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Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne
Autoren: Paul J. McAuley
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versengt von der Reibungshitze beim einmaligen
Einsatz. Einige waren umgestürzt und zeigten die brüchigen
Überreste ihrer Hitzeschilde. An anderen hingen noch die
Fallschirme, zerfledderte orangefarbene Bahnen, die sich im schwachen
Wind hoben und senkten wie der müde Flügelschlag zu Tode
erschöpfter Vögel.
    Bei einer der Kapseln hockte eine Frau und schnitt einen Teil der
Metallhaut heraus. Der grellweiße Fusionspunkt an der Spitze
des Schneidbrenners blendete stark im düsteren Zwielicht. Der
Körper der Frau warf einen langen Schatten in die Umgebung. Als
Dorthy zu ihr trat, löschte die Frau den Brenner und schob die
dunkle Schutzbrille auf die Stirn. Ihr breites Lächeln zauberte
einen hellen Schimmer in ihr braunes Gesicht. »Man hat Ihnen
schon erlaubt aufzustehen, Dr. Yoshida?«
    »Weiß denn jeder im Camp über mich
Bescheid?«
    »Dies hier ist halt nur ein kleiner Ort.« Die Frau
richtete sich aus ihrer Hockstellung auf. Sie war groß und
hager, überragte mit ihren zwei Metern Dorthy fast um einen
halben Meter.
    »Das wird mir auch allmählich klar«, brummte
Dorthy.
    Das Lachen der Frau war hart und dunkel, wie das Schnurren einer
großen Katze. »Jesus Christus, bleiben Sie noch ein paar
Tage, Honey, dann wissen Sie es.«
    »Können Sie mir sagen, wieso die Luft hier so übel
riecht?«
    »Was? Ach so, das kommt vom Meer.« Die Frau machte mit
dem Brenner in ihrer Hand eine unbestimmte Bewegung. Hinter ihr
knackte das erkaltende Metall.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Sie wissen es nicht?«
    »Ich beginne gerade, mich ein wenig umzusehen.« Dorthy
stieß mit dem Fuß einen Stein beiseite. »Dies ist
meine erste fremde Welt – sieht man mal von Luna und Titan
ab.«
    »Fremde Welt… yeah, das gefällt mir. Nun, sehen Sie
es sich selbst an, wenn Sie wollen. Folgen Sie dem Weg bis hinter den
Heliport. Ich denke, jeder sollte es sich selbst einmal
anschauen.« Die grelle Lichtzunge des Brenners flammte auf, und
die Frau setzte ihre Arbeit fort.
    Halb geblendet vom Schein der Flamme ging Dorthy weiter. Das Meer?
Sie war an der Küste des Pazifik aufgewachsen und nach ihrer
Zeit am Institut ans Meer zurückgekehrt, weil das Tauchen sie an
das verlorene, angenehm träge Wohlgefühl des freien Falls
erinnerte. Sie durchquerte den Müllplatz und folgte dem Weg, der
sich einen Geröllhang emporwand. Nur einmal warf sie einen Blick
zurück, sah aber niemand.
    Hinter der Anhöhe erhob sich auf einem einigermaßen
ebenen Sandplatz ein einzelnes Gerüst. An einer Seite befand
sich ein Gewirr von Antennenmasten, auf der anderen eine
Parabolschüssel, deren Empfangssonde zum Zenit ausgerichtet war.
Eine Art Baracke schützte die Stützpfeiler vor der nagenden
Erosion. Ansonsten gab es nichts außer einem Trampelpfad durch
die geröllübersäte Felslandschaft.
    Fünf Minuten später erreichte Dorthy die Küste. Die
See erstreckte sich wie eine mit kaltem Blut gefüllte
Schüssel, gesprenkelt mit Schaumgebirgen, die wie poröse
Eisberge aussahen, zu einem gleichmäßig verlaufenden
Horizont. Wind und Wellen hatten den Schaum entlang dem verkrusteten
Küstenschelf aufgetürmt – ein sich windender Saum aus
schmutzigem Weiß, der in der Brise leicht schaukelte. Die
zerplatzenden Blasen erzeugten ein fortwährendes Knistern. Und
dann der Geruch…
    Zu Hause hatte ein Bach die Abwässer der Walfabrik
aufgenommen, die nicht in den Ozean gespült werden durften, um
die Walherden nicht zu vertreiben. Die Einwohner nannten ihn den
Bubble-Billabong, den Blasen-Bach. Der dünne Gestank hier –
es roch nach fauligen Abwässern und verrottenden Pflanzen,
vermischt mit dem metallischen Geruch von rostendem Eisen – war
zwar nicht so schlimm wie am Bubble-Billabong, erinnerte Dorthy aber
sofort an ihre Kindheit. Sie fragte sich, ob der Schaum wohl
irgendeinem Zweck diente. Bei dem Gedanken an Lebewesen, die nach Tod
und Verwesung rochen, mußte Dorthy lächeln. Wie mochten
solche Wesen wohl den Geruch von Menschen empfinden?
     
    Sie ging eine kurze Strecke am Ufer entlang: Felsbuckel mit
flachen Abhängen aus lockerem Geröll und Gischtberge, die
in der Brise zitterten. Die Sonne hing immer noch über dem
hügeligen Horizont. Irgendwo blinkten ein paar Sterne schwach am
dunklen Himmel, helle Punkte – wie winzige Blasen in der
beschichteten Rückseite eines alten Spiegels. Eine fremde Welt,
in der Tat – und acht Lichtjahre entfernt kämpften und
starben Menschen und Außerirdische in der Nähe eines
weiteren roten
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