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Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Autoren: Erin Duffy
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zu ergattern. Ursprünglich, weil ich dachte, dass der Job echt Spaß machen würde, aber auf dem College ging es dann noch um etwas anderes. Als ich älter wurde, begriff ich, dass ich privilegiert war. Mein Vater verdiente gut, um Geld mussten wir uns nie Sorgen machen. Als ich an die University of Virginia kam, wurde mir bewusst, dass viele Studenten für ihre Ausbildung Kredite aufnehmen mussten. Ich nicht. Einige konnten zu Thanksgiving oder Ostern nicht nach Hause, weil die Flüge zu teuer waren. Ich verglich nicht mal die Preise, bevor ich einen Flug buchte. Einige Studenten mussten für ihr Taschengeld jobben – ich hatte von meinen Eltern eine Kreditkarte bekommen. Mir wurde klar, dass der Beruf meines Vaters mir einen Luxus gestattete, den ich für selbstverständlich hielt, bis ich den schützenden Kokon des vorstädtischen Connecticut verließ und die wirkliche Welt betrat. Wobei das College noch nicht mal die wirkliche Welt war. Es war ein beängstigender Augenöffner. Ich wollte als Erwachsene nicht ohne den Luxus leben, mit dem ich aufgewachsen war. Ich wollte mir keine Ge danken machen müssen, wie ich nach dem Examen meine Rech nungen bezahlen würde, oder total abhängig sein von einem Mann. Ich wollte meinen Kindern die gleiche wundervolle Erziehung bieten, die ich gehabt hatte, unabhängig von meinem ehelichen Schicksal. Das wollte ich mehr als alles andere. Die »Street« konnte dafür sorgen. Nebenbei gesagt – niemand arbeitete im Business, weil er Aktien oder Anleihen mochte, richtig? Gemocht wurde die finanzielle Sicherheit. Das galt auch für mich. Also gab ich in meinem letzten Studienjahr in der Jobvermittlung des Campus meine Bewerbungsunterlagen ab und machte mich über verschiedene Firmen schlau, um meinen Favoriten herauszufiltern.
    Sobald ich mich mit den verschiedenen Top Ten der Handelshäuser beschäftigte, wurde mir klar, dass ich zu Cromwell Pierce wollte. Mein Vater arbeitete bei Sterling Price, Cromwells härtestem Konkurrenten. Sterling war eine konservative Firma alter Schule. Cromwell stand in dem Ruf, jünger und hipper zu sein und dass es mehr Spaß machte, dort zu arbeiten. Der Hauptsitz befand sich in Downtown, abseits vom Touristenmekka Midtown Manhattan, aus dem einige der Banken mittlerweile abgewandert waren. Ich beschloss, mich für das Sale s &Trading-Trainee-Programm zu bewerben und nicht fürs Investmentbanking. Was mir am Job meines Vaters nicht gefiel, war nämlich, dass er meistens unglaublich lange arbeitete – und er hatte gesagt, dass man anfangs von mir erwarten würde, sechzehn Stunden täglich und an den Wochenenden zu arbeiten. Das wollte ich auf keinen Fall. Verkäufer und Händler hatten deutlich humanere Arbeitsbedingungen, und an Wochenenden zu arbeiten, wurde selten verlangt. Es war eine sehr leichte Entscheidung. Meine Mutter schickte mir ein schwarzes Kostüm, in dem ich aussah wie eine Working-Girl-Barbie. Aber es war ein notwendiges Übel, wenn ich Eindruck bei den Leuten, die das Bewerbungsinterview führten, schinden wollte. Es gab mehr als einhundert Studenten, die sich auf nur drei Stellen bewarben, und während wir alle im Jobvermittlungscenter des Campus saßen und darauf warteten, aufgerufen zu werden, stieg die Spannung. Ich hatte mich fleißig vorbereitet: das Wall Street Journal zwei Wochen lang jeden Tag gelesen, tagsüber CNBC geguckt, um mir den Fachjargon anzueignen, von dem ich durch meinen Dad bereits einiges aufgeschnappt hatte, und so viel wie möglich über Cromwell gelernt. Ich war gut vorbereitet; zumindest glaubte ich das.
    Als mein Name aufgerufen wurde und ich in einen kleinen, fensterlosen Raum geführt wurde, hatte ich weiche Knie vor Angst und Lampenfieber. An einem großen Mahagonischreibtisch saßen zwei Männer mittleren Alters und erwarteten mich. Ich nahm vor ihnen Platz und atmete ein letztes Mal tief durch, bevor ich sie anlächelte und meine Hände sittsam im Schoß faltete.
    Der Mann zur Rechten, ein breitschultriger blonder Typ na mens Ted soundso, der eine rosa Krawatte mit einem gelben See stern trug, machte den Anfang.
    »Also, Alex, hier steht, dass Sie Ihren Master in Finanzwesen gemacht haben. Glauben Sie, dass Sie das adäquat für einen Job an der Street qualifiziert?«
    »Nun ja, kurz gesagt: Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, ein solides Grundwissen ist hilfreich, aber soweit ich gehört habe, gibt es auf der ganzen Welt kein Seminar, das einen auf eine Karriere an der Wall Street
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