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Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood

Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood

Titel: Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood
Autoren: Dennis Bauers , Johnson Carl
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angefertigt. Jahre später sollte ich das Werk über meinen Anwalt zu Gesicht bekommen. Darin schrieb er:
    „Carl Johnson leidet seit seiner frühen Kindheit unter einer gefährlichen Soziopathie und antisozialen Persönlichkeitsstörungen, die sich durch Missachtung sozialer Verpflichtungen und mangelnde Empathie äußert.“
    Ich kann mich noch genau an dieses Gespräch erinnern, nachdem dieser Bericht entstanden ist. Der Typ fing damit an, mir meine Rechte vorzulesen, was ich irgendwie sehr merkwürdig fand. Danach schaltete er ein Tonbandgerät ein und fing an, mich zu verhören. Ja, Sie haben richtig gelesen. Er verhörte mich, als ob er nach Beweisen und Indizien suchen würde, fragte mich nach meinen Verbrechen, die ich begangen hätte. Wie einer dieser verdammten Bullen. Ich antwortete ihm „Fick dich, du beschissene Schwuchtel. Was soll dieser Schwachsinn? Ich habe Ihnen nichts zu sagen, man!“ Das war alles, was er von mir hörte – und nach diesem kurzen Gespräch schrieb er den Bericht, der heute noch in meinen Akten steht.
    Ich denke, ich war damals schon Staatsfeind und habe jede Autorität, die über mich richten und entscheiden wollte, verabscheut. Ich habe mich schon immer mit Außenseitern und Kriminellen identifiziert. Wenn ich diese Hochglanzmagazine lese und die Anzeigen sehe, indenen Ford und General Motors für ihre Familienkutschen werben, sie wissen schon – Mum und Dad vor ihrem Kombi, der Hund und die Kinder auf den Rücksitzen, das alles vor dem Panorama eines typisch amerikanischen Vororts – ich will diesen Schwachsinn nicht. Mich kotzt es an. Meine Vorbilder waren eher Männer, die ich aus Filmen kannte: James Cagney, Humphrey Bogard, James Dean. Typen, die sich nicht anpassen konnten.
    Naja, das alles passierte, nachdem ich vom Jugendamt nach Newport Beach gebracht worden war. Der Minivan passierte das Tor der Erziehungsanstalt und ich konnte schon hier sehen, was mich erwarten würde. Eine lange Straße führte zwischen Baumwollplantagen hinauf zum Hauptgebäude der Anstalt. Schätzungsweise 500 Jungs in meinem Alter waren damit beschäftigt, die Sträucher abzuernten und blickten nur kurz auf, als sie unser Wagen passierte. Nachdem wir den letzten Kontrollpunkt hinter uns gelassen hatten, parkten wir direkt vor dem „Institut“, wie es meine Begleiter nannten. Das alles sah eher aus wie das College oder eine Universität – jedenfalls stellte ich mir das damals so vor. Neben dem Gebäude befand sich ein Baseball-Feld, umgeben von einer Laufbahn, daneben eine Sporthalle und ein Fitnessraum. Aber überall standen Wachen herum, die wohl grade wenig zu tun hatten, denn alle Insassen waren auf den Feldern beschäftigt.
    Aber der schöne Schein trügte. Innen drin war die Staatliche Erziehungsanstalt für Jungen verfault wie ein schimmelnde Frucht. Das war alles nur eine Fassade, gebaut um zu brechen und zu korrumpieren. Ich sollte bald lernen, dass hier nur Begehrlichkeiten geweckt werden sollten. Die Realität bestand aus zehn Stunden täglicher Arbeit auf den Plantagen. Lediglich der Sonntag stand uns zur freien Verfügung offen. Im Jahre 1978 waren hier 1.200 Jugendliche untergebracht, die alle nicht länger als ein Jahrhier verbringen sollten. Die ganze Anstalt war aufgeteilt in ein Hauptgebäude, in dem die Leitung residierte und drei Nebengebäuden, die jeweils vier Etagen hatten. Jeder Insasse hatte ein eigenes kleines Zimmer, das nicht mehr als ein spartanisches Bett, einen Schrank und ein Waschbecken enthielt. Gemeinschaftsduschen waren auf jeder Etage zu finden. Außerdem gab es in jedem Gebäude einen Gemeinschaftsraum, der einen Billardtisch und anderen Kram enthielt. Die Nutzung der Sportanlagen musste man sich verdienen. Dazu gehörten regelmäßige Gespräche mit den Psychologen, die es in jedem Gebäude gab, vorbildliche Arbeit auf den Baumwollplantagen und darüber hinaus selbstverständlich ein striktes Befolgen der Anstaltsregeln. Dazu gehörte Bettruhe um 21 Uhr, kein lautes Rennen auf den Fluren und so weiter – Schwachsinn, an den ich mich nicht halten würde.
    Daneben gab es aber auch noch eine andere Seite. Jungs, die sich immer wieder gegen die Regeln verhielten, wurden in einen kleinen Bunker gesperrt, den die Wachen „Zwinger“ nannten. Ein extrem kleiner Raum mit nur einem Oberlicht und einer Pritsche. Je nach Verfehlung musste man hier bis zu vier Tage verbringen. Wir nannten das Teil nur den „Kuhstall“, denn es stank dort bestialisch. Sie
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