohnung in Murray Hill eine Drei-Zimmer-Wohnung, indem wir eine Trennwand im Wohnzimmer aufstellten und so ein zusätzliches Schlafzimmer schufen. Ich bekam das richtige Schlafzimmer und Liv das abgetrennte, das nicht größer war als eine Gefängniszelle, aber besseren Fußboden hatte. Im Wohnzimmer konnte man knapp ein Sofa, einen winzigen Couchtisch und vier Personen unterbringen. Unser Einkommen betrug zusammengenommen mehr als hunderttausend Dollar – viel nach normalen Maßstäben – und trotzdem konnte keine von uns sich ihr eigenes Apartment leisten. Von all den Dingen, die toll sind an New York – die Mieten gehören nicht dazu. Liv hatte einen Job in einer anderen Investmentbank, aber in der Personalabteilung, und wir brauchten eine Bleibe in Manhattan, um uns den Horror des Pendelns zu ersparen.
    Wir schleppten unsere Siebensachen, was nicht viel war, mithilfe meiner Freundin Annie in den Lastenaufzug und hoch
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